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Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

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ihren Begriffen, also am Anfang des ersten Viertels, wo er sich als feiner, sichelförmiger Streif am Abendhimmel zeigt), eilen sie aus ihren Hütten, betrachten ihn durch ein zusammengerolltes Pisangblatt und saugen damit einige Thautropfen auf, um sie in's Auge dringen zu lassen, welches sie für sehr stärkend halten.


Norax (Gr. M.), Sohn des Mercur von Erythea, der Tochter des Geryon, dem Hercules seine berühmten Heerden raubte.


Nord-America (Religiöse Ideen und Gebräuche der verschiedenen Völker in etc.). Es ist nicht wohl thunlich, alle die einzelnen kleinen Völkerschaften dieses ungeheuren Festlandes nach ihren Religionsgebräuchen zu trennen, weil sie zu viel Gemeinschaftliches mit einander haben, daher wir dieselben unter Eine Ueberschrift zusammenfassen. Sie theilen alle dieselben Ideen von einer Belebtheit der Sinnenwelt; sie glauben nicht, wie die Griechen, dass jeden Baum eine Dryas bewohne, allein sie glauben an Schutzgeister der Bäume und Wälder; nicht an jeder Quelle wohnt eine Nymphe, allein die Quellen, Bäche, Flüsse, Seen und Meere haben ihre verschiedenen, sie schirmenden Gottheiten: in Allem, was sich regt und bewegt, ist ein verborgenes Wesen, wirkt eine geheime Ursache, und nach der mehr oder minder auffallenden Veränderung oder Wirkung jeder Naturkraft in jeder Substanz sind die Inwohner derselben mehr oder minder mächtig, und insofern sie eben den Menschen zuträglich oder nachtheilig sind, gelten die Geister für gut oder böse. Alle diese Geister heissen bei den nördlich wohnenden Völkern Nant-e-na, die einzelnen Okki. Bei den Irokesen heisst die Gesammtheit der Geister Ayotkon oder Hondatkonsana, die einzelnen werden Manittu genannt. Als Herrscher über alle guten Geister verehren sie den Tharonhiaonagou, welcher der Enkel der Beherrscherin alles Bösen, der Atahentsik ist; beide wohnen im Lande der Seelen. Erhaben über diese beiden, wie über alle anderen Geister, steht der grosse Geist, der das königliche Vorrecht der Gnade ausübt, der so viel Gutes thun und gewähren kann, als er will, in dessen Macht jedoch nichts Böses steht, obwohl er alles Böse zu hindern im Stande ist; doch seiner Gnade freut sich nur der, welcher selbst das Gute thut und das Böse unterlässt. Sonne, Mond, Gestirne und die Naturkräfte sind auch Gegenstände der Anbetung; die scheinbar zürnenden Naturkräfte, Blitz, Sturm, Feuer, Hagel oder ihre Geister werden verehrt, Opfer werden ihnen gebracht, damit sie nicht zürnen; den guten Geistern geschieht das Gleiche aus Dankbarkeit. Man stellt sie sich unter den schönsten Menschengestalten vor, und die Gebildeteren unter diesen Söhnen der Natur glauben, man verehre in ihnen den grossen Geist, welcher keiner unmittelbaren Verehrung bedürfe, keine verlange. Im Traume sendet dieser grosse Geist den Menschen Schutzgeister, welche sie ihr ganzes Leben hindurch begleiten. Das Zeichen, unter welchem der Schutzgeist sich geoffenbart hat: ein Messer, ein Baum, eine Pfeife, ein Thier etc. wird dem Beschützten eingeätzt, und er bezeugt diesem stets eine hohe Verehrung, schreibt seine Unglücksfälle auch nicht dem mangelnden Schutz, sondern nur seiner Unwürdigkeit zu, daher die strenge Redlichkeit der meisten dieser Urvölker; doch, wie sie selbst den Tod und die Schmerzen verachten, so wollen sie diess auch an den Feinden, und glauben ihnen durch die ausgesuchtesten Qualen eine Ehre zu erzeigen. - Nur in Virginien findet man eine bildliche Darstellung höherer Wesen: eine nach Landessitte nur mit einem Schurz bekleidete menschliche Figur in sitzender Stellung, bunt bemalt; mehrere solche sind unter Dächern auf ihren Kirchhöfen aufgestellt, sie heissen Kiwasa und werden für die Beschützer der Todten gehalten. Im Süden von Nord-America hat der Cultus eine andere Gestalt angenommen: dort ist ein wirklicher Götzendienst eingeführt, dort sind Tempel und Priester, dort sind prachtvolle Aufzüge und blutige Opfer zu finden gewesen; im Norden hat man hievon keine Spur gefunden, einzelne Erhöhungen von Erde, gross, weit ausgedehnt, pyramidal aufgeführt, scheinen nach Allem, was man erkundet hat, die Basen gewesen zu sein, auf denen die Urvölker jener Gegenden ihre Dörfer und Städte anlegten, um sie zu befestigen. Opfer, Gebete, Bussübungen sind jedoch überall gebräuchlich; im Süden, in Florida, brachte man der Sonne jede männliche Erstgeburt zum Opfer, und diess zeigt schon den deutlichen Uebergang zu dem mexikanischen Cultus. - Bei allen gottesdienstlichen, politischen und freundschaftlichen