zelnen Muskeln eine engere Analogie mit denen des Menschen existirt, als an dem Flügel. Hier ist indessen besonders die Einrichtung be- merkenswerth, daß die langen und dünnen, aber sehr festen Sehnen der Zehenbeuger, in denen sich oft Verknöcherungen entwickeln, an dem hinteren Rand der Fußbeuge über eine Rolle weglaufen, in der sie durch starke Bänder festgehalten sind. Durch diese Einrichtung wird bei der Beugung des Fußgelenkes, welche der Vogel beim Nieder- hocken im Sitze vornimmt, die Sehne gezogen und dadurch die sämmt- lichen Zehen zusammengebogen, ohne daß hierzu ein besonderer Wil- lenseinfluß nöthig wäre. Dieser Einrichtung verdanken es die Vögel, daß sie auch im Schlafe fest die Zweige umkrallen, auf welchen sie ihren Sitz gewählt haben. Außer dem Angeführten zeichnet sich die Vogelmuskulatur auch noch durch die ausnehmend entwickelten Haut- muskeln aus, welche überall an die Federn sich ansetzen und diese sträuben und wieder zurücklegen oder nach verschiedenen Seiten hin bewegen können.
Das Hautorgan der Vögel zeichnet sich besonders durch die Aus- bildung der Federn aus, welche den ganzen Körper bedecken und überall ohne Ausnahme vorhanden sind. An einer vollkommen aus- gebildeten Feder unterscheidet man den Stamm oder Kiel(scapus), welcher unten hohl und hart ist, nach oben aber in den soliden Schaft(rhachis) ausläuft, an welchen der Bart oder die Fasern der Feder sich ansetzt. Dieser Schaft ist auf der Hinterseite fast im- mer rinnenförmig ausgehöhlt und da, wo diese Rinne in der Nähe des Kieles aufhört, setzt sich sehr häufig noch ein zweiter kleinerer Schaft an, welchen man den Afterschaft genannt hat, der aber bei allen Schwung- und Steuerfedern, welche wir einzig als Schreib- federn benutzen, gänzlich fehlt. Die Fahne der Feder wird von mehr oder minder dicht gedrängten, langen Blättchen gebildet, welche wieder bald auf beiden Seiten, bald nur an einem Rande mit Wimpern, Häkchen oder Strahlen besetzt sind, die dann oft noch sekundär neue Wimpern und Häkchen tragen. Die Häkchen zweier benachbarter Strahlen greifen namentlich bei den Steuer- und Schwungfedern innig in einander, so daß die Fahne eine breite Platte bildet, mit welcher die Luft geschlagen werden kann. Hinsichtlich der Struktur unter- scheidet man Kontourfedern(pennae) mit vollkommen ausgebilde- tem steifem Kiele, der eine ziemlich feste, zusammenhängende Fahne trägt; die Deck- und Schwungfedern, wie z. B. unsere gewöhnlichen Schreibefedern liefern die besten Beispiele. Zuweilen sind diese Kon-
zelnen Muskeln eine engere Analogie mit denen des Menſchen exiſtirt, als an dem Flügel. Hier iſt indeſſen beſonders die Einrichtung be- merkenswerth, daß die langen und dünnen, aber ſehr feſten Sehnen der Zehenbeuger, in denen ſich oft Verknöcherungen entwickeln, an dem hinteren Rand der Fußbeuge über eine Rolle weglaufen, in der ſie durch ſtarke Bänder feſtgehalten ſind. Durch dieſe Einrichtung wird bei der Beugung des Fußgelenkes, welche der Vogel beim Nieder- hocken im Sitze vornimmt, die Sehne gezogen und dadurch die ſämmt- lichen Zehen zuſammengebogen, ohne daß hierzu ein beſonderer Wil- lenseinfluß nöthig wäre. Dieſer Einrichtung verdanken es die Vögel, daß ſie auch im Schlafe feſt die Zweige umkrallen, auf welchen ſie ihren Sitz gewählt haben. Außer dem Angeführten zeichnet ſich die Vogelmuskulatur auch noch durch die ausnehmend entwickelten Haut- muskeln aus, welche überall an die Federn ſich anſetzen und dieſe ſträuben und wieder zurücklegen oder nach verſchiedenen Seiten hin bewegen können.
