ähnlicher Weise, wie die Knochenbögen des kiementragenden Zungen- beines bei Salamanderlarven gebildet sind. In der That hat man auch dieser Bildung entsprechend gefunden, daß bei jungen Blindwüh- len auf der Seite des Halses ein Kiemenloch existirt, welches zu den gefranzten Kiemenbögen und den dazwischen liegenden Spalten führt, die später verwachsen -- eine Entdeckung, welche die Blindwühlen definitiv zu den Amphibien stellen muß. Die Thiere leben in den tropischen Gegenden beider Hemisphären in Erdlöchern und scheinen sich hauptsächlich von Insektenlarven zu nähren, nach denen sie im feuchten Boden wühlen. Coecilia; Siphonops; Epicrium; Rhinatrema.
[Abbildung]
Fig. 1129. Fig. 1130.
Fig. 1130. Schädel von Mastodonsaurus Jaegeri aus dem Keuper, von oben gesehen. Man bemerkt hinter der Nasenhöhle (a) die Löcher für den Durchtritt der Fangzähne des Unterkiefers (b), c Augenhöhlen. d Hinterhauptsgelenk. Fig. 1129. Querdurchschnitt eines Zahnes, um die gewickelte Struktur der Zahnsubstanz zu zeigen.
Die Schichten der drei Gebilde der Trias, besonders aber dieje- nigen des Muschelkalkes, weniger diejenigen des Keupers und bunten Sandsteines haben eine große Anzahl von fossilen Resten eigenthümli- cher Art geliefert, welche man unter dem Namen der Wickelzähner (Labyrinthodonta) zusammengefaßt hat. Mit Sicherheit sind von diesen Thieren bis jetzt nur die Schädel bekannt, welche durch ihre breite abgeplattete Form, die starke Verwachsung sämmtlicher Knochen, die doppelten Gelenkhöcker am Hinterhaupte und die großen in Doppel- reihen eingepflanzten Zähne, in Kiefer- und Gaumenbeinen sich we- sentlich den Blindwühlen nähern, von denen sie sich indessen sowohl durch ihre kolossale Größe und die bedeutenden Augenhöhlen, als auch namentlich durch die Struktur der Zähne unterscheiden. Diese letzteren sind nämlich groß, kegelförmig, auf ihrer ganzen Oberfläche tief ge- furcht und cannelirt und zeigen sich bei einem Durchschnitte aus einem vielfach zusammengewundenem Blatte dichter Zahnsubstanz gebildet, die
ähnlicher Weiſe, wie die Knochenbögen des kiementragenden Zungen- beines bei Salamanderlarven gebildet ſind. In der That hat man auch dieſer Bildung entſprechend gefunden, daß bei jungen Blindwüh- len auf der Seite des Halſes ein Kiemenloch exiſtirt, welches zu den gefranzten Kiemenbögen und den dazwiſchen liegenden Spalten führt, die ſpäter verwachſen — eine Entdeckung, welche die Blindwühlen definitiv zu den Amphibien ſtellen muß. Die Thiere leben in den tropiſchen Gegenden beider Hemiſphären in Erdlöchern und ſcheinen ſich hauptſächlich von Inſektenlarven zu nähren, nach denen ſie im feuchten Boden wühlen. Coecilia; Siphonops; Epicrium; Rhinatrema.
[Abbildung]
Fig. 1129. Fig. 1130.
Fig. 1130. Schädel von Mastodonsaurus Jaegeri aus dem Keuper, von oben geſehen. Man bemerkt hinter der Naſenhöhle (a) die Löcher für den Durchtritt der Fangzähne des Unterkiefers (b), c Augenhöhlen. d Hinterhauptsgelenk. Fig. 1129. Querdurchſchnitt eines Zahnes, um die gewickelte Struktur der Zahnſubſtanz zu zeigen.
Die Schichten der drei Gebilde der Trias, beſonders aber dieje- nigen des Muſchelkalkes, weniger diejenigen des Keupers und bunten Sandſteines haben eine große Anzahl von foſſilen Reſten eigenthümli- cher Art geliefert, welche man unter dem Namen der Wickelzähner (Labyrinthodonta) zuſammengefaßt hat. Mit Sicherheit ſind von dieſen Thieren bis jetzt nur die Schädel bekannt, welche durch ihre breite abgeplattete Form, die ſtarke Verwachſung ſämmtlicher Knochen, die doppelten Gelenkhöcker am Hinterhaupte und die großen in Doppel- reihen eingepflanzten Zähne, in Kiefer- und Gaumenbeinen ſich we- ſentlich den Blindwühlen nähern, von denen ſie ſich indeſſen ſowohl durch ihre koloſſale Größe und die bedeutenden Augenhöhlen, als auch namentlich durch die Struktur der Zähne unterſcheiden. Dieſe letzteren ſind nämlich groß, kegelförmig, auf ihrer ganzen Oberfläche tief ge- furcht und cannelirt und zeigen ſich bei einem Durchſchnitte aus einem vielfach zuſammengewundenem Blatte dichter Zahnſubſtanz gebildet, die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0221"n="215"/>
ähnlicher Weiſe, wie die Knochenbögen des kiementragenden Zungen-<lb/>
beines bei Salamanderlarven gebildet ſind. In der That hat man<lb/>
auch dieſer Bildung entſprechend gefunden, daß bei jungen Blindwüh-<lb/>
