Mann hatte, ehe er sich nach dem Wohnplatz der Ruhe zurückgezogen, am Hofe zu Rom ein Amt bekleidet und umfaßte die Kunst zarte Jünglinge auf die Bahnen der Tugend zu leiten, mit Liebe.
Der Kaiser, gewohnt, wenn ihn nicht wich¬ tigere Dinge abhielten, den lieblichen Februar auf Sizilien zu verleben, hatte den jungen Guido gesehn -- wie es schien -- Behagen an dem Knaben gefunden und ihm Fürsorge zugesagt. Ehrender Antrieb für ihn.
Doch möchte es vielleicht nicht gelungen sein, die mit Guidos flammender Lebenskraft verbundenen wilden Neigungen zeitig zu ent¬ waffnen, wenn nicht folgender Umstand hin¬ zugetreten wäre.
Neben Gelino wohnte seit einiger Zeit die edle Athania, Wittwe des afrikanischen Helden Medon. Sie hatte nach des Gatten Tode ihren Sitz auf dem lieblichen Eilande genommen und eine Pflegetochter mitgebracht, über deren Ge¬ burt auch viele Dunkelheit lag.
Guido sah das Mädchen in seinem siebzehn¬ ten Jahre. Ini zählte kaum vierzehn, doch
Mann hatte, ehe er ſich nach dem Wohnplatz der Ruhe zuruͤckgezogen, am Hofe zu Rom ein Amt bekleidet und umfaßte die Kunſt zarte Juͤnglinge auf die Bahnen der Tugend zu leiten, mit Liebe.
Der Kaiſer, gewohnt, wenn ihn nicht wich¬ tigere Dinge abhielten, den lieblichen Februar auf Sizilien zu verleben, hatte den jungen Guido geſehn — wie es ſchien — Behagen an dem Knaben gefunden und ihm Fuͤrſorge zugeſagt. Ehrender Antrieb fuͤr ihn.
Doch moͤchte es vielleicht nicht gelungen ſein, die mit Guidos flammender Lebenskraft verbundenen wilden Neigungen zeitig zu ent¬ waffnen, wenn nicht folgender Umſtand hin¬ zugetreten waͤre.
Neben Gelino wohnte ſeit einiger Zeit die edle Athania, Wittwe des afrikaniſchen Helden Medon. Sie hatte nach des Gatten Tode ihren Sitz auf dem lieblichen Eilande genommen und eine Pflegetochter mitgebracht, uͤber deren Ge¬ burt auch viele Dunkelheit lag.
Guido ſah das Maͤdchen in ſeinem ſiebzehn¬ ten Jahre. Ini zaͤhlte kaum vierzehn, doch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0017"n="5"/>
Mann hatte, ehe er ſich nach dem Wohnplatz<lb/>
der Ruhe zuruͤckgezogen, am Hofe zu Rom ein<lb/>
Amt bekleidet und umfaßte die Kunſt zarte<lb/>
Juͤnglinge auf die Bahnen der Tugend zu leiten,<lb/>
mit Liebe.</p><lb/><p>Der Kaiſer, gewohnt, wenn ihn nicht wich¬<lb/>
tigere Dinge abhielten, den lieblichen Februar<lb/>
auf Sizilien zu verleben, hatte den jungen Guido<lb/>
geſehn — wie es ſchien — Behagen an dem Knaben<lb/>
gefunden und ihm Fuͤrſorge zugeſagt. Ehrender<lb/>
Antrieb fuͤr ihn.</p><lb/><p>Doch moͤchte es vielleicht nicht gelungen<lb/>ſein, die mit Guidos flammender Lebenskraft<lb/>
verbundenen wilden Neigungen zeitig zu ent¬<lb/>
waffnen, wenn nicht folgender Umſtand hin¬<lb/>
zugetreten waͤre.</p><lb/><p>Neben Gelino wohnte ſeit einiger Zeit die<lb/>
edle Athania, Wittwe des afrikaniſchen Helden<lb/>
Medon. Sie hatte nach des Gatten Tode ihren<lb/>
Sitz auf dem lieblichen Eilande genommen und<lb/>
eine Pflegetochter mitgebracht, uͤber deren Ge¬<lb/>
burt auch viele Dunkelheit lag.</p><lb/><p>Guido ſah das Maͤdchen in ſeinem ſiebzehn¬<lb/>
ten Jahre. Ini zaͤhlte kaum vierzehn, doch<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[5/0017]
Mann hatte, ehe er ſich nach dem Wohnplatz
der Ruhe zuruͤckgezogen, am Hofe zu Rom ein
Amt bekleidet und umfaßte die Kunſt zarte
Juͤnglinge auf die Bahnen der Tugend zu leiten,
mit Liebe.
Der Kaiſer, gewohnt, wenn ihn nicht wich¬
tigere Dinge abhielten, den lieblichen Februar
auf Sizilien zu verleben, hatte den jungen Guido
geſehn — wie es ſchien — Behagen an dem Knaben
gefunden und ihm Fuͤrſorge zugeſagt. Ehrender
Antrieb fuͤr ihn.
Doch moͤchte es vielleicht nicht gelungen
ſein, die mit Guidos flammender Lebenskraft
verbundenen wilden Neigungen zeitig zu ent¬
waffnen, wenn nicht folgender Umſtand hin¬
zugetreten waͤre.
Neben Gelino wohnte ſeit einiger Zeit die
edle Athania, Wittwe des afrikaniſchen Helden
Medon. Sie hatte nach des Gatten Tode ihren
Sitz auf dem lieblichen Eilande genommen und
eine Pflegetochter mitgebracht, uͤber deren Ge¬
burt auch viele Dunkelheit lag.
Guido ſah das Maͤdchen in ſeinem ſiebzehn¬
ten Jahre. Ini zaͤhlte kaum vierzehn, doch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/17>, abgerufen am 09.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.