Handlungen dieser Völker spielt die Tabakspfeife eine wichtige Rolle. Was für ein Vertrag auch geschlossen worden: - ist zum Zeichen seiner Gültigkeit die Friedenspfeife geraucht, so ist der Pact, auch ohne Schrift und Siegel, unverbrüchlich fest. Den Göttern wird an jedem Morgen der erste Zug aus der Pfeife dargebracht. Der Gastfreund wird zuerst mit der Pfeife bewirthet; der Gesandte des Feindes, der Feind selbst, sobald er die Pfeife bekommen hat, ist unverletzbar: ein Jeder erkennt die Heiligkeit des Pfandes. - Von einem Leben jenseits des Grabes sind sie überzeugt, daher zum grossen Theil ihre Moral; doch sind den Ideen dieser Völker natürlich auch die Ansichten angemessen, welche sie von dem Jenseits haben: sie glauben nämlich an eine Fortdauer des Lebens, wie sie es geführt haben, nur mit erhöheter Freude, mit allem möglichen Glück auf der Jagd, beim Fischfang und im Kriege; desshalb wird der Todte auch zur Jagd und zum Kriege mit Kleidern und Waffen, so wie mit Mundvorrath für die Reise, mit Pfeife und Tabak begraben, und nur wenige Abweichungen finden sich in den Gebräuchen, welche fast alle darauf hinauslaufen, dass die Freunde des Verstorbenen sich um ihn versammeln, eine Pfeife mit ihm rauchen, ihn auffordern, seine Thaten zu erzählen, und da er diess nicht thut, abwechselnd sein Lob singen, anführen, wie viel Feinde er erschlagen, wie viele Kopfhäute er abgezogen etc. Nun besuchen alle Freunde und Verwandte den Todten. Bei jedem neuen Besuch beginnt der Lobredner wieder seine Erzählung, rühmt des Todten Tapferkeit, die Anzahl der Feinde, deutet auf die Waffen, welche er erbeutet und welche neben ihm liegen, auf die Kopfhäute, welche an seinem Gürtel hängen und welche alle, so wie viele andere Geräthschaften, man ihm mit in das Grab gibt, und nöthigt dann die Besuchenden zum Niedersitzen und zur Theilnahme am Mahl, wovon dem Todten, der aufrecht in der Hütte sitzt, immer zuerst angeboten wird. Nach solcher Feierlichkeit verlassen die wandernden Americaner ihr Dorf und ziehen, ohne den Todten zu begraben, fort, wo er dann den wilden Thieren zum Raube bleibt, oder sie verbrennen ihn und nehmen, gleichfalls fortziehend, seine Asche mit; Andere dagegen, welche feste Wohnsitze haben, begraben ihre Todten auf verschiedene Weise: entweder sie höhlen ein rundes Loch aus, füllen die Seitenwände mit Binsen, mit Matten oder Moos aus und setzen den Todten aufrecht hinein, oder sie hüllen ihn in Palmblätter; auch legen sie ihn in lange, aus Blättern geflochtene Körbe und stellen ihn so aufrecht in eine Höhlung, welche in eine Seite ihres Begräbnissberges gemacht worden, oder sie vergraben ihn in die trockene Erde und lassen ihn drei, auch vier Jahre darin liegen, bis sie glauben, dass er ganz verwest und nur noch die Knochen übrig seien; dann wird der Todte ausgegraben, das Skelet gereinigt, gewaschen und nun in einem Blätterkorb auf den Friedhof zu den schon vorhandenen Gebeinen der früher Verstorbenen gesetzt. - Eine eigene Erscheinung, welche man nur bei den nordamericanischen Wilden findet, ist der freiwillige Tod, dem sich die alten Leute übergeben. Wenn sie krank werden, erwarten sie ihre letzte Stunde mit der grössten Fassung; ihre Aerzte sagen ihnen stets vorher, dass sie nicht im Stande seien, sie wieder herzustellen; dann macht der Sterbende, ohne im Mindesten erschüttert zu sein, die nöthigen Verordnungen, sagt, welche Speise man seinen Freunden vorsetzen soll, lässt sie vor seinen Augen bereiten, lehnt sich endlich an die Wand und stirbt lächelnd in Heiterkeit und ohne Furcht. Das ist der natürliche Tod. Alten Leuten aber, welche nicht mehr rüstig genug sind für Fischfang, Jagd und Krieg, wird das Leben zur Last und sie wünschen zu sterben. Gewöhnlich überträgt der Vater seinem liebsten Sohn das Amt, ihn mit der Keule zu erschlagen. Dann geht Vater und Sohn hinaus in den Wald, die Freunde und Verwandten folgen, einige Hunde werden getödtet, damit deren Seelen in das Land der Väter vorauseilen und die baldige Ankunft eines tapfern Kriegers anzeigen. Nun raucht der alte Mann die heilige Pfeife, unterhält sich mit seinen Freunden, sagt, wen von den Freunden seiner Jugend er jenseits zu treffen hoffe, isst und trinkt ein wenig, singt darauf seinen Todesgesang, und gibt dann dem Sohn ein Zeichen, worauf dieser ihm mit seiner Keule den Kopf zerschmettert

ihren Begriffen, also am Anfang des ersten Viertels, wo er sich als feiner, sichelförmiger Streif am Abendhimmel zeigt), eilen sie aus ihren Hütten, betrachten ihn durch ein zusammengerolltes Pisangblatt und saugen damit einige Thautropfen auf, um sie in's Auge dringen zu lassen, welches sie für sehr stärkend halten.


