Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

fragte: Aus welchen Indischen Diamantengruben
er kaufe? Er antwortete: Dies habe er, zu¬
folge der Handelgesetze, nicht nöthig zu erklä¬
ren. Man verlangte aber wenigstens, ein frem¬
des Handelshaus zu nennen, mit dem er Ge¬
schäfte pflege, ein Schiff, das seine Waaren
herbeiführe.

Dies konnte er nicht, und nun lag am Tage,
seine Steine würden nicht von Auswärts gezo¬
gen. Er verfertigt sie selbst, riefen die Gegner,
folglich sind sie, trotz allen Proben, unächt.

Gut, sprach der Juwelier, ich verfertige sie,
doch eine Unwahrheit ist eure andere Behaup¬
tung. Untersuchet so lange ihr wollt, ihr wer¬
det keinen andern Gehalt finden, als ob die
Steine von Golkonda oder Brasilien kämen.
Ich betrog nicht, verkaufte ächte Diamanten,
dem Käufer kann es gleich sein, ob die Natur,
ob ich sie hervorbringe.

Bei näherer Untersuchung fand sich, daß der
Mann, den lange schon in der Chemie genann¬
ten Bestandtheil, reinen Kohlenstoff, so zu
verdichten gewußt hatte, daß der wirkliche Dia¬
mant erzeugt wurde.

Das Gericht war im Anfang zweifelhaft. Die

fragte: Aus welchen Indiſchen Diamantengruben
er kaufe? Er antwortete: Dies habe er, zu¬
folge der Handelgeſetze, nicht noͤthig zu erklaͤ¬
ren. Man verlangte aber wenigſtens, ein frem¬
des Handelshaus zu nennen, mit dem er Ge¬
ſchaͤfte pflege, ein Schiff, das ſeine Waaren
herbeifuͤhre.

Dies konnte er nicht, und nun lag am Tage,
ſeine Steine wuͤrden nicht von Auswaͤrts gezo¬
gen. Er verfertigt ſie ſelbſt, riefen die Gegner,
folglich ſind ſie, trotz allen Proben, unaͤcht.

Gut, ſprach der Juwelier, ich verfertige ſie,
doch eine Unwahrheit iſt eure andere Behaup¬
tung. Unterſuchet ſo lange ihr wollt, ihr wer¬
det keinen andern Gehalt finden, als ob die
Steine von Golkonda oder Braſilien kaͤmen.
Ich betrog nicht, verkaufte aͤchte Diamanten,
dem Kaͤufer kann es gleich ſein, ob die Natur,
ob ich ſie hervorbringe.

Bei naͤherer Unterſuchung fand ſich, daß der
Mann, den lange ſchon in der Chemie genann¬
ten Beſtandtheil, reinen Kohlenſtoff, ſo zu
verdichten gewußt hatte, daß der wirkliche Dia¬
mant erzeugt wurde.

Das Gericht war im Anfang zweifelhaft. Die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0265" n="253"/>
fragte: Aus welchen Indi&#x017F;chen Diamantengruben<lb/>
er kaufe? Er antwortete: Dies habe er, zu¬<lb/>
folge der Handelge&#x017F;etze, nicht no&#x0364;thig zu erkla&#x0364;¬<lb/>
ren. Man verlangte aber wenig&#x017F;tens, ein frem¬<lb/>
des Handelshaus zu nennen, mit dem er Ge¬<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;fte pflege, ein Schiff, das &#x017F;eine Waaren<lb/>
herbeifu&#x0364;hre.</p><lb/>
          <p>Dies konnte er nicht, und nun lag am Tage,<lb/>
&#x017F;eine Steine wu&#x0364;rden nicht von Auswa&#x0364;rts gezo¬<lb/>
gen. Er verfertigt &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t, riefen die Gegner,<lb/>
folglich &#x017F;ind &#x017F;ie, trotz allen Proben, una&#x0364;cht.</p><lb/>
          <p>Gut, &#x017F;prach der Juwelier, ich verfertige &#x017F;ie,<lb/>
doch eine Unwahrheit i&#x017F;t eure andere Behaup¬<lb/>
tung. Unter&#x017F;uchet &#x017F;o lange ihr wollt, ihr wer¬<lb/>
det keinen andern Gehalt finden, als ob die<lb/>
Steine von Golkonda oder Bra&#x017F;ilien ka&#x0364;men.<lb/>
Ich betrog nicht, verkaufte a&#x0364;chte Diamanten,<lb/>
dem Ka&#x0364;ufer kann es gleich &#x017F;ein, ob die Natur,<lb/>
ob ich &#x017F;ie hervorbringe.</p><lb/>
          <p>Bei na&#x0364;herer Unter&#x017F;uchung fand &#x017F;ich, daß der<lb/>
Mann, den lange &#x017F;chon in der Chemie genann¬<lb/>
ten Be&#x017F;tandtheil, <hi rendition="#g">reinen</hi> Kohlen&#x017F;toff, &#x017F;o zu<lb/>
verdichten gewußt hatte, daß der wirkliche Dia¬<lb/>
mant erzeugt wurde.</p><lb/>
          <p>Das Gericht war im Anfang zweifelhaft. Die<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[253/0265] fragte: Aus welchen Indiſchen Diamantengruben er kaufe? Er antwortete: Dies habe er, zu¬ folge der Handelgeſetze, nicht noͤthig zu erklaͤ¬ ren. Man verlangte aber wenigſtens, ein frem¬ des Handelshaus zu nennen, mit dem er Ge¬ ſchaͤfte pflege, ein Schiff, das ſeine Waaren herbeifuͤhre. Dies konnte er nicht, und nun lag am Tage, ſeine Steine wuͤrden nicht von Auswaͤrts gezo¬ gen. Er verfertigt ſie ſelbſt, riefen die Gegner, folglich ſind ſie, trotz allen Proben, unaͤcht. Gut, ſprach der Juwelier, ich verfertige ſie, doch eine Unwahrheit iſt eure andere Behaup¬ tung. Unterſuchet ſo lange ihr wollt, ihr wer¬ det keinen andern Gehalt finden, als ob die Steine von Golkonda oder Braſilien kaͤmen. Ich betrog nicht, verkaufte aͤchte Diamanten, dem Kaͤufer kann es gleich ſein, ob die Natur, ob ich ſie hervorbringe. Bei naͤherer Unterſuchung fand ſich, daß der Mann, den lange ſchon in der Chemie genann¬ ten Beſtandtheil, reinen Kohlenſtoff, ſo zu verdichten gewußt hatte, daß der wirkliche Dia¬ mant erzeugt wurde. Das Gericht war im Anfang zweifelhaft. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/265
Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/265>, abgerufen am 22.11.2024.