Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

stehen ganz allgemein aus einem inneren gewöhnlich gefärbten Mark-
cylinder, der von einer äußeren Rindensubstanz umschlossen ist, die
meist eine etwas verschiedene Farbennüance besitzt. Nach außen ist diese
Rindenschicht noch von einer gewöhnlich schuppigen Schicht bedeckt,
welche oft knotige Abtheilungen zeigt, die dann dem Haare ein ganz
eigenthümliches Ansehen geben. Die Haare bilden sich in dem Gewebe
der Lederhaut in geschlossenen Säcken auf einem gefäßreichen, warzen-
artigen Vorsprunge, der auch später noch als sogenannte Zwiebel zu-
rückbleibt; sie durchbrechen allmälig das Säckchen, um nun auf der
Oberfläche der Haut zu erscheinen. Ihre Ausbildung selbst ist äußerst
mannigfaltig. Bald erscheinen sie nur äußerst zart, dünn und weich,
ähnlich den Flaumfedern der Vögel, lang, gekräuselt und auf der gan-
zen Oberfläche mit feinen Härchen und Spitzchen versehen -- sie
bilden so die Wolle; -- bald sind sie stärker, steifer und ihre Ober-
fläche glatt -- sie werden dann Licht- oder Stammhaare genannt.
Besonders bei den Säugethieren, die in kälteren Klimaten sich aufhal-
ten, ist der Pelz gewöhnlich aus diesen beiden Arten von Haaren zu-
sammengesetzt, indem die Wollhaare einen dichteren Ueberzug unmittel-
bar auf der Haut bilden. Häufig auch werden die Wollhaare nur
im Winter ausgebildet, während im Sommer die zerstreuter stehenden
Lichthaare allein übrig bleiben. Besonders starke und dicke Haare
finden sich fast allgemein an den Lippen der Säugethiere in Gestalt
steifer Borsten, die zuweilen sogar, wie bei den Seehunden, spiralig
gedreht erscheinen. Es stecken diese Tasthaare in starken, tiefen, fase-
rigen Bälgen, welche durch besondere Muskeln bewegt werden können
und zahlreiche Fäden von dem fünften Nervenpaare erhalten, so daß
sie in der That feinere Tastempfindungen mittheilen können. Noch
stärker, steifer, in Form spitzer Pfeile entwickelt werden die Haare bei
manchen Lanzenratten und gehen so allmälig in die dicken und festen
Stacheln über, welche wir besonders von dem Igel und dem Stachel-
schweine kennen. Diese Stacheln bestehen aus parallelen Röhren von
Hornsubstanz und zeigen sich so gleichsam aus einer gewissen Anzahl
von Haaren zusammengesetzt, die um einen inneren Markkanal zu einem
Bündel verschmolzen sind. Manche ausnahmsweise Bildungen, wie
z. B. das Horn des Nashorns zeigen dieselbe Struktur aus paralle-
len Hornröhren und die Schuppen des Schuppenthieres, welche Dach-
ziegelförmig über einander liegen und einen starken Panzer um den
Körper bilden, sind eigentlich nur plattgedrückte Stacheln und ebenso,
wie diese, aus parallelen Hornröhren zusammengesetzt. Eine gleiche
Bildung haben die Hufe und Klauen, welche die Zehenspitzen vieler

ſtehen ganz allgemein aus einem inneren gewöhnlich gefärbten Mark-
cylinder, der von einer äußeren Rindenſubſtanz umſchloſſen iſt, die
meiſt eine etwas verſchiedene Farbennüance beſitzt. Nach außen iſt dieſe
Rindenſchicht noch von einer gewöhnlich ſchuppigen Schicht bedeckt,
welche oft knotige Abtheilungen zeigt, die dann dem Haare ein ganz
eigenthümliches Anſehen geben. Die Haare bilden ſich in dem Gewebe
der Lederhaut in geſchloſſenen Säcken auf einem gefäßreichen, warzen-
artigen Vorſprunge, der auch ſpäter noch als ſogenannte Zwiebel zu-
rückbleibt; ſie durchbrechen allmälig das Säckchen, um nun auf der
Oberfläche der Haut zu erſcheinen. Ihre Ausbildung ſelbſt iſt äußerſt
mannigfaltig. Bald erſcheinen ſie nur äußerſt zart, dünn und weich,
ähnlich den Flaumfedern der Vögel, lang, gekräuſelt und auf der gan-
zen Oberfläche mit feinen Härchen und Spitzchen verſehen — ſie
bilden ſo die Wolle; — bald ſind ſie ſtärker, ſteifer und ihre Ober-
fläche glatt — ſie werden dann Licht- oder Stammhaare genannt.