Norax (Gr. M.), Sohn des Mercur von Erythea, der Tochter des Geryon, dem Hercules seine berühmten Heerden raubte.


Nord-America (Religiöse Ideen und Gebräuche der verschiedenen Völker in etc.). Es ist nicht wohl thunlich, alle die einzelnen kleinen Völkerschaften dieses ungeheuren Festlandes nach ihren Religionsgebräuchen zu trennen, weil sie zu viel Gemeinschaftliches mit einander haben, daher wir dieselben unter Eine Ueberschrift zusammenfassen. Sie theilen alle dieselben Ideen von einer Belebtheit der Sinnenwelt; sie glauben nicht, wie die Griechen, dass jeden Baum eine Dryas bewohne, allein sie glauben an Schutzgeister der Bäume und Wälder; nicht an jeder Quelle wohnt eine Nymphe, allein die Quellen, Bäche, Flüsse, Seen und Meere haben ihre verschiedenen, sie schirmenden Gottheiten: in Allem, was sich regt und bewegt, ist ein verborgenes Wesen, wirkt eine geheime Ursache, und nach der mehr oder minder auffallenden Veränderung oder Wirkung jeder Naturkraft in jeder Substanz sind die Inwohner derselben mehr oder minder mächtig, und insofern sie eben den Menschen zuträglich oder nachtheilig sind, gelten die Geister für gut oder böse. Alle diese Geister heissen bei den nördlich wohnenden Völkern Nant-e-na, die einzelnen Okki. Bei den Irokesen heisst die Gesammtheit der Geister Ayotkon oder Hondatkonsana, die einzelnen werden Manittu genannt. Als Herrscher über alle guten Geister verehren sie den Tharonhiaonagou, welcher der Enkel der Beherrscherin alles Bösen, der Atahentsik ist; beide wohnen im Lande der Seelen. Erhaben über diese beiden, wie über alle anderen Geister, steht der grosse Geist, der das königliche Vorrecht der Gnade ausübt, der so viel Gutes thun und gewähren kann, als er will, in dessen Macht jedoch nichts Böses steht, obwohl er alles Böse zu hindern im Stande ist; doch seiner Gnade freut sich nur der, welcher selbst das Gute thut und das Böse unterlässt. Sonne, Mond, Gestirne und die Naturkräfte sind auch Gegenstände der Anbetung; die scheinbar zürnenden Naturkräfte, Blitz, Sturm, Feuer, Hagel oder ihre Geister werden verehrt, Opfer werden ihnen gebracht, damit sie nicht zürnen; den guten Geistern geschieht das Gleiche aus Dankbarkeit. Man stellt sie sich unter den schönsten Menschengestalten vor, und die Gebildeteren unter diesen Söhnen der Natur glauben, man verehre in ihnen den grossen Geist, welcher keiner unmittelbaren Verehrung bedürfe, keine verlange. Im Traume sendet dieser grosse Geist den Menschen Schutzgeister, welche sie ihr ganzes Leben hindurch begleiten. Das Zeichen, unter welchem der Schutzgeist sich geoffenbart hat: ein Messer, ein Baum, eine Pfeife, ein Thier etc. wird dem Beschützten eingeätzt, und er bezeugt diesem stets eine hohe Verehrung, schreibt seine Unglücksfälle auch nicht dem mangelnden Schutz, sondern nur seiner Unwürdigkeit zu, daher die strenge Redlichkeit der meisten dieser Urvölker; doch, wie sie selbst den Tod und die Schmerzen verachten, so wollen sie diess auch an den Feinden, und glauben ihnen durch die ausgesuchtesten Qualen eine Ehre zu erzeigen. – Nur in Virginien findet man eine bildliche Darstellung höherer Wesen: eine nach Landessitte nur mit einem Schurz bekleidete menschliche Figur in sitzender Stellung, bunt bemalt; mehrere solche sind unter Dächern auf ihren Kirchhöfen aufgestellt, sie heissen Kiwasa und werden für die Beschützer der Todten gehalten. Im Süden von Nord-America hat der Cultus eine andere Gestalt angenommen: dort ist ein wirklicher Götzendienst eingeführt, dort sind Tempel und Priester, dort sind prachtvolle Aufzüge und blutige Opfer zu finden gewesen; im Norden hat man hievon keine Spur gefunden, einzelne Erhöhungen von Erde, gross, weit ausgedehnt, pyramidal aufgeführt, scheinen nach Allem, was man erkundet hat, die Basen gewesen zu sein, auf denen die Urvölker jener Gegenden ihre Dörfer und Städte anlegten, um sie zu befestigen. Opfer, Gebete, Bussübungen sind jedoch überall gebräuchlich; im Süden, in Florida, brachte man der Sonne jede männliche Erstgeburt zum Opfer, und diess zeigt schon den deutlichen Uebergang zu dem mexikanischen Cultus. – Bei allen gottesdienstlichen, politischen und freundschaftlichen Handlungen dieser Völker spielt die Tabakspfeife eine wichtige Rolle. Was für ein Vertrag auch geschlossen