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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

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rücksagen: Was eben berichtet sei, stimme ganz
mit den Kunden überein, welche ihm von der
Amtsführung jenes Königes auf anderen Wegen
zugekommen wären. Er ehre der Greise Weis¬
heit, bestätigte ihren Spruch, und gebiete, die
Urne nach Rom zu senden.

Am anderen Tag wurde sie nun mit Blu¬
men und Lorbeeren festlich gekrönt, dann unter
hohem Gepränge, bei den Trauermelodien aller
Glockenspiele und dem Chorgesang aller Jung¬
frauen auf einem goldnen Wagen abgeführt.
Ein Ausschuß der Greise des Völkertribunals
begleitete ihn, wie Tausende der angelangten
Unterthanen, die sich das Recht nicht nehmen
lassen wollten, den Reliquien ihres geliebten
Monarchen bis zum Tempel der Unsterblichkeit
zu folgen. Guido blickte dem Gewimmel mit
froher Wehmuth nach, und gestand: wie die
Rührung, welche er heute empfände, jede bisher
gefühlte, überträfe.

Der andere Tag war jedoch noch merkwür¬
diger für unsern Jüngling. Denn jenes Königs
Nachfolger, von dem Gerichte vorgeladen, stellte
sich.

Er hatte das dreißigste Jahr erreicht, da je¬

ruͤckſagen: Was eben berichtet ſei, ſtimme ganz
mit den Kunden uͤberein, welche ihm von der
Amtsfuͤhrung jenes Koͤniges auf anderen Wegen
zugekommen waͤren. Er ehre der Greiſe Weis¬
heit, beſtaͤtigte ihren Spruch, und gebiete, die
Urne nach Rom zu ſenden.

Am anderen Tag wurde ſie nun mit Blu¬
men und Lorbeeren feſtlich gekroͤnt, dann unter
hohem Gepraͤnge, bei den Trauermelodien aller
Glockenſpiele und dem Chorgeſang aller Jung¬
frauen auf einem goldnen Wagen abgefuͤhrt.
Ein Ausſchuß der Greiſe des Voͤlkertribunals
begleitete ihn, wie Tauſende der angelangten
Unterthanen, die ſich das Recht nicht nehmen
laſſen wollten, den Reliquien ihres geliebten
Monarchen bis zum Tempel der Unſterblichkeit
zu folgen. Guido blickte dem Gewimmel mit
froher Wehmuth nach, und geſtand: wie die
Ruͤhrung, welche er heute empfaͤnde, jede bisher
gefuͤhlte, uͤbertraͤfe.

Der andere Tag war jedoch noch merkwuͤr¬
diger fuͤr unſern Juͤngling. Denn jenes Koͤnigs
Nachfolger, von dem Gerichte vorgeladen, ſtellte
ſich.

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[200/0212] ruͤckſagen: Was eben berichtet ſei, ſtimme ganz mit den Kunden uͤberein, welche ihm von der Amtsfuͤhrung jenes Koͤniges auf anderen Wegen zugekommen waͤren. Er ehre der Greiſe Weis¬ heit, beſtaͤtigte ihren Spruch, und gebiete, die Urne nach Rom zu ſenden. Am anderen Tag wurde ſie nun mit Blu¬ men und Lorbeeren feſtlich gekroͤnt, dann unter hohem Gepraͤnge, bei den Trauermelodien aller Glockenſpiele und dem Chorgeſang aller Jung¬ frauen auf einem goldnen Wagen abgefuͤhrt. Ein Ausſchuß der Greiſe des Voͤlkertribunals begleitete ihn, wie Tauſende der angelangten Unterthanen, die ſich das Recht nicht nehmen laſſen wollten, den Reliquien ihres geliebten Monarchen bis zum Tempel der Unſterblichkeit zu folgen. Guido blickte dem Gewimmel mit froher Wehmuth nach, und geſtand: wie die Ruͤhrung, welche er heute empfaͤnde, jede bisher gefuͤhlte, uͤbertraͤfe. Der andere Tag war jedoch noch merkwuͤr¬ diger fuͤr unſern Juͤngling. Denn jenes Koͤnigs Nachfolger, von dem Gerichte vorgeladen, ſtellte ſich. Er hatte das dreißigſte Jahr erreicht, da je¬

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Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/212>, abgerufen am 21.11.2024.