Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

ausgiebige Entfaltung der Korallenriffe und Austernbänke und der
ihnen zugehörigen Bevölkerung von Seethieren anderer Art ist es vor-
züglich, welche diese Periode der Erdgeschichte charakterisirt.

Die verschiedenen Schichten der Kreide waren durch ihre eigen-
thümliche Structur theilweise besonders geeignet, kleinere delikate For-
men zu erhalten. So sehen wir denn auch in ihnen alle Familien der
Wurzelfüßer (Rhizopoda) in großen Mengen vertreten und theilweise
durch ihre Anhäufung ganze Schichtenmassen bildend. Die Rudisten,
welche hier weite Gebirgszonen bilden, verschwinden mit dieser Forma-
tion, ebenso die Ammonshörner, welche vorher seltsam aufgerollte und
gewundene Formen zeigen. Dagegen finden wir die Krabben unter
den Crustaceen und die Knochenfische (Teleostia) durch eine große
Anzahl von Familien verschiedener Unterordnungen vertreten. Bü-
schelkiemer (Lophobranchia) und Harthäuter (Selerodermata), Urbarsche
(Holocentrida), Makrelen (Scomberida), Schwertfische (Xiphida) und
Pfeilhechte (Sphyraenida) erscheinen schon in tieferen Schichten, wäh-
rend in den höheren Nacktzähner (Gymnodonta), Häringe (Clupeida),
Aale (Apoda), Lippfische (Labroida), Röhrenmäuler (Aulostomida),
Panzerwangen (Cataphracta), Umberfische (Sciaenida), Meerbrassen
(Sparida), Schuppenflosser (Squamipennia), Lederfische (Teuthida) und
Armflosser (Pediculata) sich diesen zugesellen, so daß, wie man sieht,
die Stachelflosser hier bedeutend das Uebergewicht haben. Während
die Reptilien noch besonders durch die plumpen Formen der Dino-
saurier sich auszeichnen, führt uns die Kreide die ersten Knochen von
Vögeln und zwar von Wasservögeln (Palmipedia), Schnepfen (Scolo-
pacida)
und Singvögeln (Oscines) vor, Reste, die indessen noch alle
einer näheren Bestimmung harren.

In der Tertiärzeit treten zuerst die Lungenschnecken (Pulmonata)
der höchste Typus der Weichthiere auf, mit ihnen unter den Krusten-
thieren die Flohkrebse (Amphipoda) und die Mundfüßer (Stomapoda),
so daß jetzt alle Familien dieser letzteren vervollständigt sind. An sie
reiht sich die Klasse der Myriapoden und unter den Fischen die Säge-
rochen (Squatinorajida), die Karpfen (Cyprinida) und Zahnkarpfen
(Cyprinodonta), die Hechte (Esocida), die Stocksische (Gadida), die
Schollen (Pleuronectida), die Hornhechte (Belone), die Harder (Mugi-
lida)
, die Scheibenbäuche (Gobioida) und Schleimfische (Blennida), so
daß hierdurch allmälich die Weichflosser mit den Stachelfloßern gleich
gestellt werden. Die Klasse der Lurche tritt mit riesigen Molchen

ausgiebige Entfaltung der Korallenriffe und Auſternbänke und der
ihnen zugehörigen Bevölkerung von Seethieren anderer Art iſt es vor-
züglich, welche dieſe Periode der Erdgeſchichte charakteriſirt.

