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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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zur Oberfläche des Chorion herankommt und auf diese Weise kein
Mutterkuchen gebildet wird. Die Geburt des kleinen, aber in seinen
Theilen vollständig ausgebildeten Jungen geht ganz in gewöhnlicher
Weise vor sich; die Mutter empfängt es mit dem Maule, bringt es
in den Beutel und hängt es dort an eine Zitze an, zu deren enger
Umfassung Mund- und Rachenhöhle des Jungen in eigenthümlicher
Weise kanalartig ausgebildet sind; der Beutel bleibt noch sehr lang,
selbst nach der vollständigen Ausbildung des Jungen der Zufluchtsort
für dasselbe, so daß es sich bei drohender Gefahr hineinflüchtet. Bei
denjenigen Gattungen, bei welchen der Beutel durch eine Hautfalte
ersetzt ist, hängt das Junge nur im Anfang an den Zitzen, wird aber
später von der Mutter auf dem Rücken mit herumgetragen.

Wir unterscheiden in der Ordnung der Beutelthiere folgende Fa-
milien:

[Abbildung] Fig. 1358.

Der Wombat (Phascolomys Wombat.)

Die Beutelnager (Glirina) bestehen aus einer Gattung kurzer,
plumper, träger, nächtlicher Thiere, die in ihrem Aeußeren viel Aehn-
lichkeit mit einigen Arten von Schrotmäusen besitzen. Diese Aehnlichkeit
ist noch durch den Zahnbau bestätigt (s. Fig. 1354 S. 438), welcher
ganz demjenigen der Nagethiere entspricht, indem in jeder Kinnlade
vorn zwei breite, meiselartig zugeschärfte Zähne stehen, auf welche nach
einer langen Zahnlücke die breitkronigen abgenutzten Backzähne mit
faltigem Schmelzsaume folgen. Die Vorderfüße der in Erdhöhlen
lebenden Thiere haben fünf kaum getrennte, aber mit langen Grab-
nägeln bewaffnete Zehen; an den Hinterfüßen finden sich nur vier
solche Zehen und ein kurzer stummelartiger Daumen. Sie finden sich
nur in Australien. Phascolomys.


zur Oberfläche des Chorion herankommt und auf dieſe Weiſe kein
Mutterkuchen gebildet wird. Die Geburt des kleinen, aber in ſeinen
Theilen vollſtändig ausgebildeten Jungen geht ganz in gewöhnlicher
Weiſe vor ſich; die Mutter empfängt es mit dem Maule, bringt es
in den Beutel und hängt es dort an eine Zitze an, zu deren enger
Umfaſſung Mund- und Rachenhöhle des Jungen in eigenthümlicher
Weiſe kanalartig ausgebildet ſind; der Beutel bleibt noch ſehr lang,
ſelbſt nach der vollſtändigen Ausbildung des Jungen der Zufluchtsort
für daſſelbe, ſo daß es ſich bei drohender Gefahr hineinflüchtet. Bei
denjenigen Gattungen, bei welchen der Beutel durch eine Hautfalte
erſetzt iſt, hängt das Junge nur im Anfang an den Zitzen, wird aber
ſpäter von der Mutter auf dem Rücken mit herumgetragen.

Wir unterſcheiden in der Ordnung der Beutelthiere folgende Fa-
milien:

[Abbildung] Fig. 1358.

Der Wombat (Phascolomys Wombat.)

Die Beutelnager (Glirina) beſtehen aus einer Gattung kurzer,
plumper, träger, nächtlicher Thiere, die in ihrem Aeußeren viel Aehn-
lichkeit mit einigen Arten von Schrotmäuſen beſitzen. Dieſe Aehnlichkeit
iſt noch durch den Zahnbau beſtätigt (ſ. Fig. 1354 S. 438), welcher
ganz demjenigen der Nagethiere entſpricht, indem in jeder Kinnlade
vorn zwei breite, meiſelartig zugeſchärfte Zähne ſtehen, auf welche nach
einer langen Zahnlücke die breitkronigen abgenutzten Backzähne mit
faltigem Schmelzſaume folgen. Die Vorderfüße der in Erdhöhlen
lebenden Thiere haben fünf kaum getrennte, aber mit langen Grab-
nägeln bewaffnete Zehen; an den Hinterfüßen finden ſich nur vier
ſolche Zehen und ein kurzer ſtummelartiger Daumen. Sie finden ſich
nur in Auſtralien. Phascolomys.


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[441/0447] zur Oberfläche des Chorion herankommt und auf dieſe Weiſe kein Mutterkuchen gebildet wird. Die Geburt des kleinen, aber in ſeinen Theilen vollſtändig ausgebildeten Jungen geht ganz in gewöhnlicher Weiſe vor ſich; die Mutter empfängt es mit dem Maule, bringt es in den Beutel und hängt es dort an eine Zitze an, zu deren enger Umfaſſung Mund- und Rachenhöhle des Jungen in eigenthümlicher Weiſe kanalartig ausgebildet ſind; der Beutel bleibt noch ſehr lang, ſelbſt nach der vollſtändigen Ausbildung des Jungen der Zufluchtsort für daſſelbe, ſo daß es ſich bei drohender Gefahr hineinflüchtet. Bei denjenigen Gattungen, bei welchen der Beutel durch eine Hautfalte erſetzt iſt, hängt das Junge nur im Anfang an den Zitzen, wird aber ſpäter von der Mutter auf dem Rücken mit herumgetragen. Wir unterſcheiden in der Ordnung der Beutelthiere folgende Fa- milien: [Abbildung Fig. 1358. Der Wombat (Phascolomys Wombat.) ] Die Beutelnager (Glirina) beſtehen aus einer Gattung kurzer, plumper, träger, nächtlicher Thiere, die in ihrem Aeußeren viel Aehn- lichkeit mit einigen Arten von Schrotmäuſen beſitzen. Dieſe Aehnlichkeit iſt noch durch den Zahnbau beſtätigt (ſ. Fig. 1354 S. 438), welcher ganz demjenigen der Nagethiere entſpricht, indem in jeder Kinnlade vorn zwei breite, meiſelartig zugeſchärfte Zähne ſtehen, auf welche nach einer langen Zahnlücke die breitkronigen abgenutzten Backzähne mit faltigem Schmelzſaume folgen. Die Vorderfüße der in Erdhöhlen lebenden Thiere haben fünf kaum getrennte, aber mit langen Grab- nägeln bewaffnete Zehen; an den Hinterfüßen finden ſich nur vier ſolche Zehen und ein kurzer ſtummelartiger Daumen. Sie finden ſich nur in Auſtralien. Phascolomys.

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/447>, abgerufen am 22.11.2024.