Beſonders bei den Säugethieren, die in kälteren Klimaten ſich aufhal-
ten, iſt der Pelz gewöhnlich aus dieſen beiden Arten von Haaren zu-
ſammengeſetzt, indem die Wollhaare einen dichteren Ueberzug unmittel-
bar auf der Haut bilden. Häufig auch werden die Wollhaare nur
im Winter ausgebildet, während im Sommer die zerſtreuter ſtehenden
Lichthaare allein übrig bleiben. Beſonders ſtarke und dicke Haare
finden ſich faſt allgemein an den Lippen der Säugethiere in Geſtalt
ſteifer Borſten, die zuweilen ſogar, wie bei den Seehunden, ſpiralig
gedreht erſcheinen. Es ſtecken dieſe Taſthaare in ſtarken, tiefen, faſe-
rigen Bälgen, welche durch beſondere Muskeln bewegt werden können
und zahlreiche Fäden von dem fünften Nervenpaare erhalten, ſo daß
ſie in der That feinere Taſtempfindungen mittheilen können. Noch
ſtärker, ſteifer, in Form ſpitzer Pfeile entwickelt werden die Haare bei
manchen Lanzenratten und gehen ſo allmälig in die dicken und feſten
Stacheln über, welche wir beſonders von dem Igel und dem Stachel-
ſchweine kennen. Dieſe Stacheln beſtehen aus parallelen Röhren von
Hornſubſtanz und zeigen ſich ſo gleichſam aus einer gewiſſen Anzahl
von Haaren zuſammengeſetzt, die um einen inneren Markkanal zu einem
Bündel verſchmolzen ſind. Manche ausnahmsweiſe Bildungen, wie
z. B. das Horn des Nashorns zeigen dieſelbe Struktur aus paralle-
len Hornröhren und die Schuppen des Schuppenthieres, welche Dach-
ziegelförmig über einander liegen und einen ſtarken Panzer um den
Körper bilden, ſind eigentlich nur plattgedrückte Stacheln und ebenſo,
wie dieſe, aus parallelen Hornröhren zuſammengeſetzt. Eine gleiche
Bildung haben die Hufe und Klauen, welche die Zehenſpitzen vieler

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0386" n="380"/>
&#x017F;tehen ganz allgemein aus einem inneren gewöhnlich gefärbten Mark-<lb/>
cylinder, der von einer äußeren Rinden&#x017F;ub&#x017F;tanz um&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t, die<lb/>
mei&#x017F;t eine etwas ver&#x017F;chiedene Farbennüance be&#x017F;itzt. Nach außen i&#x017F;t die&#x017F;e<lb/>
Rinden&#x017F;chicht noch von einer gewöhnlich &#x017F;chuppigen Schicht bedeckt,<lb/>
welche oft knotige Abtheilungen zeigt, die dann dem Haare ein ganz<lb/>
eigenthümliches An&#x017F;ehen geben. Die Haare bilden &#x017F;ich in dem Gewebe<lb/>
der Lederhaut in ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Säcken auf einem gefäßreichen, warzen-<lb/>
artigen Vor&#x017F;prunge, der auch &#x017F;päter noch als &#x017F;ogenannte Zwiebel zu-<lb/>
rückbleibt; &#x017F;ie durchbrechen allmälig das Säckchen, um nun auf der<lb/>
Oberfläche der Haut zu er&#x017F;cheinen. Ihre Ausbildung &#x017F;elb&#x017F;t i&#x017F;t äußer&#x017F;t<lb/>
mannigfaltig. Bald er&#x017F;cheinen &#x017F;ie nur äußer&#x017F;t zart, dünn und weich,<lb/>
