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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

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Newtons mitgebracht, sie hier aufzustellen. Alle
zollten dem Einfall gerechtes Lob. Wohl, riefen
sie, gebührt dem Manne gerade hier ein Denk¬
mal, der schon vor vierhundert Jahren der
Menschheit die Gestalt dieser Abdachung zu ver¬
kündigen wußte.

Doch das Kristallgebirge am Pol ahnte New¬
ton noch nicht. Die zackigen Spitzen erhoben
sich aus dem Schnee, wunderbar funkelnd im
Strahl des Mondes, oder vom röthlichen Nord¬
lichte erhellt.

Viel Pracht der Menschen, viele hohe Schön¬
heitzauber, der gerne lieblich oder erhaben gestal¬
tenden Natur, war an Guidos Blicken vorüber¬
gegangen, allein diese diamantnen Kolossen auf
dem unübersehbaren, ebnen, reinen, weißen
Teppich, galten ihm dennoch wieder das Niege¬
schaute, Niebewunderte.

Sie umringten zuletzt einen tiefen Krater in
ihrer Mitte. Es schien ein Vulkan, die Lava
am Rande ließ es vermuthen. Wichtiger stellte
sich ein dichter grauer Nebel dar, aus der Tiefe
steigend, und hoch in der Luft nach allen Sei¬
ten zerfließend. An diesem Dampf und seiner
Vermengung mit dem ganzen Luftkreis der Sphä¬

Newtons mitgebracht, ſie hier aufzuſtellen. Alle
zollten dem Einfall gerechtes Lob. Wohl, riefen
ſie, gebuͤhrt dem Manne gerade hier ein Denk¬
mal, der ſchon vor vierhundert Jahren der
Menſchheit die Geſtalt dieſer Abdachung zu ver¬
kuͤndigen wußte.

Doch das Kriſtallgebirge am Pol ahnte New¬
ton noch nicht. Die zackigen Spitzen erhoben
ſich aus dem Schnee, wunderbar funkelnd im
Strahl des Mondes, oder vom roͤthlichen Nord¬
lichte erhellt.

Viel Pracht der Menſchen, viele hohe Schoͤn¬
heitzauber, der gerne lieblich oder erhaben geſtal¬
tenden Natur, war an Guidos Blicken voruͤber¬
gegangen, allein dieſe diamantnen Koloſſen auf
dem unuͤberſehbaren, ebnen, reinen, weißen
Teppich, galten ihm dennoch wieder das Niege¬
ſchaute, Niebewunderte.

Sie umringten zuletzt einen tiefen Krater in
ihrer Mitte. Es ſchien ein Vulkan, die Lava
am Rande ließ es vermuthen. Wichtiger ſtellte
ſich ein dichter grauer Nebel dar, aus der Tiefe
ſteigend, und hoch in der Luft nach allen Sei¬
ten zerfließend. An dieſem Dampf und ſeiner
Vermengung mit dem ganzen Luftkreis der Sphaͤ¬

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[314/0326] Newtons mitgebracht, ſie hier aufzuſtellen. Alle zollten dem Einfall gerechtes Lob. Wohl, riefen ſie, gebuͤhrt dem Manne gerade hier ein Denk¬ mal, der ſchon vor vierhundert Jahren der Menſchheit die Geſtalt dieſer Abdachung zu ver¬ kuͤndigen wußte. Doch das Kriſtallgebirge am Pol ahnte New¬ ton noch nicht. Die zackigen Spitzen erhoben ſich aus dem Schnee, wunderbar funkelnd im Strahl des Mondes, oder vom roͤthlichen Nord¬ lichte erhellt. Viel Pracht der Menſchen, viele hohe Schoͤn¬ heitzauber, der gerne lieblich oder erhaben geſtal¬ tenden Natur, war an Guidos Blicken voruͤber¬ gegangen, allein dieſe diamantnen Koloſſen auf dem unuͤberſehbaren, ebnen, reinen, weißen Teppich, galten ihm dennoch wieder das Niege¬ ſchaute, Niebewunderte. Sie umringten zuletzt einen tiefen Krater in ihrer Mitte. Es ſchien ein Vulkan, die Lava am Rande ließ es vermuthen. Wichtiger ſtellte ſich ein dichter grauer Nebel dar, aus der Tiefe ſteigend, und hoch in der Luft nach allen Sei¬ ten zerfließend. An dieſem Dampf und ſeiner Vermengung mit dem ganzen Luftkreis der Sphaͤ¬

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Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/326>, abgerufen am 22.11.2024.