Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.Thessalien, blendete seinen Sohn Phönix wegen der angeführten Beschuldigung, und wurde von Hercules erschlagen, dem er den Durchmarsch durch sein Land und die Hand seiner Tochter Astydamia verweigerte. Nach einer dritten Sage war er Beherrscher der Doloper, wurde von Peleus im Kriege besiegt und musste ihm seinen Sohn Crantor als Geisel geben, der später des Peleus Waffenträger wurde. Amythaon (Gr. M.), Sohn des Cretheus, Erbauers und Beherrschers von Jolcus, der sich mit der Tochter seines Bruders Salmoneus, Tyro, vermählt hatte, welche ihm die Söhne Aeson, Amythaon und Pheres, und eine Tochter Hippolyta gebar. A. war der Begleiter des Jason, als dieser gegen Pelias die Ansprüche seines Vaters Aeson auf den Thron von Jolcus geltend machen wollte. Schon früher hatte er sich mit seines Bruders Pheres Tochter, Idomene, vermählt. Dieser Ehe entsprossten Melampus, Bias und Aeolia, mit welcher letztern sich Calydon, des Aetolus und der Pronoe Sohn, verband, der von ihr Epicaste und Protogenia zu Töchtern erhielt. Man nennt den A. auch unter den Erneuerern der olympischen Spiele. Fig. 24. Ana (Bras. M.), Name eines bösen Dämons, welcher in den finstern Urwäldern in Höhlen wohnt, und welchen die wilden Völker Brasiliens sehr fürchten. Anaea (Gr. M.), eine Amazone, welche in Carien, in dem Orte A., begraben lag. Sie fiel im Kampfe gegen Hercules; zu ihrem Andenken gab man jenem Städtchen ihren Namen. Anacalypterien (Gr. Festbrauch), die Festlichkeiten, welche an dem Tage gehalten wurden, an welchem die Braut sich zum ersten Male ohne Schleier zeigte, wobei sie von dem Bräutigam, den Aeltern und den sie besuchenden Freunden Geschenke bekam. Die Geschenke selbst hiessen ebenso. Anacea (Gr. M.), Feste, welche den Dioscuren als Herrschern, Anakten, unter manchfaltigen Opfern begangen wurden. Der Tempel dieser Götter in Athen hiess selbst Anaceum, das Herrenhaus. In Argos hatten sie einen Tempel, worin die Bildsäulen ihrer Gattinnen Hilaira und Phöbe, und ihrer Söhne Anaxis und Mnasinous aus Ebenholz, Werke der Künstler Dipönus und Scyllis, aufgestellt waren. Anactotelestae (Gr. M.), hiessen die Vorsteher in den Mysterien der Corybanten. Anadyomene, Fig. 24 (Gr. M.), "die Auftauchende", Beiname der Venus, welche, aus Schaum geboren, die dem Meere Entstiegene genannt wurde. Apelles hatte diesen Moment in einem Gemälde dargestellt, das die höchste Bewunderung der alten Welt genoss. Venus, unbekleidet, drückte ihre triefenden Haare mit der Hand aus, ein Motiv, das man in der bei Pontailliers im Jahre 1802 gefundenen Bronze-Statue der Venus wieder erkennt, wovon wir hier eine Nachbildung geben. Das Bild des Apelles wurde von den Bewohnern der Insel Cos im Tempel des Aesculap als ihr höchstes Kleinod bewahrt. Es hatte schon an seinem untern Theile etwas gelitten, als der Kaiser Augustus dasselbe sah, und um den ungeheuren Preis von 100 Talenten (= 150,000 Thalern) kaufte. Anagnidagdas (Ind. M.), Vorältern der Braminen, welche nicht durch das Feuer verzehrt werden können. Anagogia (Gr. M.), "Fest der Abreise". Solche wurden mehreren Göttern gefeiert, welche verschiedene Hauptsitze ihrer Verehrung hatten, und von denen man daher glaubte, dass sie sich bald da, bald dort aufhielten: am berühmtesten aber waren die A. der Venus auf dem Berge Eryx in Sicilien. Zu einer gewissen Zeit im Jahre flogen die zahlreichen Tauben der Umgegend hinweg, um, wie man glaubte, die Göttin, die sich jetzt nach Libyen begebe, zu begleiten, und man brachte daher der Göttin Opfer, welche ebenfalls