ist im Allgemeinen richtig, daß im Norden, in Gebirgen und Hoch- ebenen blasser gefärbte, in tropischen Zonen und Tiefebenen dunklere Völkerstämme wohnen, daß also die Entwicklung des Pigmentes mit den physikalischen Verhältnissen der Erde in einiger Beziehung steht. Indessen ist auch dieser Satz so wenig ausschließlich richtig, wie der, daß in den genannten Gegenden die blonde Hautfarbe herrsche. Die Bewohner des höchsten Nordens haben gelbe oder braune Hautfarbe und ohne Ausnahme dunkle oder ganz schwarze Haare. Wenn aber trotz diesen Thatsachen der Einfluß der Klimate wirklich die einzige Ursache der verschiedenen Färbung seyn soll, so genügen wenigstens unsere bis jetzt angestellten Beobachtungen hinlänglich um zu beweisen, daß Hunderttausende, ja Millionen von Jahren nöthig gewesen seyn müßten, um die verschiedenen Abstufungen zu erzeugen, welche wir jetzt auf der Erde beobachten -- ein Resultat, das denjenigen kaum genügen dürfte, welche aus anderen als naturgeschichtlichen Gründen die Behauptung aufstellten, daß die verschiedene Farbe der Rasse lediglich dem Einflusse der Klimate zuzuschreiben sey. Man darf aber diesen entgegen um so mehr behaupten, daß die verschiedene Färbung Re- sultat einer ursprünglichen von dem Wohnsitze und dem Einflusse des Sonnenlichtes unabhängigen Anlage sey, als gerade in Folge einer solchen Anlage bei den ungefärbten Rassen an Stellen, die dem Son- nenlichte nie ausgesetzt sind, wie an dem Hofe der Brustwarze und an dem Hodensacke eine weit bedeutendere Entwicklung des braunen Pigmentes stattfindet. Aus allem diesem scheint uns hervorzugehen, daß die Färbung der Rassen eine ursprüngliche ist, deren Intensität durch Klima und Lebensart zwar gesteigert oder verringert, sonst aber nicht bedeutend modifizirt werden kann.
Die Eigenthümlichkeiten des Skelettes, welche die Ordnung der Zweihänder charakterisiren und namentlich auch von derjenigen der Vierhänder trennen, sind äußerst mannigfaltig und bei weitem wichtiger als diejenigen der Haut. Bei der Vergleichung mit den menschenähnlichsten Affen, dem Orang und dem Schimpanse, erscheinen dieselben außerordentlich bedeutend und wurden nur von denjenigen für gering angeschlagen, welche namentlich die Schädel junger Affen der genannten Arten mit den Schädeln erwachsener Menschen ver- glichen, was zu dem falschen Resultate hinführte, daß nur ein gerin- ger Unterschied zwischen den niedrigsten Menschen und den höchsten Affen existire. Es wurde schon bei der vorigen Ordnung erwähnt,
iſt im Allgemeinen richtig, daß im Norden, in Gebirgen und Hoch- ebenen blaſſer gefärbte, in tropiſchen Zonen und Tiefebenen dunklere Völkerſtämme wohnen, daß alſo die Entwicklung des Pigmentes mit den phyſikaliſchen Verhältniſſen der Erde in einiger Beziehung ſteht. Indeſſen iſt auch dieſer Satz ſo wenig ausſchließlich richtig, wie der, daß in den genannten Gegenden die blonde Hautfarbe herrſche. Die Bewohner des höchſten Nordens haben gelbe oder braune Hautfarbe und ohne Ausnahme dunkle oder ganz ſchwarze Haare. Wenn aber trotz dieſen Thatſachen der Einfluß der Klimate wirklich die einzige Urſache der verſchiedenen Färbung ſeyn ſoll, ſo genügen wenigſtens unſere bis jetzt angeſtellten Beobachtungen hinlänglich um zu beweiſen, daß Hunderttauſende, ja Millionen von Jahren nöthig geweſen ſeyn müßten, um die verſchiedenen Abſtufungen zu erzeugen, welche wir jetzt auf der Erde beobachten — ein Reſultat, das denjenigen kaum genügen dürfte, welche aus anderen als naturgeſchichtlichen Gründen die Behauptung aufſtellten, daß die verſchiedene Farbe der Raſſe lediglich dem Einfluſſe der Klimate zuzuſchreiben ſey. Man darf aber dieſen entgegen um ſo mehr behaupten, daß die verſchiedene Färbung Re- ſultat einer urſprünglichen von dem Wohnſitze und dem Einfluſſe des Sonnenlichtes unabhängigen Anlage ſey, als gerade in Folge einer ſolchen Anlage bei den ungefärbten Raſſen an Stellen, die dem Son- nenlichte nie ausgeſetzt ſind, wie an dem Hofe der Bruſtwarze und an dem Hodenſacke eine weit bedeutendere Entwicklung des braunen Pigmentes ſtattfindet. Aus allem dieſem ſcheint uns hervorzugehen, daß die Färbung der Raſſen eine urſprüngliche iſt, deren Intenſität durch Klima und Lebensart zwar geſteigert oder verringert, ſonſt aber nicht bedeutend modifizirt werden kann.
