chernd an sich reißen können, daß andere von ihnen abhängig sind, ist die überaus weise Erbschaftsteuer eingeführt worden, die den Zweck vor Augen hat, den Erwerber zwar die Frucht seiner Thätigkeit vollkommen genießen zu lassen, dagegen aber die Unthätigkeit der Erben, die von der Arbeit des Todten müßig schwelgen möchten, nach Möglichkeit abzuschneiden. Je vermögen¬ der, je höher die Steuer vom Nachlaß, und sie steigt auch nach Maaßgabe der näheren oder weitläuftigeren Verwandschaft der Erben. Dies hat zur Folge, daß der Reichgewordene auch bei seinem Leben viel wieder in den Umlauf giebt, und ihm wird auch, in Betracht des Gemein¬ besten, und insofern sie nicht unmoralisch ist, Verschwendung nachgesehn. Mag er bauen, rei¬ sen, Künsten und Wissenschaften lohnen, da¬ durch empfängt das alles höheres Leben.
Wo bleiben aber die Summen, aus dieser Erbschaftsteuer? fragte Guido?
Der Lehrer gab zur Antwort: Sie werden zum Vortheil des Landes auf mannichfache Weise angelegt, so daß sie den niederen Ständen wie¬ der zuströmen. Man gräbt Kanäle, wo sie noch fehlen, baut, macht Versuche mit nützlichen Er¬
chernd an ſich reißen koͤnnen, daß andere von ihnen abhaͤngig ſind, iſt die uͤberaus weiſe Erbſchaftſteuer eingefuͤhrt worden, die den Zweck vor Augen hat, den Erwerber zwar die Frucht ſeiner Thaͤtigkeit vollkommen genießen zu laſſen, dagegen aber die Unthaͤtigkeit der Erben, die von der Arbeit des Todten muͤßig ſchwelgen moͤchten, nach Moͤglichkeit abzuſchneiden. Je vermoͤgen¬ der, je hoͤher die Steuer vom Nachlaß, und ſie ſteigt auch nach Maaßgabe der naͤheren oder weitlaͤuftigeren Verwandſchaft der Erben. Dies hat zur Folge, daß der Reichgewordene auch bei ſeinem Leben viel wieder in den Umlauf giebt, und ihm wird auch, in Betracht des Gemein¬ beſten, und inſofern ſie nicht unmoraliſch iſt, Verſchwendung nachgeſehn. Mag er bauen, rei¬ ſen, Kuͤnſten und Wiſſenſchaften lohnen, da¬ durch empfaͤngt das alles hoͤheres Leben.
Wo bleiben aber die Summen, aus dieſer Erbſchaftſteuer? fragte Guido?
Der Lehrer gab zur Antwort: Sie werden zum Vortheil des Landes auf mannichfache Weiſe angelegt, ſo daß ſie den niederen Staͤnden wie¬ der zuſtroͤmen. Man graͤbt Kanaͤle, wo ſie noch fehlen, baut, macht Verſuche mit nuͤtzlichen Er¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0259"n="247"/>
chernd an ſich reißen koͤnnen, daß andere von<lb/>
ihnen abhaͤngig ſind, iſt die uͤberaus weiſe<lb/>
Erbſchaftſteuer eingefuͤhrt worden, die den Zweck<lb/>
vor Augen hat, den Erwerber zwar die Frucht<lb/>ſeiner Thaͤtigkeit vollkommen genießen zu laſſen,<lb/>
dagegen aber die Unthaͤtigkeit der Erben, die von<lb/>
der Arbeit des Todten muͤßig ſchwelgen moͤchten,<lb/>
nach Moͤglichkeit abzuſchneiden. Je vermoͤgen¬<lb/>
der, je hoͤher die Steuer vom Nachlaß, und ſie<lb/>ſteigt auch nach Maaßgabe der naͤheren oder<lb/>
weitlaͤuftigeren Verwandſchaft der Erben. Dies<lb/>
hat zur Folge, daß der Reichgewordene auch bei<lb/>ſeinem Leben viel wieder in den Umlauf giebt,<lb/>
und ihm wird auch, in Betracht des Gemein¬<lb/>
beſten, und inſofern ſie nicht unmoraliſch iſt,<lb/>
Verſchwendung nachgeſehn. Mag er bauen, rei¬<lb/>ſen, Kuͤnſten und Wiſſenſchaften lohnen, da¬<lb/>
durch empfaͤngt das alles hoͤheres Leben.</p><lb/><p>Wo bleiben aber die Summen, aus dieſer<lb/>
Erbſchaftſteuer? fragte Guido?</p><lb/><p>Der Lehrer gab zur Antwort: Sie werden<lb/>
zum Vortheil des Landes auf mannichfache Weiſe<lb/>
angelegt, ſo daß ſie den niederen Staͤnden wie¬<lb/>
der zuſtroͤmen. Man graͤbt Kanaͤle, wo ſie noch<lb/>
fehlen, baut, macht Verſuche mit nuͤtzlichen Er¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[247/0259]
chernd an ſich reißen koͤnnen, daß andere von
ihnen abhaͤngig ſind, iſt die uͤberaus weiſe
Erbſchaftſteuer eingefuͤhrt worden, die den Zweck
vor Augen hat, den Erwerber zwar die Frucht
ſeiner Thaͤtigkeit vollkommen genießen zu laſſen,
dagegen aber die Unthaͤtigkeit der Erben, die von
der Arbeit des Todten muͤßig ſchwelgen moͤchten,
nach Moͤglichkeit abzuſchneiden. Je vermoͤgen¬
der, je hoͤher die Steuer vom Nachlaß, und ſie
ſteigt auch nach Maaßgabe der naͤheren oder
weitlaͤuftigeren Verwandſchaft der Erben. Dies
hat zur Folge, daß der Reichgewordene auch bei
ſeinem Leben viel wieder in den Umlauf giebt,
und ihm wird auch, in Betracht des Gemein¬
beſten, und inſofern ſie nicht unmoraliſch iſt,
Verſchwendung nachgeſehn. Mag er bauen, rei¬
ſen, Kuͤnſten und Wiſſenſchaften lohnen, da¬
durch empfaͤngt das alles hoͤheres Leben.
Wo bleiben aber die Summen, aus dieſer
Erbſchaftſteuer? fragte Guido?
Der Lehrer gab zur Antwort: Sie werden
zum Vortheil des Landes auf mannichfache Weiſe
angelegt, ſo daß ſie den niederen Staͤnden wie¬
der zuſtroͤmen. Man graͤbt Kanaͤle, wo ſie noch
fehlen, baut, macht Verſuche mit nuͤtzlichen Er¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/259>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.