A. hiessen. Nach neun Tagen kehrten die Tauben wieder, und an ihrer Spitze eine röthliche, besonders schön gezeichnete. Dann wurden die Catagogien gefeiert. (S. d.) Anahid (Pers. M.), Name des weiblichen Genius (Ized) des Morgen- und Abendsterns, welcher den Reigen der Sterne mit sonnenstrahlenbesaiteter Lyra anführt. Der Name ist aus dem indischen Anahut abgeleitet, welches das Pulsen des Blutes in den zugehaltenen Ohren bedeutet, worin der indische Derwisch den Pulsschlag der Sphären zu vernehmen glaubt. - A. war ursprünglich keine Göttin, sondern eine Sterbliche; zwei gefallene Engel, Harut und Marut, suchten sie zu verführen, doch die Jungfrau widerstand jeder Verlockung, und dafür ward sie der Ehre, eine Göttin zu sein, würdig befunden. Sie ward an den Himmel versetzt, wo nun ihre braunen, reichen Locken von Ambra und Moschus duften, und das ihre elfenbeinernen Glieder umschliessende Gewand im Glanze des Morgensternes schimmert. Anaideia (Gr. M.), "die Schamlosigkeit", welcher man, um ihren Einfluss abzuwenden, zu Athen einen Tempel erbaute. Anaitis (Pers. M.). Die Cappadocier, Armenier, Perser und Meder beteten unter diesem Namen eine Göttin der Liebe an, welche die Römer und Griechen mit Venus verglichen. Sie hatte zu Sacasene in Armenien ein Heiligthum, das sie mit zwei persischen Dämonen (Omanus und Anadatus) theilte, und das wahrscheinlich den persischen Heeren, vielleicht auch den grossen Handels - Carawanen zu Gefallen angelegt wurde. In der Nachbarschaft von Bactriana ward nämlich ein Felsen durch Erdwälle und Mauern befestigt, um als Stützpunkt des Heeres zu dienen, und bald entstand daselbst ein Tempel der A. mit hinlänglicher weiblicher Priesterschaft, so dass die Stadt Zela in Pontus in der Nähe ganz von Priesterinnen bewohnt war, was wohl weiter nichts sagen will, als dass jedes Mädchen daselbst sich dem Dienste dieser Göttin widmete. Strabo erzählt: "Wenn die Mädchen eine Zeitlang in dem Tempel der Göttin sich ihrem Dienste gewidmet hätten, würden sie verheirathet, und Niemand halte es für eine Schande, solch ein Mädchen, das Jahrelang sich einem Jeden preisgegeben, zur Gattin zu wählen." - Der eigentliche Begriff der A. ist schon aus dem Grunde schwer zu bestimmen, weil wir nur griechisch-römische Berichte über sie haben. Wenn wir uns aber an den allgemeinen Charakter der asiatischen Naturreligion erinnern, der immer ein männliches und ein weibliches Princip alles Naturlebens neben einander setzt (Wischnu und Bhavani, Baal und Astarte, Isis und Osiris, Venus und Adonis, Attes und Cybele); wenn wir ferner beachten, dass A. ihr Heiligthum mit zwei männlichen Dämonen Omanus und Anadatus theilt, so kann wohl auch hier bloss wieder eine weitere Form jener allgemeinen asiatischen Naturanschauung gefunden werden. Thessalien, blendete seinen Sohn Phönix wegen der angeführten Beschuldigung, und wurde von Hercules erschlagen, dem er den Durchmarsch durch sein Land und die Hand seiner Tochter Astydamia verweigerte. Nach einer dritten Sage war er Beherrscher der Doloper, wurde von Peleus im Kriege besiegt und musste ihm seinen Sohn Crantor als Geisel geben, der später des Peleus Waffenträger wurde. Amythaon (Gr. M.), Sohn des Cretheus, Erbauers und Beherrschers von Jolcus, der sich mit der Tochter seines Bruders Salmoneus, Tyro, vermählt hatte, welche ihm die Söhne Aeson, Amythaon und Pheres, und eine Tochter Hippolyta gebar. A. war der Begleiter des Jason, als dieser gegen Pelias die Ansprüche seines Vaters Aeson auf den Thron von Jolcus geltend machen wollte. Schon früher hatte er sich mit seines Bruders