Ausbildung, wo der Schmelz sich in Falten in die Zahnsubstanz hin- einzieht, so daß auf dem Durchschnitte zickzackartige Figuren entstehen, deren Zwischenräume mit Zahnsubstanz erfüllt sind, eine Bildung, die namentlich bei vielen Nagethieren und Wiederkäuern vorkommt und die bei noch höherer Entwickelung in die zusammengesetzten Zähne übergeht, die gewissermaßen aus einzelnen Säulen zusammengeschweißt erscheinen, deren jede von Zahnsubstanz und Schmelz überzogen ist und die alle durch eine weichere Masse verbunden sind, welche man den Kitt oder das Cäment genannt hat. Solche Zähne, die bei vie- len Nagern, Wiederkäuern, besonders aber bei den Elephanten in ausgezeichnetem Maaße als Backzähne vorkommen, zeigen auf dem Durchschnitte oder der Abnutzungsfläche einzelne Schmelzinseln, die mit Zahnsubstanz ausgefüllt und durch Cäment mit einander verbun- den sind. Von dieser allgemeinen Bildung der Zähne weichen indeß manche Thiere in auffallender Weise ab, so die Zähne des ausgerot- teten Borkenthieres (Rytine) und diejenigen des Cap'schen Ameisen- fressers (Orycteropus), welche in ihrer Struktur sehr den Zähnen der Seekatzen nahe kommen und aus parallelen senkrechten Röhren bestehen, die verhältnißmäßig nur sehr wenig unorganische Substanz enthalten. Dichte, filzartige Zahnröhrchen stehen senkrecht auf der Höhle einer jeden solchen Säule, die durch filzartiges Gewebe mit den übrigen verbunden wird. Hinsichtlich der Befestigung der Zähne finden ebenfalls mancherlei Verschiedenheiten statt. Alle, mit Ausnahme der Milchzähne einiger Walthiere stecken mit ihren unteren Theilen in besonderen Zahnhöhlen der Kiefer, in Alveolen; aber nicht bei allen findet sich ein deutlicher Absatz zwischen Krone und Wurzel, die mit einer Verengerung der inneren Zahnhöhle verbunden ist. Im Gegen- theile zeigt sich namentlich bei denjenigen Zähnen, welche vom Kiefer aus beständig nachwachsen, und so die Abnutzung ihrer Krone ersetzen, die Zahnhöhle nach unten erweitert und innen stets neue Schichten ansetzend, während der Zahn nach Außen vorschiebt. Bei sehr vielen Säugethieren ist die Wurzel der Krone nicht einfach, sondern doppelt und mehrfach, ein Bau, der ganz charakteristisch für die Säugethiere ist und sonst in keiner Klasse vorkommt, was besonders für die Fossilen von Wichtigkeit ist, bei welchen der Zweifel über gewisse Reste nur dadurch gehoben werden konnte, daß man die Wurzeln der Backzähne untersuchte und nachwies, daß sie mehrfach und getheilt seien. Der Stellung der Zähne nach unterscheidet man drei Gruppen: Die
Ausbildung, wo der Schmelz ſich in Falten in die Zahnſubſtanz hin- einzieht, ſo daß auf dem Durchſchnitte zickzackartige Figuren entſtehen, deren Zwiſchenräume mit Zahnſubſtanz erfüllt ſind, eine Bildung, die namentlich bei vielen Nagethieren und Wiederkäuern vorkommt und die bei noch höherer Entwickelung in die zuſammengeſetzten Zähne übergeht, die gewiſſermaßen aus einzelnen Säulen zuſammengeſchweißt erſcheinen, deren jede von Zahnſubſtanz und Schmelz überzogen iſt und die alle durch eine weichere Maſſe verbunden ſind, welche man den Kitt oder das Cäment genannt hat. Solche Zähne, die bei vie- len Nagern, Wiederkäuern, beſonders aber bei den Elephanten in ausgezeichnetem Maaße als Backzähne vorkommen, zeigen auf dem Durchſchnitte oder der Abnutzungsfläche einzelne Schmelzinſeln, die mit Zahnſubſtanz ausgefüllt und durch Cäment mit einander verbun- den ſind. Von dieſer allgemeinen Bildung der Zähne weichen indeß manche Thiere in auffallender Weiſe ab, ſo die Zähne des ausgerot- teten Borkenthieres (Rytine) und diejenigen des Cap’ſchen Ameiſen- freſſers (Orycteropus), welche in ihrer Struktur ſehr den Zähnen der Seekatzen nahe kommen und aus parallelen ſenkrechten Röhren beſtehen, die verhältnißmäßig nur ſehr wenig unorganiſche Subſtanz enthalten. Dichte, filzartige Zahnröhrchen ſtehen ſenkrecht auf der Höhle einer jeden ſolchen Säule, die durch