worden: – ist zum Zeichen seiner Gültigkeit die Friedenspfeife geraucht, so ist der Pact, auch ohne Schrift und Siegel, unverbrüchlich fest. Den Göttern wird an jedem Morgen der erste Zug aus der Pfeife dargebracht. Der Gastfreund wird zuerst mit der Pfeife bewirthet; der Gesandte des Feindes, der Feind selbst, sobald er die Pfeife bekommen hat, ist unverletzbar: ein Jeder erkennt die Heiligkeit des Pfandes. – Von einem Leben jenseits des Grabes sind sie überzeugt, daher zum grossen Theil ihre Moral; doch sind den Ideen dieser Völker natürlich auch die Ansichten angemessen, welche sie von dem Jenseits haben: sie glauben nämlich an eine Fortdauer des Lebens, wie sie es geführt haben, nur mit erhöheter Freude, mit allem möglichen Glück auf der Jagd, beim Fischfang und im Kriege; desshalb wird der Todte auch zur Jagd und zum Kriege mit Kleidern und Waffen, so wie mit Mundvorrath für die Reise, mit Pfeife und Tabak begraben, und nur wenige Abweichungen finden sich in den Gebräuchen, welche fast alle darauf hinauslaufen, dass die Freunde des Verstorbenen sich um ihn versammeln, eine Pfeife mit ihm rauchen, ihn auffordern, seine Thaten zu erzählen, und da er diess nicht thut, abwechselnd sein Lob singen, anführen, wie viel Feinde er erschlagen, wie viele Kopfhäute er abgezogen etc. Nun besuchen alle Freunde und Verwandte den Todten. Bei jedem neuen Besuch beginnt der Lobredner wieder seine Erzählung, rühmt des Todten Tapferkeit, die Anzahl der Feinde, deutet auf die Waffen, welche er erbeutet und welche neben ihm liegen, auf die Kopfhäute, welche an seinem Gürtel hängen und welche alle, so wie viele andere Geräthschaften, man ihm mit in das Grab gibt, und nöthigt dann die Besuchenden zum Niedersitzen und zur Theilnahme am Mahl, wovon dem Todten, der aufrecht in der Hütte sitzt, immer zuerst angeboten wird. Nach solcher Feierlichkeit verlassen die wandernden Americaner ihr Dorf und ziehen, ohne den Todten zu begraben, fort, wo er dann den wilden Thieren zum Raube bleibt, oder sie verbrennen ihn und nehmen, gleichfalls fortziehend, seine Asche mit; Andere dagegen, welche feste Wohnsitze haben, begraben ihre Todten auf verschiedene Weise: entweder sie höhlen ein rundes Loch aus, füllen die Seitenwände mit Binsen, mit Matten oder Moos aus und setzen den Todten aufrecht hinein, oder sie hüllen ihn in Palmblätter; auch legen sie ihn in lange, aus Blättern geflochtene Körbe und stellen ihn so aufrecht in eine Höhlung, welche in eine Seite ihres Begräbnissberges gemacht worden, oder sie vergraben ihn in die trockene Erde und lassen ihn drei, auch vier Jahre darin liegen, bis sie glauben, dass er ganz verwest und nur noch die Knochen übrig seien; dann wird der Todte ausgegraben, das Skelet gereinigt, gewaschen und nun in einem Blätterkorb auf den Friedhof zu den schon vorhandenen Gebeinen der früher Verstorbenen gesetzt. – Eine eigene Erscheinung, welche man nur bei den nordamericanischen Wilden findet, ist der freiwillige Tod, dem sich die alten Leute übergeben. Wenn sie krank werden, erwarten sie ihre letzte Stunde mit der grössten Fassung; ihre Aerzte sagen ihnen stets vorher, dass sie nicht im Stande seien, sie wieder herzustellen; dann macht der Sterbende, ohne im Mindesten erschüttert zu sein, die nöthigen Verordnungen, sagt, welche Speise man seinen Freunden vorsetzen soll, lässt sie vor seinen Augen bereiten, lehnt sich endlich an die Wand und stirbt lächelnd in Heiterkeit und ohne Furcht. Das ist der natürliche Tod. Alten Leuten aber, welche nicht mehr rüstig genug sind für Fischfang, Jagd und Krieg, wird das Leben zur Last und sie wünschen zu sterben. Gewöhnlich überträgt der Vater seinem liebsten Sohn das Amt, ihn mit der Keule zu erschlagen. Dann geht Vater und Sohn hinaus in den Wald, die Freunde und Verwandten folgen, einige Hunde werden getödtet, damit deren Seelen in das Land der Väter vorauseilen und die baldige Ankunft eines tapfern Kriegers anzeigen. Nun raucht der alte Mann die heilige Pfeife, unterhält sich mit seinen Freunden, sagt, wen von den Freunden seiner Jugend er jenseits zu treffen hoffe, isst und trinkt ein wenig, singt darauf seinen Todesgesang, und gibt dann dem Sohn ein Zeichen, worauf dieser ihm mit seiner Keule den Kopf zerschmettert