Die verſchiedenen Schichten der Kreide waren durch ihre eigen-
thümliche Structur theilweiſe beſonders geeignet, kleinere delikate For-
men zu erhalten. So ſehen wir denn auch in ihnen alle Familien der
Wurzelfüßer (Rhizopoda) in großen Mengen vertreten und theilweiſe
durch ihre Anhäufung ganze Schichtenmaſſen bildend. Die Rudiſten,
welche hier weite Gebirgszonen bilden, verſchwinden mit dieſer Forma-
tion, ebenſo die Ammonshörner, welche vorher ſeltſam aufgerollte und
gewundene Formen zeigen. Dagegen finden wir die Krabben unter
den Cruſtaceen und die Knochenfiſche (Teleostia) durch eine große
Anzahl von Familien verſchiedener Unterordnungen vertreten. Bü-
ſchelkiemer (Lophobranchia) und Harthäuter (Selerodermata), Urbarſche
(Holocentrida), Makrelen (Scomberida), Schwertfiſche (Xiphida) und
Pfeilhechte (Sphyraenida) erſcheinen ſchon in tieferen Schichten, wäh-
rend in den höheren Nacktzähner (Gymnodonta), Häringe (Clupeida),
Aale (Apoda), Lippfiſche (Labroida), Röhrenmäuler (Aulostomida),
Panzerwangen (Cataphracta), Umberfiſche (Sciaenida), Meerbraſſen
(Sparida), Schuppenfloſſer (Squamipennia), Lederfiſche (Teuthida) und
Armfloſſer (Pediculata) ſich dieſen zugeſellen, ſo daß, wie man ſieht,
die Stachelfloſſer hier bedeutend das Uebergewicht haben. Während
die Reptilien noch beſonders durch die plumpen Formen der Dino-
ſaurier ſich auszeichnen, führt uns die Kreide die erſten Knochen von
Vögeln und zwar von Waſſervögeln (Palmipedia), Schnepfen (Scolo-
pacida)
und Singvögeln (Oscines) vor, Reſte, die indeſſen noch alle
einer näheren Beſtimmung harren.

In der Tertiärzeit treten zuerſt die Lungenſchnecken (Pulmonata)
der höchſte Typus der Weichthiere auf, mit ihnen unter den Kruſten-
thieren die Flohkrebſe (Amphipoda) und die Mundfüßer (Stomapoda),
ſo daß jetzt alle Familien dieſer letzteren vervollſtändigt ſind. An ſie
reiht ſich die Klaſſe der Myriapoden und unter den Fiſchen die Säge-
rochen (Squatinorajida), die Karpfen (Cyprinida) und Zahnkarpfen
(Cyprinodonta), die Hechte (Esocida), die Stockſiſche (Gadida), die
Schollen (Pleuronectida), die Hornhechte (Belone), die Harder (Mugi-
lida)
, die Scheibenbäuche (Gobioida) und Schleimfiſche (Blennida), ſo
daß hierdurch allmälich die Weichfloſſer mit den Stachelfloßern gleich
geſtellt werden. Die Klaſſe der Lurche tritt mit rieſigen Molchen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0604" n="598"/>
ausgiebige Entfaltung der Korallenriffe und Au&#x017F;ternbänke und der<lb/>
ihnen zugehörigen Bevölkerung von Seethieren anderer Art i&#x017F;t es vor-<lb/>
züglich, welche die&#x017F;e Periode der Erdge&#x017F;chichte charakteri&#x017F;irt.</p><lb/>
        <p>Die ver&#x017F;chiedenen Schichten der <hi rendition="#g">Kreide</hi> waren durch ihre eigen-<lb/>
thümliche Structur theilwei&#x017F;e be&#x017F;onders geeignet, kleinere delikate For-<lb/>
men zu erhalten. So &#x017F;ehen wir denn auch in ihnen alle Familien der<lb/>
Wurzelfüßer <hi rendition="#aq">(Rhizopoda)</hi> in großen Mengen vertreten und theilwei&#x017F;e<lb/>
durch ihre Anhäufung ganze Schichtenma&#x017F;&#x017F;en bildend. Die Rudi&#x017F;ten,<lb/>