Die Eigenthümlichkeiten des Skelettes, welche die Ordnung der Zweihänder charakteriſiren und namentlich auch von derjenigen der Vierhänder trennen, ſind äußerſt mannigfaltig und bei weitem wichtiger als diejenigen der Haut. Bei der Vergleichung mit den menſchenähnlichſten Affen, dem Orang und dem Schimpanſe, erſcheinen dieſelben außerordentlich bedeutend und wurden nur von denjenigen für gering angeſchlagen, welche namentlich die Schädel junger Affen der genannten Arten mit den Schädeln erwachſener Menſchen ver- glichen, was zu dem falſchen Reſultate hinführte, daß nur ein gerin- ger Unterſchied zwiſchen den niedrigſten Menſchen und den höchſten Affen exiſtire. Es wurde ſchon bei der vorigen Ordnung erwähnt,
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iſt im Allgemeinen richtig, daß im Norden, in Gebirgen und Hoch-
ebenen blaſſer gefärbte, in tropiſchen Zonen und Tiefebenen dunklere
Völkerſtämme wohnen, daß alſo die Entwicklung des Pigmentes mit
den phyſikaliſchen Verhältniſſen der Erde in einiger Beziehung ſteht.
Indeſſen iſt auch dieſer Satz ſo wenig ausſchließlich richtig, wie der,
daß in den genannten Gegenden die blonde Hautfarbe herrſche. Die
Bewohner des höchſten Nordens haben gelbe oder braune Hautfarbe
und ohne Ausnahme dunkle oder ganz ſchwarze Haare. Wenn aber
trotz dieſen Thatſachen der Einfluß der Klimate wirklich die einzige
Urſache der verſchiedenen Färbung ſeyn ſoll, ſo genügen wenigſtens
unſere bis jetzt angeſtellten Beobachtungen hinlänglich um zu beweiſen,
daß Hunderttauſende, ja Millionen von Jahren nöthig geweſen ſeyn
müßten, um die verſchiedenen Abſtufungen zu erzeugen, welche wir
jetzt auf der Erde beobachten — ein Reſultat, das denjenigen kaum
genügen dürfte, welche aus anderen als naturgeſchichtlichen Gründen die
Behauptung aufſtellten, daß die verſchiedene Farbe der Raſſe lediglich
dem Einfluſſe der Klimate zuzuſchreiben ſey. Man darf aber dieſen
entgegen um ſo mehr behaupten, daß die verſchiedene Färbung Re-
ſultat einer urſprünglichen von dem Wohnſitze und dem Einfluſſe des
Sonnenlichtes unabhängigen Anlage ſey, als gerade in Folge einer
ſolchen Anlage bei den ungefärbten Raſſen an Stellen, die dem Son-
nenlichte nie ausgeſetzt ſind, wie an dem Hofe der Bruſtwarze und
an dem Hodenſacke eine weit bedeutendere Entwicklung des braunen
Pigmentes ſtattfindet. Aus allem dieſem ſcheint uns hervorzugehen,
daß die Färbung der Raſſen eine urſprüngliche iſt, deren Intenſität
durch Klima und Lebensart zwar geſteigert oder verringert, ſonſt aber
nicht bedeutend modifizirt werden kann.
Die Eigenthümlichkeiten des Skelettes, welche die Ordnung
der Zweihänder charakteriſiren und namentlich auch von derjenigen
der Vierhänder trennen, ſind äußerſt mannigfaltig und bei weitem
wichtiger als diejenigen der Haut. Bei der Vergleichung mit den
menſchenähnlichſten Affen, dem Orang und dem Schimpanſe, erſcheinen
dieſelben außerordentlich bedeutend und wurden nur von denjenigen
für gering angeſchlagen, welche namentlich die Schädel junger Affen
der genannten Arten mit den Schädeln erwachſener Menſchen ver-
glichen, was zu dem falſchen Reſultate hinführte, daß nur ein gerin-
ger Unterſchied zwiſchen den niedrigſten Menſchen und den höchſten
Affen exiſtire. Es wurde ſchon bei der vorigen Ordnung erwähnt,
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/544>, abgerufen am 23.11.2024.
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