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Sie theilen alle dieselben Ideen von einer Belebtheit der Sinnenwelt; sie glauben nicht, wie die Griechen, dass jeden Baum eine Dryas bewohne, allein sie glauben an Schutzgeister der Bäume und Wälder; nicht an jeder Quelle wohnt eine Nymphe, allein die Quellen, Bäche, Flüsse, Seen und Meere haben ihre verschiedenen, sie schirmenden Gottheiten: in Allem, was sich regt und bewegt, ist ein verborgenes Wesen, wirkt eine geheime Ursache, und nach der mehr oder minder auffallenden Veränderung oder Wirkung jeder Naturkraft in jeder Substanz sind die Inwohner derselben mehr oder minder mächtig, und insofern sie eben den Menschen zuträglich oder nachtheilig sind, gelten die Geister für gut oder böse. Alle diese Geister heissen bei den nördlich wohnenden Völkern Nant-e-na, die einzelnen Okki. Bei den Irokesen heisst die Gesammtheit der Geister Ayotkon oder Hondatkonsana, die einzelnen werden Manittu genannt. Als Herrscher über alle guten Geister verehren sie den Tharonhiaonagou, welcher der Enkel der Beherrscherin alles Bösen, der Atahentsik ist; beide wohnen im Lande der Seelen. Erhaben über diese beiden, wie über alle anderen Geister, steht der grosse Geist, der das königliche Vorrecht der Gnade ausübt, der so viel Gutes thun und gewähren kann, als er will, in dessen Macht jedoch nichts Böses steht, obwohl er alles Böse zu hindern im Stande ist; doch seiner Gnade freut sich nur der, welcher selbst das Gute thut und das Böse unterlässt. Sonne, Mond, Gestirne und die Naturkräfte sind auch Gegenstände der Anbetung; die scheinbar zürnenden Naturkräfte, Blitz, Sturm, Feuer, Hagel oder ihre Geister werden verehrt, Opfer werden ihnen gebracht, damit sie nicht zürnen; den guten Geistern geschieht das Gleiche aus Dankbarkeit. Man stellt sie sich unter den schönsten Menschengestalten vor, und die Gebildeteren unter diesen Söhnen der Natur glauben, man verehre in ihnen den grossen Geist, welcher keiner unmittelbaren Verehrung bedürfe, keine verlange. Im Traume sendet dieser grosse Geist den Menschen Schutzgeister, welche sie ihr ganzes Leben hindurch begleiten. Das Zeichen, unter welchem der Schutzgeist sich geoffenbart hat: ein Messer, ein Baum, eine Pfeife, ein Thier etc. wird dem Beschützten eingeätzt, und er bezeugt diesem stets eine hohe Verehrung, schreibt seine Unglücksfälle auch nicht dem mangelnden Schutz, sondern nur seiner Unwürdigkeit zu, daher die strenge Redlichkeit der meisten dieser Urvölker; doch, wie sie selbst den Tod und die Schmerzen verachten, so wollen sie diess auch an den Feinden, und glauben ihnen durch die ausgesuchtesten Qualen eine Ehre zu erzeigen. &#x2013; Nur in Virginien findet man eine bildliche Darstellung höherer Wesen: eine nach Landessitte nur mit einem Schurz bekleidete menschliche Figur in sitzender Stellung, bunt bemalt; mehrere solche sind unter Dächern auf ihren Kirchhöfen aufgestellt, sie heissen Kiwasa und werden für die Beschützer der Todten gehalten. Im Süden von Nord-America hat der Cultus eine andere Gestalt angenommen: dort ist ein wirklicher Götzendienst eingeführt, dort sind Tempel und Priester, dort sind prachtvolle Aufzüge und blutige Opfer zu finden gewesen; im Norden hat man hievon keine Spur gefunden, einzelne Erhöhungen von Erde, gross, weit ausgedehnt, pyramidal aufgeführt, scheinen nach Allem, was man erkundet hat, die Basen gewesen zu sein, auf denen die Urvölker jener Gegenden ihre Dörfer und Städte anlegten, um sie zu befestigen. Opfer, Gebete, Bussübungen sind jedoch überall gebräuchlich; im Süden, in Florida, brachte man der Sonne jede männliche Erstgeburt zum Opfer, und diess zeigt schon den deutlichen Uebergang zu dem mexikanischen Cultus. &#x2013; Bei allen gottesdienstlichen, politischen und freundschaftlichen Handlungen dieser Völker spielt die Tabakspfeife eine wichtige Rolle. Was für ein Vertrag auch geschlossen worden: &#x2013; ist zum Zeichen seiner Gültigkeit die Friedenspfeife geraucht, so ist der Pact, auch ohne Schrift und Siegel, unverbrüchlich fest. Den Göttern wird an jedem Morgen der erste Zug aus der Pfeife dargebracht. Der Gastfreund wird zuerst mit der Pfeife bewirthet; der Gesandte des Feindes, der Feind selbst, sobald er die Pfeife bekommen hat, ist unverletzbar: ein Jeder erkennt die Heiligkeit des Pfandes. &#x2013; Von einem