len auf der Seite des Halſes ein Kiemenloch exiſtirt, welches zu den<lb/>
gefranzten Kiemenbögen und den dazwiſchen liegenden Spalten führt,<lb/>
die ſpäter verwachſen — eine Entdeckung, welche die Blindwühlen<lb/>
definitiv zu den Amphibien ſtellen muß. Die Thiere leben in den<lb/>
tropiſchen Gegenden beider Hemiſphären in Erdlöchern und ſcheinen<lb/>ſich hauptſächlich von Inſektenlarven zu nähren, nach denen ſie im<lb/>
feuchten Boden wühlen. <hirendition="#aq">Coecilia; Siphonops; Epicrium; Rhinatrema</hi>.</p><lb/><figure><head>Fig. 1129. Fig. 1130.</head><lb/><p>Fig. 1130. Schädel von <hirendition="#aq">Mastodonsaurus Jaegeri</hi> aus dem Keuper, von oben geſehen.<lb/>
Man bemerkt hinter der Naſenhöhle <hirendition="#aq">(a)</hi> die Löcher für den Durchtritt der<lb/>
Fangzähne des Unterkiefers <hirendition="#aq">(b)</hi>, <hirendition="#aq">c</hi> Augenhöhlen. <hirendition="#aq">d</hi> Hinterhauptsgelenk.<lb/>
Fig. 1129. Querdurchſchnitt eines Zahnes, um die gewickelte Struktur der<lb/>
Zahnſubſtanz zu zeigen.</p></figure><lb/><p>Die Schichten der drei Gebilde der Trias, beſonders aber dieje-<lb/>
nigen des Muſchelkalkes, weniger diejenigen des Keupers und bunten<lb/>
Sandſteines haben eine große Anzahl von foſſilen Reſten eigenthümli-<lb/>
cher Art geliefert, welche man unter dem Namen der <hirendition="#b">Wickelzähner</hi><lb/><hirendition="#i"><hirendition="#aq">(Labyrinthodonta)</hi></hi> zuſammengefaßt hat. Mit Sicherheit ſind von dieſen<lb/>
Thieren bis jetzt nur die Schädel bekannt, welche durch ihre breite<lb/>
abgeplattete Form, die ſtarke Verwachſung ſämmtlicher Knochen, die<lb/>
doppelten Gelenkhöcker am Hinterhaupte und die großen in Doppel-<lb/>
reihen eingepflanzten Zähne, in Kiefer- und Gaumenbeinen ſich we-<lb/>ſentlich den Blindwühlen nähern, von denen ſie ſich indeſſen ſowohl<lb/>
durch ihre koloſſale Größe und die bedeutenden Augenhöhlen, als auch<lb/>
namentlich durch die Struktur der Zähne unterſcheiden. Dieſe letzteren<lb/>ſind nämlich groß, kegelförmig, auf ihrer ganzen Oberfläche tief ge-<lb/>
furcht und cannelirt und zeigen ſich bei einem Durchſchnitte aus einem<lb/>
vielfach zuſammengewundenem Blatte dichter Zahnſubſtanz gebildet, die<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[215/0221]
ähnlicher Weiſe, wie die Knochenbögen des kiementragenden Zungen-
beines bei Salamanderlarven gebildet ſind. In der That hat man
auch dieſer Bildung entſprechend gefunden, daß bei jungen Blindwüh-
len auf der Seite des Halſes ein Kiemenloch exiſtirt, welches zu den
gefranzten Kiemenbögen und den dazwiſchen liegenden Spalten führt,
die ſpäter verwachſen — eine Entdeckung, welche die Blindwühlen
definitiv zu den Amphibien ſtellen muß. Die Thiere leben in den
tropiſchen Gegenden beider Hemiſphären in Erdlöchern und ſcheinen
ſich hauptſächlich von Inſektenlarven zu nähren, nach denen ſie im
feuchten Boden wühlen. Coecilia; Siphonops; Epicrium; Rhinatrema.
[Abbildung Fig. 1129. Fig. 1130.
Fig. 1130. Schädel von Mastodonsaurus Jaegeri aus dem Keuper, von oben geſehen.
Man bemerkt hinter der Naſenhöhle (a) die Löcher für den Durchtritt der
Fangzähne des Unterkiefers (b), c Augenhöhlen. d Hinterhauptsgelenk.
Fig. 1129. Querdurchſchnitt eines Zahnes, um die gewickelte Struktur der
Zahnſubſtanz zu zeigen. ]
Die Schichten der drei Gebilde der Trias, beſonders aber dieje-
nigen des Muſchelkalkes, weniger diejenigen des Keupers und bunten
Sandſteines haben eine große Anzahl von foſſilen Reſten eigenthümli-
cher Art geliefert, welche man unter dem Namen der Wickelzähner
(Labyrinthodonta) zuſammengefaßt hat. Mit Sicherheit ſind von dieſen
Thieren bis jetzt nur die Schädel bekannt, welche durch ihre breite
abgeplattete Form, die ſtarke Verwachſung ſämmtlicher Knochen, die
doppelten Gelenkhöcker am Hinterhaupte und die großen in Doppel-
reihen eingepflanzten Zähne, in Kiefer- und Gaumenbeinen ſich we-
ſentlich den Blindwühlen nähern, von denen ſie ſich indeſſen ſowohl
durch ihre koloſſale Größe und die bedeutenden Augenhöhlen, als auch
namentlich durch die Struktur der Zähne unterſcheiden. Dieſe letzteren
ſind nämlich groß, kegelförmig, auf ihrer ganzen Oberfläche tief ge-
furcht und cannelirt und zeigen ſich bei einem Durchſchnitte aus einem
vielfach zuſammengewundenem Blatte dichter Zahnſubſtanz gebildet, die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/221>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.