Pheres Tochter, Idomene, vermählt. Dieser Ehe entsprossten Melampus, Bias und Aeolia, mit welcher letztern sich Calydon, des Aetolus und der Pronoë Sohn, verband, der von ihr Epicaste und Protogenia zu Töchtern erhielt. Man nennt den A. auch unter den Erneuerern der olympischen Spiele. Fig. 24. Ana (Bras. M.), Name eines bösen Dämons, welcher in den finstern Urwäldern in Höhlen wohnt, und welchen die wilden Völker Brasiliens sehr fürchten. Anaea (Gr. M.), eine Amazone, welche in Carien, in dem Orte A., begraben lag. Sie fiel im Kampfe gegen Hercules; zu ihrem Andenken gab man jenem Städtchen ihren Namen. Anacalypterien (Gr. Festbrauch), die Festlichkeiten, welche an dem Tage gehalten wurden, an welchem die Braut sich zum ersten Male ohne Schleier zeigte, wobei sie von dem Bräutigam, den Aeltern und den sie besuchenden Freunden Geschenke bekam. Die Geschenke selbst hiessen ebenso. Anacea (Gr. M.), Feste, welche den Dioscuren als Herrschern, Anakten, unter manchfaltigen Opfern begangen wurden. Der Tempel dieser Götter in Athen hiess selbst Anaceum, das Herrenhaus. In Argos hatten sie einen Tempel, worin die Bildsäulen ihrer Gattinnen Hilaira und Phöbe, und ihrer Söhne Anaxis und Mnasinous aus Ebenholz, Werke der Künstler Dipönus und Scyllis, aufgestellt waren. Anactotelestae (Gr. M.), hiessen die Vorsteher in den Mysterien der Corybanten. Anadyomene, Fig. 24 (Gr. M.), »die Auftauchende«, Beiname der Venus, welche, aus Schaum geboren, die dem Meere Entstiegene genannt wurde. Apelles hatte diesen Moment in einem Gemälde dargestellt, das die höchste Bewunderung der alten Welt genoss. Venus, unbekleidet, drückte ihre triefenden Haare mit der Hand aus, ein Motiv, das man in der bei Pontailliers im Jahre 1802 gefundenen Bronze-Statue der Venus wieder erkennt, wovon wir hier eine Nachbildung geben. Das Bild des Apelles wurde von den Bewohnern der Insel Cos im Tempel des Aesculap als ihr höchstes Kleinod bewahrt. Es hatte schon an seinem untern Theile etwas gelitten, als der Kaiser Augustus dasselbe sah, und um den ungeheuren Preis von 100 Talenten (= 150,000 Thalern) kaufte. Anagnidagdas (Ind. M.), Vorältern der Braminen, welche nicht durch das Feuer verzehrt werden können. Anagogia (Gr. M.), »Fest der Abreise«. Solche wurden mehreren Göttern gefeiert, welche verschiedene Hauptsitze ihrer Verehrung hatten, und von denen man daher glaubte, dass sie sich bald da, bald dort aufhielten: am berühmtesten aber waren die A. der Venus auf dem Berge Eryx in Sicilien. Zu einer gewissen Zeit im Jahre flogen die zahlreichen Tauben der Umgegend hinweg, um, wie man glaubte, die Göttin, die sich jetzt nach Libyen begebe, zu begleiten, und man brachte daher der Göttin Opfer, welche ebenfalls A. hiessen. Nach neun Tagen kehrten die Tauben wieder, und an ihrer Spitze eine röthliche, besonders schön gezeichnete. Dann wurden die Catagogien gefeiert. (S. d.) Anahid (Pers. M.), Name des weiblichen Genius (Ized) des Morgen- und Abendsterns, welcher den Reigen der Sterne mit sonnenstrahlenbesaiteter Lyra anführt. Der Name ist aus dem indischen Anahut abgeleitet, welches das Pulsen des Blutes in den zugehaltenen Ohren bedeutet, worin der indische Derwisch den Pulsschlag der Sphären zu vernehmen glaubt. – A. war ursprünglich keine Göttin, sondern eine Sterbliche; zwei gefallene Engel, Harut und Marut, suchten sie zu verführen, doch die Jungfrau widerstand jeder Verlockung, und dafür ward sie der Ehre, eine Göttin zu sein, würdig befunden. Sie ward an den Himmel versetzt, wo nun ihre braunen, reichen Locken von Ambra und Moschus duften, und das