Leben jenseits des Grabes sind sie überzeugt, daher zum grossen Theil ihre Moral; doch sind den Ideen dieser Völker natürlich auch die Ansichten angemessen, welche sie von dem Jenseits haben: sie glauben nämlich an eine Fortdauer des Lebens, wie sie es geführt haben, nur mit erhöheter Freude, mit allem möglichen Glück auf der Jagd, beim Fischfang und im Kriege; desshalb wird der Todte auch zur Jagd und zum Kriege mit Kleidern und Waffen, so wie mit Mundvorrath für die Reise, mit Pfeife und Tabak begraben, und nur wenige Abweichungen finden sich in den Gebräuchen, welche fast alle darauf hinauslaufen, dass die Freunde des Verstorbenen sich um ihn versammeln, eine Pfeife mit ihm rauchen, ihn auffordern, seine Thaten zu erzählen, und da er diess nicht thut, abwechselnd sein Lob singen, anführen, wie viel Feinde er erschlagen, wie viele Kopfhäute er abgezogen etc. Nun besuchen alle Freunde und Verwandte den Todten. Bei jedem neuen Besuch beginnt der Lobredner wieder seine Erzählung, rühmt des Todten Tapferkeit, die Anzahl der Feinde, deutet auf die Waffen, welche er erbeutet und welche neben ihm liegen, auf die Kopfhäute, welche an seinem Gürtel hängen und welche alle, so wie viele andere Geräthschaften, man ihm mit in das Grab gibt, und nöthigt dann die Besuchenden zum Niedersitzen und zur Theilnahme am Mahl, wovon dem Todten, der aufrecht in der Hütte sitzt, immer zuerst angeboten wird. Nach solcher Feierlichkeit verlassen die wandernden Americaner ihr Dorf und ziehen, ohne den Todten zu begraben, fort, wo er dann den wilden Thieren zum Raube bleibt, oder sie verbrennen ihn und nehmen, gleichfalls fortziehend, seine Asche mit; Andere dagegen, welche feste Wohnsitze haben, begraben ihre Todten auf verschiedene Weise: entweder sie höhlen ein rundes Loch aus, füllen die Seitenwände mit Binsen, mit Matten oder Moos aus und setzen den Todten aufrecht hinein, oder sie hüllen ihn in Palmblätter; auch legen sie ihn in lange, aus Blättern geflochtene Körbe und stellen ihn so aufrecht in eine Höhlung, welche in eine Seite ihres Begräbnissberges gemacht worden, oder sie vergraben ihn in die trockene Erde und lassen ihn drei, auch vier Jahre darin liegen, bis sie glauben, dass er ganz verwest und nur noch die Knochen übrig seien; dann wird der Todte ausgegraben, das Skelet gereinigt, gewaschen und nun in einem Blätterkorb auf den Friedhof zu den schon vorhandenen Gebeinen der früher Verstorbenen gesetzt. &#x2013; Eine eigene Erscheinung, welche man nur bei den nordamericanischen Wilden findet, ist der freiwillige Tod, dem sich die alten Leute übergeben. Wenn sie krank werden, erwarten sie ihre letzte Stunde mit der grössten Fassung; ihre Aerzte sagen ihnen stets vorher, dass sie nicht im Stande seien, sie wieder herzustellen; dann macht der Sterbende, ohne im Mindesten erschüttert zu sein, die nöthigen Verordnungen, sagt, welche Speise man seinen Freunden vorsetzen soll, lässt sie vor seinen Augen bereiten, lehnt sich endlich an die Wand und stirbt lächelnd in Heiterkeit und ohne Furcht. Das ist der natürliche Tod. Alten Leuten aber, welche nicht mehr rüstig genug sind für Fischfang, Jagd und Krieg, wird das Leben zur Last und sie wünschen zu sterben. Gewöhnlich überträgt der Vater seinem liebsten Sohn das Amt, ihn mit der Keule zu erschlagen. Dann geht Vater und Sohn hinaus in den Wald, die Freunde und Verwandten folgen, einige Hunde werden getödtet, damit deren Seelen in das Land der Väter vorauseilen und die baldige Ankunft eines tapfern Kriegers anzeigen. Nun raucht der alte Mann die heilige Pfeife, unterhält sich mit seinen Freunden, sagt, wen von den Freunden seiner Jugend er jenseits zu treffen hoffe, isst und trinkt ein wenig, singt darauf seinen Todesgesang, und gibt dann dem Sohn ein Zeichen, worauf dieser ihm mit seiner Keule den Kopf zerschmettert