welche hier weite Gebirgszonen bilden, ver&#x017F;chwinden mit die&#x017F;er Forma-<lb/>
tion, eben&#x017F;o die Ammonshörner, welche vorher &#x017F;elt&#x017F;am aufgerollte und<lb/>
gewundene Formen zeigen. Dagegen finden wir die Krabben unter<lb/>
den Cru&#x017F;taceen und die Knochenfi&#x017F;che <hi rendition="#aq">(Teleostia)</hi> durch eine große<lb/>
Anzahl von Familien ver&#x017F;chiedener Unterordnungen vertreten. Bü-<lb/>
&#x017F;chelkiemer <hi rendition="#aq">(Lophobranchia)</hi> und Harthäuter <hi rendition="#aq">(Selerodermata)</hi>, Urbar&#x017F;che<lb/><hi rendition="#aq">(Holocentrida)</hi>, Makrelen <hi rendition="#aq">(Scomberida)</hi>, Schwertfi&#x017F;che <hi rendition="#aq">(Xiphida)</hi> und<lb/>
Pfeilhechte <hi rendition="#aq">(Sphyraenida)</hi> er&#x017F;cheinen &#x017F;chon in tieferen Schichten, wäh-<lb/>
rend in den höheren Nacktzähner <hi rendition="#aq">(Gymnodonta)</hi>, Häringe <hi rendition="#aq">(Clupeida)</hi>,<lb/>
Aale <hi rendition="#aq">(Apoda)</hi>, Lippfi&#x017F;che <hi rendition="#aq">(Labroida)</hi>, Röhrenmäuler <hi rendition="#aq">(Aulostomida)</hi>,<lb/>
Panzerwangen <hi rendition="#aq">(Cataphracta)</hi>, Umberfi&#x017F;che <hi rendition="#aq">(Sciaenida)</hi>, Meerbra&#x017F;&#x017F;en<lb/><hi rendition="#aq">(Sparida)</hi>, Schuppenflo&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#aq">(Squamipennia)</hi>, Lederfi&#x017F;che <hi rendition="#aq">(Teuthida)</hi> und<lb/>
Armflo&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#aq">(Pediculata)</hi> &#x017F;ich die&#x017F;en zuge&#x017F;ellen, &#x017F;o daß, wie man &#x017F;ieht,<lb/>
die Stachelflo&#x017F;&#x017F;er hier bedeutend das Uebergewicht haben. Während<lb/>
die Reptilien noch be&#x017F;onders durch die plumpen Formen der Dino-<lb/>
&#x017F;aurier &#x017F;ich auszeichnen, führt uns die Kreide die er&#x017F;ten Knochen von<lb/>
Vögeln und zwar von Wa&#x017F;&#x017F;ervögeln <hi rendition="#aq">(Palmipedia)</hi>, Schnepfen <hi rendition="#aq">(Scolo-<lb/>
pacida)</hi> und Singvögeln <hi rendition="#aq">(Oscines)</hi> vor, Re&#x017F;te, die inde&#x017F;&#x017F;en noch alle<lb/>
einer näheren Be&#x017F;timmung harren.</p><lb/>
        <p>In der <hi rendition="#g">Tertiärzeit</hi> treten zuer&#x017F;t die Lungen&#x017F;chnecken <hi rendition="#aq">(Pulmonata)</hi><lb/>
der höch&#x017F;te Typus der Weichthiere auf, mit ihnen unter den Kru&#x017F;ten-<lb/>
thieren die Flohkreb&#x017F;e <hi rendition="#aq">(Amphipoda)</hi> und die Mundfüßer <hi rendition="#aq">(Stomapoda)</hi>,<lb/>
&#x017F;o daß jetzt alle Familien die&#x017F;er letzteren vervoll&#x017F;tändigt &#x017F;ind. An &#x017F;ie<lb/>
reiht &#x017F;ich die Kla&#x017F;&#x017F;e der Myriapoden und unter den Fi&#x017F;chen die Säge-<lb/>
rochen <hi rendition="#aq">(Squatinorajida)</hi>, die Karpfen <hi rendition="#aq">(Cyprinida)</hi> und Zahnkarpfen<lb/><hi rendition="#aq">(Cyprinodonta)</hi>, die Hechte <hi rendition="#aq">(Esocida)</hi>, die Stock&#x017F;i&#x017F;che <hi rendition="#aq">(Gadida)</hi>, die<lb/>
Schollen <hi rendition="#aq">(Pleuronectida)</hi>, die Hornhechte <hi rendition="#aq">(Belone)</hi>, die Harder <hi rendition="#aq">(Mugi-<lb/>