ähnlich den Flaumfedern der Vögel, lang, gekräu&#x017F;elt und auf der gan-<lb/>
zen Oberfläche mit feinen Härchen und Spitzchen ver&#x017F;ehen &#x2014; &#x017F;ie<lb/>
bilden &#x017F;o die Wolle; &#x2014; bald &#x017F;ind &#x017F;ie &#x017F;tärker, &#x017F;teifer und ihre Ober-<lb/>
fläche glatt &#x2014; &#x017F;ie werden dann Licht- oder Stammhaare genannt.<lb/>
Be&#x017F;onders bei den Säugethieren, die in kälteren Klimaten &#x017F;ich aufhal-<lb/>
ten, i&#x017F;t der Pelz gewöhnlich aus die&#x017F;en beiden Arten von Haaren zu-<lb/>
&#x017F;ammenge&#x017F;etzt, indem die Wollhaare einen dichteren Ueberzug unmittel-<lb/>
bar auf der Haut bilden. Häufig auch werden die Wollhaare nur<lb/>
im Winter ausgebildet, während im Sommer die zer&#x017F;treuter &#x017F;tehenden<lb/>
Lichthaare allein übrig bleiben. Be&#x017F;onders &#x017F;tarke und dicke Haare<lb/>
finden &#x017F;ich fa&#x017F;t allgemein an den Lippen der Säugethiere in Ge&#x017F;talt<lb/>
&#x017F;teifer Bor&#x017F;ten, die zuweilen &#x017F;ogar, wie bei den Seehunden, &#x017F;piralig<lb/>
gedreht er&#x017F;cheinen. Es &#x017F;tecken die&#x017F;e Ta&#x017F;thaare in &#x017F;tarken, tiefen, fa&#x017F;e-<lb/>
rigen Bälgen, welche durch be&#x017F;ondere Muskeln bewegt werden können<lb/>
und zahlreiche Fäden von dem fünften Nervenpaare erhalten, &#x017F;o daß<lb/>
&#x017F;ie in der That feinere Ta&#x017F;tempfindungen mittheilen können. Noch<lb/>
&#x017F;tärker, &#x017F;teifer, in Form &#x017F;pitzer Pfeile entwickelt werden die Haare bei<lb/>
manchen Lanzenratten und gehen &#x017F;o allmälig in die dicken und fe&#x017F;ten<lb/>
Stacheln über, welche wir be&#x017F;onders von dem Igel und dem Stachel-<lb/>
&#x017F;chweine kennen. Die&#x017F;e Stacheln be&#x017F;tehen aus parallelen Röhren von<lb/>
Horn&#x017F;ub&#x017F;tanz und zeigen &#x017F;ich &#x017F;o gleich&#x017F;am aus einer gewi&#x017F;&#x017F;en Anzahl<lb/>
von Haaren zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzt, die um einen inneren Markkanal zu einem<lb/>
Bündel ver&#x017F;chmolzen &#x017F;ind. Manche ausnahmswei&#x017F;e Bildungen, wie<lb/>
z. B. das Horn des Nashorns zeigen die&#x017F;elbe Struktur aus paralle-<lb/>
len Hornröhren und die Schuppen des Schuppenthieres, welche Dach-<lb/>
ziegelförmig über einander liegen und einen &#x017F;tarken Panzer um den<lb/>
Körper bilden, &#x017F;ind eigentlich nur plattgedrückte Stacheln und eben&#x017F;o,<lb/>
wie die&#x017F;e, aus parallelen Hornröhren zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzt. Eine gleiche<lb/>
