Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Voß, Johann Heinrich: Luise. Ein ländliches Gedicht in 3 Idyllen. Königsberg, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

LUISE
Steht nicht dort am Fenster ein Myrten-
bäumchen zum Brautkranz?
Lächelnd erwiederte drauf die rosen-
wangige Jungfrau:
Was du für Tand aussinnst, Mutwillige!
Soll ich zulezt noch
Mädchenhaft mit meiner Amalia spielen
und albern? 135
Krampe die Thüre nur zu; der Bräuti-
gam möchte mir nachgehn.
Sprachs, und nahm von dem Haupte
den schöngeformeten Filzhut,
Weiss und samtener Weiche, mit bräun-
lichen Zotten gerändet;
Lösete dann ihr Kastanienhaar, das in glän-
zenden Ringeln
Über die Schulter sich goss, unentstellt
vom Staube des Mehles. 140

LUISE
Steht nicht dort am Fenſter ein Myrten-
bäumchen zum Brautkranz?
Lächelnd erwiederte drauf die roſen-
wangige Jungfrau:
Was du für Tand ausſinnſt, Mutwillige!
Soll ich zulezt noch
Mädchenhaft mit meiner Amalia spielen
und albern? 135
Krampe die Thüre nur zu; der Bräuti-
gam möchte mir nachgehn.
Sprachs, und nahm von dem Haupte
den ſchöngeformeten Filzhut,
Weiſs und ſamtener Weiche, mit bräun-
lichen Zotten gerändet;
Löſete dann ihr Kaſtanienhaar, das in glän-
zenden Ringeln
Über die Schulter ſich goſs, unentſtellt
vom Staube des Mehles. 140

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0148" n="134"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">LUISE</hi></fw><lb/>
Steht nicht dort am Fen&#x017F;ter ein Myrten-<lb/>
bäumchen zum Brautkranz?<lb/>
Lächelnd erwiederte drauf die ro&#x017F;en-<lb/>
wangige Jungfrau:<lb/>
Was du für Tand aus&#x017F;inn&#x017F;t, Mutwillige!<lb/>
Soll ich zulezt noch<lb/>
Mädchenhaft mit meiner Amalia spielen<lb/>
und albern? <lb n="135"/>
Krampe die Thüre nur zu; der Bräuti-<lb/>
gam möchte mir nachgehn.<lb/>
Sprachs, und nahm von dem Haupte<lb/>
den &#x017F;chöngeformeten Filzhut,<lb/>
Wei&#x017F;s und &#x017F;amtener Weiche, mit bräun-<lb/>
lichen Zotten gerändet;<lb/>&#x017F;ete dann ihr Ka&#x017F;tanienhaar, das in glän-<lb/>
zenden Ringeln<lb/>
Über die Schulter &#x017F;ich go&#x017F;s, unent&#x017F;tellt<lb/>
vom Staube des Mehles. <lb n="140"/>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0148] LUISE Steht nicht dort am Fenſter ein Myrten- bäumchen zum Brautkranz? Lächelnd erwiederte drauf die roſen- wangige Jungfrau: Was du für Tand ausſinnſt, Mutwillige! Soll ich zulezt noch Mädchenhaft mit meiner Amalia spielen und albern? 135 Krampe die Thüre nur zu; der Bräuti- gam möchte mir nachgehn. Sprachs, und nahm von dem Haupte den ſchöngeformeten Filzhut, Weiſs und ſamtener Weiche, mit bräun- lichen Zotten gerändet; Löſete dann ihr Kaſtanienhaar, das in glän- zenden Ringeln Über die Schulter ſich goſs, unentſtellt vom Staube des Mehles. 140

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_luise_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_luise_1795/148
Zitationshilfe: Voß, Johann Heinrich: Luise. Ein ländliches Gedicht in 3 Idyllen. Königsberg, 1795, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_luise_1795/148>, abgerufen am 24.11.2024.