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[353/0423] ihren Begriffen, also am Anfang des ersten Viertels, wo er sich als feiner, sichelförmiger Streif am Abendhimmel zeigt), eilen sie aus ihren Hütten, betrachten ihn durch ein zusammengerolltes Pisangblatt und saugen damit einige Thautropfen auf, um sie in's Auge dringen zu lassen, welches sie für sehr stärkend halten. Norax (Gr. M.), Sohn des Mercur von Erythea, der Tochter des Geryon, dem Hercules seine berühmten Heerden raubte. Nord-America (Religiöse Ideen und Gebräuche der verschiedenen Völker in etc.). Es ist nicht wohl thunlich, alle die einzelnen kleinen Völkerschaften dieses ungeheuren Festlandes nach ihren Religionsgebräuchen zu trennen, weil sie zu viel Gemeinschaftliches mit einander haben, daher wir dieselben unter Eine Ueberschrift zusammenfassen. Sie theilen alle dieselben Ideen von einer Belebtheit der Sinnenwelt; sie glauben nicht, wie die Griechen, dass jeden Baum eine Dryas bewohne, allein sie glauben an Schutzgeister der Bäume und Wälder; nicht an jeder Quelle wohnt eine Nymphe, allein die Quellen, Bäche, Flüsse, Seen und Meere haben ihre verschiedenen, sie schirmenden Gottheiten: in Allem, was sich regt und bewegt, ist ein verborgenes Wesen, wirkt eine geheime Ursache, und nach der mehr oder minder auffallenden Veränderung oder Wirkung jeder Naturkraft in jeder Substanz sind die Inwohner derselben mehr oder minder mächtig, und insofern sie eben den Menschen zuträglich oder nachtheilig sind, gelten die Geister für gut oder böse. Alle diese Geister heissen bei den nördlich wohnenden Völkern Nant-e-na, die einzelnen Okki. Bei den Irokesen heisst die Gesammtheit der Geister Ayotkon oder Hondatkonsana, die einzelnen werden Manittu genannt. Als Herrscher über alle guten Geister verehren sie den Tharonhiaonagou, welcher der Enkel der Beherrscherin alles Bösen, der Atahentsik ist; beide wohnen im Lande der Seelen. Erhaben über diese beiden, wie über alle anderen Geister, steht der grosse Geist, der das königliche Vorrecht der Gnade ausübt, der so viel Gutes thun und gewähren kann, als er will, in dessen Macht jedoch nichts Böses steht, obwohl er alles Böse zu hindern im Stande ist; doch seiner Gnade freut sich nur der, welcher selbst das Gute thut und das Böse unterlässt. Sonne, Mond, Gestirne und die Naturkräfte sind auch Gegenstände der Anbetung; die scheinbar zürnenden Naturkräfte, Blitz, Sturm, Feuer, Hagel oder ihre Geister werden verehrt, Opfer werden ihnen gebracht, damit sie nicht zürnen; den guten Geistern geschieht das Gleiche aus Dankbarkeit. Man stellt sie sich unter den schönsten Menschengestalten vor, und die Gebildeteren unter diesen Söhnen der Natur glauben, man verehre in ihnen den grossen Geist, welcher keiner unmittelbaren Verehrung bedürfe, keine verlange. Im Traume sendet dieser grosse Geist den Menschen Schutzgeister, welche sie ihr ganzes Leben hindurch begleiten. Das Zeichen, unter welchem der Schutzgeist sich geoffenbart hat: ein Messer, ein Baum, eine Pfeife, ein Thier etc. wird dem Beschützten eingeätzt, und er bezeugt diesem stets eine hohe Verehrung, schreibt seine Unglücksfälle auch nicht dem mangelnden Schutz, sondern nur seiner Unwürdigkeit zu, daher die strenge Redlichkeit der meisten dieser Urvölker; doch, wie sie selbst den Tod und die Schmerzen verachten, so wollen sie diess auch an den Feinden, und glauben ihnen durch die ausgesuchtesten Qualen eine Ehre zu erzeigen. – Nur in Virginien findet man eine bildliche Darstellung höherer Wesen: eine nach Landessitte nur mit einem Schurz bekleidete menschliche Figur in sitzender Stellung, bunt bemalt; mehrere solche sind unter Dächern auf ihren Kirchhöfen aufgestellt, sie heissen Kiwasa und werden für die Beschützer der Todten gehalten. Im Süden von Nord-America hat der Cultus eine andere Gestalt angenommen: dort ist ein wirklicher Götzendienst eingeführt, dort sind Tempel und Priester, dort sind prachtvolle Aufzüge und blutige Opfer zu finden gewesen; im Norden hat man hievon keine Spur gefunden, einzelne Erhöhungen von Erde, gross, weit ausgedehnt, pyramidal aufgeführt, scheinen nach Allem, was man erkundet hat, die Basen gewesen zu sein, auf denen die Urvölker jener Gegenden ihre Dörfer und Städte anlegten, um sie zu befestigen. Opfer, Gebete, Bussübungen sind jedoch überall gebräuchlich; im Süden, in Florida, brachte man der Sonne jede männliche Erstgeburt zum Opfer, und diess zeigt schon den deutlichen Uebergang zu dem mexikanischen Cultus. – Bei allen gottesdienstlichen, politischen und freundschaftlichen Handlungen dieser Völker spielt die Tabakspfeife eine wichtige Rolle. Was für ein Vertrag auch geschlossen worden: – ist zum Zeichen seiner Gültigkeit die Friedenspfeife geraucht, so ist der Pact, auch