ihre elfenbeinernen Glieder umschliessende Gewand im Glanze des Morgensternes schimmert. Anaideia (Gr. M.), »die Schamlosigkeit«, welcher man, um ihren Einfluss abzuwenden, zu Athen einen Tempel erbaute. Anaïtis (Pers. M.). Die Cappadocier, Armenier, Perser und Meder beteten unter diesem Namen eine Göttin der Liebe an, welche die Römer und Griechen mit Venus verglichen. Sie hatte zu Sacasene in Armenien ein Heiligthum, das sie mit zwei persischen Dämonen (Omanus und Anadatus) theilte, und das wahrscheinlich den persischen Heeren, vielleicht auch den grossen Handels – Carawanen zu Gefallen angelegt wurde. In der Nachbarschaft von Bactriana ward nämlich ein Felsen durch Erdwälle und Mauern befestigt, um als Stützpunkt des Heeres zu dienen, und bald entstand daselbst ein Tempel der A. mit hinlänglicher weiblicher Priesterschaft, so dass die Stadt Zela in Pontus in der Nähe ganz von Priesterinnen bewohnt war, was wohl weiter nichts sagen will, als dass jedes Mädchen daselbst sich dem Dienste dieser Göttin widmete. Strabo erzählt: »Wenn die Mädchen eine Zeitlang in dem Tempel der Göttin sich ihrem Dienste gewidmet hätten, würden sie verheirathet, und Niemand halte es für eine Schande, solch ein Mädchen, das Jahrelang sich einem Jeden preisgegeben, zur Gattin zu wählen.« – Der eigentliche Begriff der A. ist schon aus dem Grunde schwer zu bestimmen, weil wir nur griechisch-römische Berichte über sie haben. Wenn wir uns aber an den allgemeinen Charakter der asiatischen Naturreligion erinnern, der immer ein männliches und ein weibliches Princip alles Naturlebens neben einander setzt (Wischnu und Bhavani, Baal und Astarte, Isis und Osiris, Venus und Adonis, Attes und Cybele); wenn wir ferner beachten, dass A. ihr Heiligthum mit zwei männlichen Dämonen Omanus und Anadatus theilt, so kann wohl auch hier bloss wieder eine weitere Form jener allgemeinen asiatischen Naturanschauung gefunden werden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0112" n="42"/> Thessalien, blendete seinen Sohn Phönix wegen der angeführten Beschuldigung, und wurde von Hercules erschlagen, dem er den Durchmarsch durch sein Land und die Hand seiner Tochter Astydamia verweigerte. 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Strabo erzählt: »Wenn die Mädchen eine Zeitlang in dem Tempel der Göttin sich ihrem Dienste gewidmet hätten, würden sie verheirathet, und Niemand halte es für eine Schande, solch ein Mädchen, das Jahrelang sich einem Jeden preisgegeben, zur Gattin zu wählen.« – Der eigentliche Begriff der A. ist schon aus dem Grunde schwer zu bestimmen, weil wir nur griechisch-römische Berichte über sie haben. Wenn wir uns aber an den allgemeinen Charakter der asiatischen Naturreligion erinnern, der immer ein männliches und ein weibliches Princip alles Naturlebens neben einander setzt (Wischnu und Bhavani, Baal und Astarte, Isis und Osiris, Venus und Adonis, Attes und Cybele); wenn wir ferner beachten, dass A. ihr Heiligthum mit zwei männlichen Dämonen Omanus und Anadatus theilt, so kann wohl auch hier bloss wieder eine weitere Form jener allgemeinen asiatischen Naturanschauung gefunden werden.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [42/0112]
Thessalien, blendete seinen Sohn Phönix wegen der angeführten Beschuldigung, und wurde von Hercules erschlagen, dem er den Durchmarsch durch sein Land und die Hand seiner Tochter Astydamia verweigerte. Nach einer dritten Sage war er Beherrscher der Doloper, wurde von Peleus im Kriege besiegt und musste ihm seinen Sohn Crantor als Geisel geben, der später des Peleus Waffenträger wurde.