Das Hautorgan der Vögel zeichnet ſich beſonders durch die Aus- bildung der Federn aus, welche den ganzen Körper bedecken und überall ohne Ausnahme vorhanden ſind. An einer vollkommen aus- gebildeten Feder unterſcheidet man den Stamm oder Kiel(scapus), welcher unten hohl und hart iſt, nach oben aber in den ſoliden Schaft(rhachis) ausläuft, an welchen der Bart oder die Faſern der Feder ſich anſetzt. Dieſer Schaft iſt auf der Hinterſeite faſt im- mer rinnenförmig ausgehöhlt und da, wo dieſe Rinne in der Nähe des Kieles aufhört, ſetzt ſich ſehr häufig noch ein zweiter kleinerer Schaft an, welchen man den Afterſchaft genannt hat, der aber bei allen Schwung- und Steuerfedern, welche wir einzig als Schreib- federn benutzen, gänzlich fehlt. Die Fahne der Feder wird von mehr oder minder dicht gedrängten, langen Blättchen gebildet, welche wieder bald auf beiden Seiten, bald nur an einem Rande mit Wimpern, Häkchen oder Strahlen beſetzt ſind, die dann oft noch ſekundär neue Wimpern und Häkchen tragen. Die Häkchen zweier benachbarter Strahlen greifen namentlich bei den Steuer- und Schwungfedern innig in einander, ſo daß die Fahne eine breite Platte bildet, mit welcher die Luft geſchlagen werden kann. Hinſichtlich der Struktur unter- ſcheidet man Kontourfedern(pennae) mit vollkommen ausgebilde- tem ſteifem Kiele, der eine ziemlich feſte, zuſammenhängende Fahne trägt; die Deck- und Schwungfedern, wie z. B. unſere gewöhnlichen Schreibefedern liefern die beſten Beiſpiele. Zuweilen ſind dieſe Kon-
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zelnen Muskeln eine engere Analogie mit denen des Menſchen exiſtirt,
als an dem Flügel. Hier iſt indeſſen beſonders die Einrichtung be-
merkenswerth, daß die langen und dünnen, aber ſehr feſten Sehnen
der Zehenbeuger, in denen ſich oft Verknöcherungen entwickeln, an dem
hinteren Rand der Fußbeuge über eine Rolle weglaufen, in der ſie
durch ſtarke Bänder feſtgehalten ſind. Durch dieſe Einrichtung wird
bei der Beugung des Fußgelenkes, welche der Vogel beim Nieder-
hocken im Sitze vornimmt, die Sehne gezogen und dadurch die ſämmt-
lichen Zehen zuſammengebogen, ohne daß hierzu ein beſonderer Wil-
lenseinfluß nöthig wäre. Dieſer Einrichtung verdanken es die Vögel,
daß ſie auch im Schlafe feſt die Zweige umkrallen, auf welchen ſie
ihren Sitz gewählt haben. Außer dem Angeführten zeichnet ſich die
Vogelmuskulatur auch noch durch die ausnehmend entwickelten Haut-
muskeln aus, welche überall an die Federn ſich anſetzen und dieſe
ſträuben und wieder zurücklegen oder nach verſchiedenen Seiten hin
bewegen können.
Das Hautorgan der Vögel zeichnet ſich beſonders durch die Aus-
bildung der Federn aus, welche den ganzen Körper bedecken und
überall ohne Ausnahme vorhanden ſind. An einer vollkommen aus-
gebildeten Feder unterſcheidet man den Stamm oder Kiel (scapus),
welcher unten hohl und hart iſt, nach oben aber in den ſoliden
Schaft (rhachis) ausläuft, an welchen der Bart oder die Faſern
der Feder ſich anſetzt. Dieſer Schaft iſt auf der Hinterſeite faſt im-
mer rinnenförmig ausgehöhlt und da, wo dieſe Rinne in der Nähe
des Kieles aufhört, ſetzt ſich ſehr häufig noch ein zweiter kleinerer
Schaft an, welchen man den Afterſchaft genannt hat, der aber bei
allen Schwung- und Steuerfedern, welche wir einzig als Schreib-
federn benutzen, gänzlich fehlt. Die Fahne der Feder wird von mehr
oder minder dicht gedrängten, langen Blättchen gebildet, welche wieder
bald auf beiden Seiten, bald nur an einem Rande mit Wimpern,
Häkchen oder Strahlen beſetzt ſind, die dann oft noch ſekundär neue
Wimpern und Häkchen tragen. Die Häkchen zweier benachbarter
Strahlen greifen namentlich bei den Steuer- und Schwungfedern innig
in einander, ſo daß die Fahne eine breite Platte bildet, mit welcher
die Luft geſchlagen werden kann. Hinſichtlich der Struktur unter-
ſcheidet man Kontourfedern (pennae) mit vollkommen ausgebilde-
tem ſteifem Kiele, der eine ziemlich feſte, zuſammenhängende Fahne
trägt; die Deck- und Schwungfedern, wie z. B. unſere gewöhnlichen
Schreibefedern liefern die beſten Beiſpiele. Zuweilen ſind dieſe Kon-
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/314>, abgerufen am 22.11.2024.
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