Bildung haben die Hufe und Klauen, welche die Zehen&#x017F;pitzen vieler<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[380/0386] ſtehen ganz allgemein aus einem inneren gewöhnlich gefärbten Mark- cylinder, der von einer äußeren Rindenſubſtanz umſchloſſen iſt, die meiſt eine etwas verſchiedene Farbennüance beſitzt. Nach außen iſt dieſe Rindenſchicht noch von einer gewöhnlich ſchuppigen Schicht bedeckt, welche oft knotige Abtheilungen zeigt, die dann dem Haare ein ganz eigenthümliches Anſehen geben. Die Haare bilden ſich in dem Gewebe der Lederhaut in geſchloſſenen Säcken auf einem gefäßreichen, warzen- artigen Vorſprunge, der auch ſpäter noch als ſogenannte Zwiebel zu- rückbleibt; ſie durchbrechen allmälig das Säckchen, um nun auf der Oberfläche der Haut zu erſcheinen. Ihre Ausbildung ſelbſt iſt äußerſt mannigfaltig. Bald erſcheinen ſie nur äußerſt zart, dünn und weich, ähnlich den Flaumfedern der Vögel, lang, gekräuſelt und auf der gan- zen Oberfläche mit feinen Härchen und Spitzchen verſehen — ſie bilden ſo die Wolle; — bald ſind ſie ſtärker, ſteifer und ihre Ober- fläche glatt — ſie werden dann Licht- oder Stammhaare genannt. Beſonders bei den Säugethieren, die in kälteren Klimaten ſich aufhal- ten, iſt der Pelz gewöhnlich aus dieſen beiden Arten von Haaren zu- ſammengeſetzt, indem die Wollhaare einen dichteren Ueberzug unmittel- bar auf der Haut bilden. Häufig auch werden die Wollhaare nur im Winter ausgebildet, während im Sommer die zerſtreuter ſtehenden Lichthaare allein übrig bleiben. Beſonders ſtarke und dicke Haare finden ſich faſt allgemein an den Lippen der Säugethiere in Geſtalt ſteifer Borſten, die zuweilen ſogar, wie bei den Seehunden, ſpiralig gedreht erſcheinen. Es ſtecken dieſe Taſthaare in ſtarken, tiefen, faſe- rigen Bälgen, welche durch beſondere Muskeln bewegt werden können und zahlreiche Fäden von dem fünften Nervenpaare erhalten, ſo daß ſie in der That feinere Taſtempfindungen mittheilen können. Noch ſtärker, ſteifer, in Form ſpitzer Pfeile entwickelt werden die Haare bei manchen Lanzenratten und gehen ſo allmälig in die dicken und feſten Stacheln über, welche wir beſonders von dem Igel und dem Stachel- ſchweine kennen. Dieſe Stacheln beſtehen aus parallelen Röhren von Hornſubſtanz und zeigen ſich ſo gleichſam aus einer gewiſſen Anzahl von Haaren zuſammengeſetzt, die um einen inneren Markkanal zu einem Bündel verſchmolzen ſind. Manche ausnahmsweiſe Bildungen, wie z. B. das Horn des Nashorns zeigen dieſelbe Struktur aus paralle- len Hornröhren und die Schuppen des Schuppenthieres, welche Dach- ziegelförmig über einander liegen und einen ſtarken Panzer um den Körper bilden, ſind eigentlich nur plattgedrückte Stacheln und ebenſo, wie dieſe, aus parallelen Hornröhren zuſammengeſetzt. Eine gleiche Bildung haben die Hufe und Klauen, welche die Zehenſpitzen vieler

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/386
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/386>, abgerufen am 22.11.2024.