Amythaon (Gr. M.), Sohn des Cretheus, Erbauers und Beherrschers von Jolcus, der sich mit der Tochter seines Bruders Salmoneus, Tyro, vermählt hatte, welche ihm die Söhne Aeson, Amythaon und Pheres, und eine Tochter Hippolyta gebar. A. war der Begleiter des Jason, als dieser gegen Pelias die Ansprüche seines Vaters Aeson auf den Thron von Jolcus geltend machen wollte. Schon früher hatte er sich mit seines Bruders Pheres Tochter, Idomene, vermählt. Dieser Ehe entsprossten Melampus, Bias und Aeolia, mit welcher letztern sich Calydon, des Aetolus und der Pronoë Sohn, verband, der von ihr Epicaste und Protogenia zu Töchtern erhielt. Man nennt den A. auch unter den Erneuerern der olympischen Spiele.
[Abbildung Fig. 24.
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Ana (Bras. M.), Name eines bösen Dämons, welcher in den finstern Urwäldern in Höhlen wohnt, und welchen die wilden Völker Brasiliens sehr fürchten.
Anaea (Gr. M.), eine Amazone, welche in Carien, in dem Orte A., begraben lag. Sie fiel im Kampfe gegen Hercules; zu ihrem Andenken gab man jenem Städtchen ihren Namen.
Anacalypterien (Gr. Festbrauch), die Festlichkeiten, welche an dem Tage gehalten wurden, an welchem die Braut sich zum ersten Male ohne Schleier zeigte, wobei sie von dem Bräutigam, den Aeltern und den sie besuchenden Freunden Geschenke bekam. Die Geschenke selbst hiessen ebenso.
Anacea (Gr. M.), Feste, welche den Dioscuren als Herrschern, Anakten, unter manchfaltigen Opfern begangen wurden. Der Tempel dieser Götter in Athen hiess selbst Anaceum, das Herrenhaus. In Argos hatten sie einen Tempel, worin die Bildsäulen ihrer Gattinnen Hilaira und Phöbe, und ihrer Söhne Anaxis und Mnasinous aus Ebenholz, Werke der Künstler Dipönus und Scyllis, aufgestellt waren.
Anactotelestae (Gr. M.), hiessen die Vorsteher in den Mysterien der Corybanten.
Anadyomene, Fig. 24 (Gr. M.), »die Auftauchende«, Beiname der Venus, welche, aus Schaum geboren, die dem Meere Entstiegene genannt wurde. Apelles hatte diesen Moment in einem Gemälde dargestellt, das die höchste Bewunderung der alten Welt genoss. Venus, unbekleidet, drückte ihre triefenden Haare mit der Hand aus, ein Motiv, das man in der bei Pontailliers im Jahre 1802 gefundenen Bronze-Statue der Venus wieder erkennt, wovon wir hier eine Nachbildung geben. Das Bild des Apelles wurde von den Bewohnern der Insel Cos im Tempel des Aesculap als ihr höchstes Kleinod bewahrt. Es hatte schon an seinem untern Theile etwas gelitten, als der Kaiser Augustus dasselbe sah, und um den ungeheuren Preis von 100 Talenten (= 150,000 Thalern) kaufte.