ohne Schrift und Siegel, unverbrüchlich fest. Den Göttern wird an jedem Morgen der erste Zug aus der Pfeife dargebracht. Der Gastfreund wird zuerst mit der Pfeife bewirthet; der Gesandte des Feindes, der Feind selbst, sobald er die Pfeife bekommen hat, ist unverletzbar: ein Jeder erkennt die Heiligkeit des Pfandes. – Von einem Leben jenseits des Grabes sind sie überzeugt, daher zum grossen Theil ihre Moral; doch sind den Ideen dieser Völker natürlich auch die Ansichten angemessen, welche sie von dem Jenseits haben: sie glauben nämlich an eine Fortdauer des Lebens, wie sie es geführt haben, nur mit erhöheter Freude, mit allem möglichen Glück auf der Jagd, beim Fischfang und im Kriege; desshalb wird der Todte auch zur Jagd und zum Kriege mit Kleidern und Waffen, so wie mit Mundvorrath für die Reise, mit Pfeife und Tabak begraben, und nur wenige Abweichungen finden sich in den Gebräuchen, welche fast alle darauf hinauslaufen, dass die Freunde des Verstorbenen sich um ihn versammeln, eine Pfeife mit ihm rauchen, ihn auffordern, seine Thaten zu erzählen, und da er diess nicht thut, abwechselnd sein Lob singen, anführen, wie viel Feinde er erschlagen, wie viele Kopfhäute er abgezogen etc. Nun besuchen alle Freunde und Verwandte den Todten. Bei jedem neuen Besuch beginnt der Lobredner wieder seine Erzählung, rühmt des Todten Tapferkeit, die Anzahl der Feinde, deutet auf die Waffen, welche er erbeutet und welche neben ihm liegen, auf die Kopfhäute, welche an seinem Gürtel hängen und welche alle, so wie viele andere Geräthschaften, man ihm mit in das Grab gibt, und nöthigt dann die Besuchenden zum Niedersitzen und zur Theilnahme am Mahl, wovon dem Todten, der aufrecht in der Hütte sitzt, immer zuerst angeboten wird. Nach solcher Feierlichkeit verlassen die wandernden Americaner ihr Dorf und ziehen, ohne den Todten zu begraben, fort, wo er dann den wilden Thieren zum Raube bleibt, oder sie verbrennen ihn und nehmen, gleichfalls fortziehend, seine Asche mit; Andere dagegen, welche feste Wohnsitze haben, begraben ihre Todten auf verschiedene Weise: entweder sie höhlen ein rundes Loch aus, füllen die Seitenwände mit Binsen, mit Matten oder Moos aus und setzen den Todten aufrecht hinein, oder sie hüllen ihn in Palmblätter; auch legen sie ihn in lange, aus Blättern geflochtene Körbe und stellen ihn so aufrecht in eine Höhlung, welche in eine Seite ihres Begräbnissberges gemacht worden, oder sie vergraben ihn in die trockene Erde und lassen ihn drei, auch vier Jahre darin liegen, bis sie glauben, dass er ganz verwest und nur noch die Knochen übrig seien; dann wird der Todte ausgegraben, das Skelet gereinigt, gewaschen und nun in einem Blätterkorb auf den Friedhof zu den schon vorhandenen Gebeinen der früher Verstorbenen gesetzt. – Eine eigene Erscheinung, welche man nur bei den nordamericanischen Wilden findet, ist der freiwillige Tod, dem sich die alten Leute übergeben. Wenn sie krank werden, erwarten sie ihre letzte Stunde mit der grössten Fassung; ihre Aerzte sagen ihnen stets vorher, dass sie nicht im Stande seien, sie wieder herzustellen; dann macht der Sterbende, ohne im Mindesten erschüttert zu sein, die nöthigen Verordnungen, sagt, welche Speise man seinen Freunden vorsetzen soll, lässt sie vor seinen Augen bereiten, lehnt sich endlich an die Wand und stirbt lächelnd in Heiterkeit und ohne Furcht. Das ist der natürliche Tod. Alten Leuten aber, welche nicht mehr rüstig genug sind für Fischfang, Jagd und Krieg, wird das Leben zur Last und sie wünschen zu sterben. Gewöhnlich überträgt der Vater seinem liebsten Sohn das Amt, ihn mit der Keule zu erschlagen. Dann geht Vater und Sohn hinaus in den Wald, die Freunde und Verwandten folgen, einige Hunde werden getödtet, damit deren Seelen in das Land der Väter vorauseilen und die baldige Ankunft eines tapfern Kriegers anzeigen. Nun raucht der alte Mann die heilige Pfeife, unterhält sich mit seinen Freunden, sagt, wen von den Freunden seiner Jugend er jenseits zu treffen hoffe, isst und trinkt ein wenig, singt darauf seinen Todesgesang, und gibt dann dem Sohn ein Zeichen, worauf dieser ihm mit seiner Keule den Kopf zerschmettert

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Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/423>, abgerufen am 22.11.2024.