viel zu sagen, wenn schon die Weisheit es un¬ endlich wenig genannt haben dürfte. Noch eifriger betrachteten sie einander: Der ganze Prozeß der Beiden legte es, wie wir schon oft genug berührten, auf Verschönerung an. Ver¬ schönt nun Liebe an sich, ist sie die beste Lehr¬ meisterin in jeder Kunst, fachen zugleich Tren¬ nung, Sehnsucht und Entzücken beim Wieder¬ sehn sie um so höher an, so konnte es nicht fehlen, daß diese wenigen Tage sie ihren Zielen um etwas näher geführt hatten.
Nicht lange darauf kam der Kaiser nach Palermo. Er ließ sich den Jüngling vorstellen und bezeugte seine Zufriedenheit mit dem vor¬ theilhaften Bericht, welchen sein Erzieher über ihn abstattete. Dann gebot er diesem, sogleich eine Reise mit Guido anzutreten. Wenn diese vollendet wäre, sollten sie nach Rom kommen, und würde dann der Jüngling, bei einer neuen Prüfung, bestehen, verhieß Jener, sollte er zu einem wichtigen Staatsamte berufen werden.
So standen also die Sachen. Morgen sollte Guido scheiden. Ini empfahl ihm nichts wär¬ mer, als das Ideal nimmer zu vergessen, welches sie ihm nun auch einhändigte. Sind die drei
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viel zu ſagen, wenn ſchon die Weisheit es un¬ endlich wenig genannt haben duͤrfte. Noch eifriger betrachteten ſie einander: Der ganze Prozeß der Beiden legte es, wie wir ſchon oft genug beruͤhrten, auf Verſchoͤnerung an. Ver¬ ſchoͤnt nun Liebe an ſich, iſt ſie die beſte Lehr¬ meiſterin in jeder Kunſt, fachen zugleich Tren¬ nung, Sehnſucht und Entzuͤcken beim Wieder¬ ſehn ſie um ſo hoͤher an, ſo konnte es nicht fehlen, daß dieſe wenigen Tage ſie ihren Zielen um etwas naͤher gefuͤhrt hatten.
Nicht lange darauf kam der Kaiſer nach Palermo. Er ließ ſich den Juͤngling vorſtellen und bezeugte ſeine Zufriedenheit mit dem vor¬ theilhaften Bericht, welchen ſein Erzieher uͤber ihn abſtattete. Dann gebot er dieſem, ſogleich eine Reiſe mit Guido anzutreten. Wenn dieſe vollendet waͤre, ſollten ſie nach Rom kommen, und wuͤrde dann der Juͤngling, bei einer neuen Pruͤfung, beſtehen, verhieß Jener, ſollte er zu einem wichtigen Staatsamte berufen werden.
So ſtanden alſo die Sachen. Morgen ſollte Guido ſcheiden. Ini empfahl ihm nichts waͤr¬ mer, als das Ideal nimmer zu vergeſſen, welches ſie ihm nun auch einhaͤndigte. Sind die drei
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viel zu ſagen, wenn ſchon die Weisheit es un¬
endlich wenig genannt haben duͤrfte. Noch
eifriger betrachteten ſie einander: Der ganze
Prozeß der Beiden legte es, wie wir ſchon oft
genug beruͤhrten, auf Verſchoͤnerung an. Ver¬
ſchoͤnt nun Liebe an ſich, iſt ſie die beſte Lehr¬
meiſterin in jeder Kunſt, fachen zugleich Tren¬
nung, Sehnſucht und Entzuͤcken beim Wieder¬
ſehn ſie um ſo hoͤher an, ſo konnte es nicht
fehlen, daß dieſe wenigen Tage ſie ihren Zielen
um etwas naͤher gefuͤhrt hatten.
Nicht lange darauf kam der Kaiſer nach
Palermo. Er ließ ſich den Juͤngling vorſtellen
und bezeugte ſeine Zufriedenheit mit dem vor¬
theilhaften Bericht, welchen ſein Erzieher uͤber
ihn abſtattete. Dann gebot er dieſem, ſogleich
eine Reiſe mit Guido anzutreten. Wenn dieſe
vollendet waͤre, ſollten ſie nach Rom kommen,
und wuͤrde dann der Juͤngling, bei einer neuen
Pruͤfung, beſtehen, verhieß Jener, ſollte er zu
einem wichtigen Staatsamte berufen werden.
So ſtanden alſo die Sachen. Morgen ſollte
Guido ſcheiden. Ini empfahl ihm nichts waͤr¬
mer, als das Ideal nimmer zu vergeſſen, welches
ſie ihm nun auch einhaͤndigte. Sind die drei
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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/45>, abgerufen am 21.11.2024.
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