Anagnidagdas (Ind. M.), Vorältern der Braminen, welche nicht durch das Feuer verzehrt werden können.
Anagogia (Gr. M.), »Fest der Abreise«. Solche wurden mehreren Göttern gefeiert, welche verschiedene Hauptsitze ihrer Verehrung hatten, und von denen man daher glaubte, dass sie sich bald da, bald dort aufhielten: am berühmtesten aber waren die A. der Venus auf dem Berge Eryx in Sicilien. Zu einer gewissen Zeit im Jahre flogen die zahlreichen Tauben der Umgegend hinweg, um, wie man glaubte, die Göttin, die sich jetzt nach Libyen begebe, zu begleiten, und man brachte daher der Göttin Opfer, welche ebenfalls A. hiessen. Nach neun Tagen kehrten die Tauben wieder, und an ihrer Spitze eine röthliche, besonders schön gezeichnete. Dann wurden die Catagogien gefeiert. (S. d.)
Anahid (Pers. M.), Name des weiblichen Genius (Ized) des Morgen- und Abendsterns, welcher den Reigen der Sterne mit sonnenstrahlenbesaiteter Lyra anführt. Der Name ist aus dem indischen Anahut abgeleitet, welches das Pulsen des Blutes in den zugehaltenen Ohren bedeutet, worin der indische Derwisch den Pulsschlag der Sphären zu vernehmen glaubt. – A. war ursprünglich keine Göttin, sondern eine Sterbliche; zwei gefallene Engel, Harut und Marut, suchten sie zu verführen, doch die Jungfrau widerstand jeder Verlockung, und dafür ward sie der Ehre, eine Göttin zu sein, würdig befunden. Sie ward an den Himmel versetzt, wo nun ihre braunen, reichen Locken von Ambra und Moschus duften, und das ihre elfenbeinernen Glieder umschliessende Gewand im Glanze des Morgensternes schimmert.
Anaideia (Gr. M.), »die Schamlosigkeit«, welcher man, um ihren Einfluss abzuwenden, zu Athen einen Tempel erbaute.
Anaïtis (Pers. M.). Die Cappadocier, Armenier, Perser und Meder beteten unter diesem Namen eine Göttin der Liebe an, welche die Römer und Griechen mit Venus verglichen. Sie hatte zu Sacasene in Armenien ein Heiligthum, das sie mit zwei persischen Dämonen (Omanus und Anadatus) theilte, und das wahrscheinlich den persischen Heeren, vielleicht auch den grossen Handels – Carawanen zu Gefallen angelegt wurde. In der Nachbarschaft von Bactriana ward nämlich ein Felsen durch Erdwälle und Mauern befestigt, um als Stützpunkt des Heeres zu dienen, und bald entstand daselbst ein Tempel der A. mit hinlänglicher weiblicher Priesterschaft, so dass die Stadt Zela in Pontus in der Nähe ganz von Priesterinnen bewohnt war, was wohl weiter nichts sagen will, als dass jedes Mädchen daselbst sich dem Dienste dieser Göttin widmete. Strabo erzählt: »Wenn die Mädchen eine Zeitlang in dem Tempel der Göttin sich ihrem Dienste gewidmet hätten, würden sie verheirathet, und Niemand halte es für eine Schande, solch ein Mädchen, das Jahrelang sich einem Jeden preisgegeben, zur Gattin zu wählen.« – Der eigentliche Begriff der A. ist schon aus dem Grunde schwer zu bestimmen, weil wir nur griechisch-römische Berichte über sie haben. Wenn wir uns aber an den allgemeinen Charakter der asiatischen Naturreligion erinnern, der immer ein männliches und ein weibliches Princip alles Naturlebens neben einander setzt (Wischnu und Bhavani, Baal und Astarte, Isis und Osiris, Venus und Adonis, Attes und Cybele); wenn wir ferner beachten, dass A. ihr Heiligthum mit zwei männlichen Dämonen Omanus und Anadatus theilt, so kann wohl auch hier bloss wieder eine weitere Form jener allgemeinen asiatischen Naturanschauung gefunden werden.
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