geheim. Die Sage machte ihn zum Fündling, und als solchen, wollten die Gesetze, daß die Landespflege ihn erziehen ließ. Früh hatte man ihn in das große Knabenhaus gebracht, das am Meerstrande unweit Palermo angelegt war, und wo die sinnigen Vorsteher, bis zum zwölften Jahre, für die Entwicklung des Körpers durch Laufen, Ringen, Schwimmen und für die Stär¬ kung des Denkvermögens durch Gimnastik des Kalküls Sorge trugen. In vergangenen Jahr¬ hunderten würde auch der tiefsinnigste Geometer nicht geahnt haben, was im Felde der Rechnung junge Knaben hier schon vermogten. Allein es war überhaupt so weit damit gekommen, (zudem die mechanischen und optischen Handwerke so leicht durch Maschinen, so einfach durch neue Ent¬ deckungen, so allgemein bekannt durch Schulen), daß Hirten, welche die Sternkunde gleich ihren Altvätern wieder trieben, sich bei Tage Teleskope fertigten, zur Nacht den Himmel beobachteten, und die Finsternisse der vielen neugewahrten Pla¬ neten und ihrer Trabanten ausmittelten.
Von da ward Guido dem treuen Gelino übergeben, dessen Villa nicht weit von dem großen Lustgarten, der den Aetna einschließt, lag. Dieser
geheim. Die Sage machte ihn zum Fuͤndling, und als ſolchen, wollten die Geſetze, daß die Landespflege ihn erziehen ließ. Fruͤh hatte man ihn in das große Knabenhaus gebracht, das am Meerſtrande unweit Palermo angelegt war, und wo die ſinnigen Vorſteher, bis zum zwoͤlften Jahre, fuͤr die Entwicklung des Koͤrpers durch Laufen, Ringen, Schwimmen und fuͤr die Staͤr¬ kung des Denkvermoͤgens durch Gimnaſtik des Kalkuͤls Sorge trugen. In vergangenen Jahr¬ hunderten wuͤrde auch der tiefſinnigſte Geometer nicht geahnt haben, was im Felde der Rechnung junge Knaben hier ſchon vermogten. Allein es war uͤberhaupt ſo weit damit gekommen, (zudem die mechaniſchen und optiſchen Handwerke ſo leicht durch Maſchinen, ſo einfach durch neue Ent¬ deckungen, ſo allgemein bekannt durch Schulen), daß Hirten, welche die Sternkunde gleich ihren Altvaͤtern wieder trieben, ſich bei Tage Teleskope fertigten, zur Nacht den Himmel beobachteten, und die Finſterniſſe der vielen neugewahrten Pla¬ neten und ihrer Trabanten ausmittelten.
Von da ward Guido dem treuen Gelino uͤbergeben, deſſen Villa nicht weit von dem großen Luſtgarten, der den Aetna einſchließt, lag. Dieſer
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0016"n="4"/>
geheim. Die Sage machte ihn zum Fuͤndling,<lb/>
und als ſolchen, wollten die Geſetze, daß die<lb/>
Landespflege ihn erziehen ließ. Fruͤh hatte man<lb/>
ihn in das große Knabenhaus gebracht, das am<lb/>
Meerſtrande unweit Palermo angelegt war,<lb/>
und wo die ſinnigen Vorſteher, bis zum zwoͤlften<lb/>
Jahre, fuͤr die Entwicklung des Koͤrpers durch<lb/>
Laufen, Ringen, Schwimmen und fuͤr die Staͤr¬<lb/>
kung des Denkvermoͤgens durch Gimnaſtik des<lb/>
Kalkuͤls Sorge trugen. In vergangenen Jahr¬<lb/>
hunderten wuͤrde auch der tiefſinnigſte Geometer<lb/>
nicht geahnt haben, was im Felde der Rechnung<lb/>
junge Knaben hier ſchon vermogten. Allein es<lb/>
war uͤberhaupt ſo weit damit gekommen, (zudem<lb/>
die mechaniſchen und optiſchen Handwerke ſo leicht<lb/>
durch Maſchinen, ſo einfach durch neue Ent¬<lb/>
deckungen, ſo allgemein bekannt durch Schulen),<lb/>
daß Hirten, welche die Sternkunde gleich ihren<lb/>
Altvaͤtern wieder trieben, ſich bei Tage Teleskope<lb/>
fertigten, zur Nacht den Himmel beobachteten,<lb/>
und die Finſterniſſe der vielen neugewahrten Pla¬<lb/>
neten und ihrer Trabanten ausmittelten.</p><lb/><p>Von da ward Guido dem treuen Gelino<lb/>
uͤbergeben, deſſen Villa nicht weit von dem großen<lb/>
Luſtgarten, der den Aetna einſchließt, lag. Dieſer<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[4/0016]
geheim. Die Sage machte ihn zum Fuͤndling,
und als ſolchen, wollten die Geſetze, daß die
Landespflege ihn erziehen ließ. Fruͤh hatte man
ihn in das große Knabenhaus gebracht, das am
Meerſtrande unweit Palermo angelegt war,
und wo die ſinnigen Vorſteher, bis zum zwoͤlften
Jahre, fuͤr die Entwicklung des Koͤrpers durch
Laufen, Ringen, Schwimmen und fuͤr die Staͤr¬
kung des Denkvermoͤgens durch Gimnaſtik des
Kalkuͤls Sorge trugen. In vergangenen Jahr¬
hunderten wuͤrde auch der tiefſinnigſte Geometer
nicht geahnt haben, was im Felde der Rechnung
junge Knaben hier ſchon vermogten. Allein es
war uͤberhaupt ſo weit damit gekommen, (zudem
die mechaniſchen und optiſchen Handwerke ſo leicht
durch Maſchinen, ſo einfach durch neue Ent¬
deckungen, ſo allgemein bekannt durch Schulen),
daß Hirten, welche die Sternkunde gleich ihren
Altvaͤtern wieder trieben, ſich bei Tage Teleskope
fertigten, zur Nacht den Himmel beobachteten,
und die Finſterniſſe der vielen neugewahrten Pla¬
neten und ihrer Trabanten ausmittelten.
Von da ward Guido dem treuen Gelino
uͤbergeben, deſſen Villa nicht weit von dem großen
Luſtgarten, der den Aetna einſchließt, lag. Dieſer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/16>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.