seiner ganzen Reise nicht, als im Anblick dieser Feier. Er versenkte sich in die Vorstellung der Glückseligkeit jenes Patriarchen, hinschauend auf seine Nachwelt, rückblickend in die wonnevolle Vergangenheit eines Jahrhunderts häuslicher Eintracht. Und wie Liebe alles gern auf sich be¬ zieht, so träumte er mit hochwogendem Busen, ein Eheleben mit Ini von langer Dauer und am späten Lebensziele gekrönt von Urenkeln.
Sie langten bald darauf in der Gegend von Berlin an. Die Masten vieler See- und Strom¬ schiffe erhoben sich, einem Walde gleich, aus seinem breiten Hafen, mit leichten bunten Flag¬ gen geziert, spielend im frischen Abendwinde. Die schöne Bergkette, welche an einer Seite den großen Ort umgab, stellte eine lachende Ansicht dar, bepflanzt mit Weingärten, beschat¬ tet von Luftgehölzen und prangend mit heiteren Sommerwohnungen reicher Bürger.
Hier triumphirte, fing Gelino an, mensch¬ liche Kunst auf eine seltne Art über die wider¬ strebende Natur. Vor Jahrhunderten sah der Wanderer hier nur eine langweilende, kaum von unbedeutenden Erhöhungen, die nicht ein¬ mal Hügel, sondern Niederungsränder des
ſeiner ganzen Reiſe nicht, als im Anblick dieſer Feier. Er verſenkte ſich in die Vorſtellung der Gluͤckſeligkeit jenes Patriarchen, hinſchauend auf ſeine Nachwelt, ruͤckblickend in die wonnevolle Vergangenheit eines Jahrhunderts haͤuslicher Eintracht. Und wie Liebe alles gern auf ſich be¬ zieht, ſo traͤumte er mit hochwogendem Buſen, ein Eheleben mit Ini von langer Dauer und am ſpaͤten Lebensziele gekroͤnt von Urenkeln.
Sie langten bald darauf in der Gegend von Berlin an. Die Maſten vieler See- und Strom¬ ſchiffe erhoben ſich, einem Walde gleich, aus ſeinem breiten Hafen, mit leichten bunten Flag¬ gen geziert, ſpielend im friſchen Abendwinde. Die ſchoͤne Bergkette, welche an einer Seite den großen Ort umgab, ſtellte eine lachende Anſicht dar, bepflanzt mit Weingaͤrten, beſchat¬ tet von Luftgehoͤlzen und prangend mit heiteren Sommerwohnungen reicher Buͤrger.
Hier triumphirte, fing Gelino an, menſch¬ liche Kunſt auf eine ſeltne Art uͤber die wider¬ ſtrebende Natur. Vor Jahrhunderten ſah der Wanderer hier nur eine langweilende, kaum von unbedeutenden Erhoͤhungen, die nicht ein¬ mal Huͤgel, ſondern Niederungsraͤnder des
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ſeiner ganzen Reiſe nicht, als im Anblick dieſer
Feier. Er verſenkte ſich in die Vorſtellung der
Gluͤckſeligkeit jenes Patriarchen, hinſchauend auf
ſeine Nachwelt, ruͤckblickend in die wonnevolle
Vergangenheit eines Jahrhunderts haͤuslicher
Eintracht. Und wie Liebe alles gern auf ſich be¬
zieht, ſo traͤumte er mit hochwogendem Buſen,
ein Eheleben mit Ini von langer Dauer und
am ſpaͤten Lebensziele gekroͤnt von Urenkeln.
Sie langten bald darauf in der Gegend von
Berlin an. Die Maſten vieler See- und Strom¬
ſchiffe erhoben ſich, einem Walde gleich, aus
ſeinem breiten Hafen, mit leichten bunten Flag¬
gen geziert, ſpielend im friſchen Abendwinde.
Die ſchoͤne Bergkette, welche an einer Seite
den großen Ort umgab, ſtellte eine lachende
Anſicht dar, bepflanzt mit Weingaͤrten, beſchat¬
tet von Luftgehoͤlzen und prangend mit heiteren
Sommerwohnungen reicher Buͤrger.
Hier triumphirte, fing Gelino an, menſch¬
liche Kunſt auf eine ſeltne Art uͤber die wider¬
ſtrebende Natur. Vor Jahrhunderten ſah der
Wanderer hier nur eine langweilende, kaum
von unbedeutenden Erhoͤhungen, die nicht ein¬
mal Huͤgel, ſondern Niederungsraͤnder des
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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/186>, abgerufen am 24.11.2024.
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