lida)</hi>, die Scheibenbäuche <hi rendition="#aq">(Gobioida)</hi> und Schleimfi&#x017F;che <hi rendition="#aq">(Blennida)</hi>, &#x017F;o<lb/>
daß hierdurch allmälich die Weichflo&#x017F;&#x017F;er mit den Stachelfloßern gleich<lb/>
ge&#x017F;tellt werden. Die Kla&#x017F;&#x017F;e der Lurche tritt mit rie&#x017F;igen Molchen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[598/0604] ausgiebige Entfaltung der Korallenriffe und Auſternbänke und der ihnen zugehörigen Bevölkerung von Seethieren anderer Art iſt es vor- züglich, welche dieſe Periode der Erdgeſchichte charakteriſirt. Die verſchiedenen Schichten der Kreide waren durch ihre eigen- thümliche Structur theilweiſe beſonders geeignet, kleinere delikate For- men zu erhalten. So ſehen wir denn auch in ihnen alle Familien der Wurzelfüßer (Rhizopoda) in großen Mengen vertreten und theilweiſe durch ihre Anhäufung ganze Schichtenmaſſen bildend. Die Rudiſten, welche hier weite Gebirgszonen bilden, verſchwinden mit dieſer Forma- tion, ebenſo die Ammonshörner, welche vorher ſeltſam aufgerollte und gewundene Formen zeigen. Dagegen finden wir die Krabben unter den Cruſtaceen und die Knochenfiſche (Teleostia) durch eine große Anzahl von Familien verſchiedener Unterordnungen vertreten. Bü- ſchelkiemer (Lophobranchia) und Harthäuter (Selerodermata), Urbarſche (Holocentrida), Makrelen (Scomberida), Schwertfiſche (Xiphida) und Pfeilhechte (Sphyraenida) erſcheinen ſchon in tieferen Schichten, wäh- rend in den höheren Nacktzähner (Gymnodonta), Häringe (Clupeida), Aale (Apoda), Lippfiſche (Labroida), Röhrenmäuler (Aulostomida), Panzerwangen (Cataphracta), Umberfiſche (Sciaenida), Meerbraſſen (Sparida), Schuppenfloſſer (Squamipennia), Lederfiſche (Teuthida) und Armfloſſer (Pediculata) ſich dieſen zugeſellen, ſo daß, wie man ſieht, die Stachelfloſſer hier bedeutend das Uebergewicht haben. Während die Reptilien noch beſonders durch die plumpen Formen der Dino- ſaurier ſich auszeichnen, führt uns die Kreide die erſten Knochen von Vögeln und zwar von Waſſervögeln (Palmipedia), Schnepfen (Scolo- pacida) und Singvögeln (Oscines) vor, Reſte, die indeſſen noch alle einer näheren Beſtimmung harren. In der Tertiärzeit treten zuerſt die Lungenſchnecken (Pulmonata) der höchſte Typus der Weichthiere auf, mit ihnen unter den Kruſten- thieren die Flohkrebſe (Amphipoda) und die Mundfüßer (Stomapoda), ſo daß jetzt alle Familien dieſer letzteren vervollſtändigt ſind. An ſie reiht ſich die Klaſſe der Myriapoden und unter den Fiſchen die Säge- rochen (Squatinorajida), die Karpfen (Cyprinida) und Zahnkarpfen (Cyprinodonta), die Hechte (Esocida), die Stockſiſche (Gadida), die Schollen (Pleuronectida), die Hornhechte (Belone), die Harder (Mugi- lida), die Scheibenbäuche (Gobioida) und Schleimfiſche (Blennida), ſo daß hierdurch allmälich die Weichfloſſer mit den Stachelfloßern gleich geſtellt werden. Die Klaſſe der Lurche tritt mit rieſigen Molchen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/604
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 598. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/604>, abgerufen am 21.11.2024.