filzartiges Gewebe mit den übrigen verbunden wird. Hinſichtlich der Befeſtigung der Zähne finden ebenfalls mancherlei Verſchiedenheiten ſtatt. Alle, mit Ausnahme der Milchzähne einiger Walthiere ſtecken mit ihren unteren Theilen in beſonderen Zahnhöhlen der Kiefer, in Alveolen; aber nicht bei allen findet ſich ein deutlicher Abſatz zwiſchen Krone und Wurzel, die mit einer Verengerung der inneren Zahnhöhle verbunden iſt. Im Gegen- theile zeigt ſich namentlich bei denjenigen Zähnen, welche vom Kiefer aus beſtändig nachwachſen, und ſo die Abnutzung ihrer Krone erſetzen, die Zahnhöhle nach unten erweitert und innen ſtets neue Schichten anſetzend, während der Zahn nach Außen vorſchiebt. Bei ſehr vielen Säugethieren iſt die Wurzel der Krone nicht einfach, ſondern doppelt und mehrfach, ein Bau, der ganz charakteriſtiſch für die Säugethiere iſt und ſonſt in keiner Klaſſe vorkommt, was beſonders für die Foſſilen von Wichtigkeit iſt, bei welchen der Zweifel über gewiſſe Reſte nur dadurch gehoben werden konnte, daß man die Wurzeln der Backzähne unterſuchte und nachwies, daß ſie mehrfach und getheilt ſeien. Der Stellung der Zähne nach unterſcheidet man drei Gruppen: Die
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Ausbildung, wo der Schmelz ſich in Falten in die Zahnſubſtanz hin-
einzieht, ſo daß auf dem Durchſchnitte zickzackartige Figuren entſtehen,
deren Zwiſchenräume mit Zahnſubſtanz erfüllt ſind, eine Bildung, die
namentlich bei vielen Nagethieren und Wiederkäuern vorkommt und
die bei noch höherer Entwickelung in die zuſammengeſetzten Zähne
übergeht, die gewiſſermaßen aus einzelnen Säulen zuſammengeſchweißt
erſcheinen, deren jede von Zahnſubſtanz und Schmelz überzogen iſt
und die alle durch eine weichere Maſſe verbunden ſind, welche man
den Kitt oder das Cäment genannt hat. Solche Zähne, die bei vie-
len Nagern, Wiederkäuern, beſonders aber bei den Elephanten in
ausgezeichnetem Maaße als Backzähne vorkommen, zeigen auf dem
Durchſchnitte oder der Abnutzungsfläche einzelne Schmelzinſeln, die
mit Zahnſubſtanz ausgefüllt und durch Cäment mit einander verbun-
den ſind. Von dieſer allgemeinen Bildung der Zähne weichen indeß
manche Thiere in auffallender Weiſe ab, ſo die Zähne des ausgerot-
teten Borkenthieres (Rytine) und diejenigen des Cap’ſchen Ameiſen-
freſſers (Orycteropus), welche in ihrer Struktur ſehr den Zähnen der
Seekatzen nahe kommen und aus parallelen ſenkrechten Röhren beſtehen,
die verhältnißmäßig nur ſehr wenig unorganiſche Subſtanz enthalten.
Dichte, filzartige Zahnröhrchen ſtehen ſenkrecht auf der Höhle einer
jeden ſolchen Säule, die durch filzartiges Gewebe mit den übrigen
verbunden wird. Hinſichtlich der Befeſtigung der Zähne finden
ebenfalls mancherlei Verſchiedenheiten ſtatt. Alle, mit Ausnahme der
Milchzähne einiger Walthiere ſtecken mit ihren unteren Theilen in
beſonderen Zahnhöhlen der Kiefer, in Alveolen; aber nicht bei allen
findet ſich ein deutlicher Abſatz zwiſchen Krone und Wurzel, die mit
einer Verengerung der inneren Zahnhöhle verbunden iſt. Im Gegen-
theile zeigt ſich namentlich bei denjenigen Zähnen, welche vom Kiefer
aus beſtändig nachwachſen, und ſo die Abnutzung ihrer Krone erſetzen,
die Zahnhöhle nach unten erweitert und innen ſtets neue Schichten
anſetzend, während der Zahn nach Außen vorſchiebt. Bei ſehr vielen
Säugethieren iſt die Wurzel der Krone nicht einfach, ſondern doppelt
und mehrfach, ein Bau, der ganz charakteriſtiſch für die Säugethiere
iſt und ſonſt in keiner Klaſſe vorkommt, was beſonders für die Foſſilen
von Wichtigkeit iſt, bei welchen der Zweifel über gewiſſe Reſte nur
dadurch gehoben werden konnte, daß man die Wurzeln der Backzähne
unterſuchte und nachwies, daß ſie mehrfach und getheilt ſeien. Der
Stellung der Zähne nach unterſcheidet man drei Gruppen: Die
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/398>, abgerufen am 22.11.2024.
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