Voß, Johann Heinrich: Luise. Ein ländliches Gedicht in 3 Idyllen. Königsberg, 1795.ERSTE IDYLLE Hüpfte der Knab', und verliess das grün-liche Himmelspferdchen, Das mit glänzenden Schwingen auf Far- renkraut sich gesezet. Stehn blieb jezo Luis', und sprach mit vertraulichem Flistern, Nah' an des Jünglinges Wange geneigt ihr blühendes Antliz: Sehn Sie, er folgt dem Geruche der Erd- beern. Lieber, die Hand mir 145 Nicht so gedrückt! Er möchte den Herrn Hofmeister belauschen. Aber dem Jünglinge wallte das Herz vor banger Entzückung, Als ihr rosiger Mund mit ätherischem Odem die Wang' ihm Warm anhaucht'; und er wandte sich sanft und küsste das Mägdlein. ERSTE IDYLLE Hüpfte der Knab’, und verlieſs das grün-liche Himmelspferdchen, Das mit glänzenden Schwingen auf Far- renkraut ſich geſezet. Stehn blieb jezo Luiſ’, und ſprach mit vertraulichem Fliſtern, Nah’ an des Jünglinges Wange geneigt ihr blühendes Antliz: Sehn Sie, er folgt dem Geruche der Erd- beern. Lieber, die Hand mir 145 Nicht ſo gedrückt! Er möchte den Herrn Hofmeiſter belauſchen. Aber dem Jünglinge wallte das Herz vor banger Entzückung, Als ihr roſiger Mund mit ätheriſchem Odem die Wang’ ihm Warm anhaucht’; und er wandte ſich ſanft und küſste das Mägdlein. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0033" n="23"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">ERSTE IDYLLE</hi></fw><lb/> Hüpfte der Knab’, und verlieſs das grün-<lb/> liche Himmelspferdchen,<lb/> Das mit glänzenden Schwingen auf Far-<lb/> renkraut ſich geſezet.<lb/> Stehn blieb jezo Luiſ’, und ſprach mit<lb/> vertraulichem Fliſtern,<lb/> Nah’ an des Jünglinges Wange geneigt<lb/> ihr blühendes Antliz:<lb/> Sehn Sie, er folgt dem Geruche der Erd-<lb/> beern. Lieber, die Hand mir <lb n="145"/> Nicht ſo gedrückt! Er möchte den Herrn<lb/> Hofmeiſter belauſchen.<lb/> Aber dem Jünglinge wallte das Herz<lb/> vor banger Entzückung,<lb/> Als ihr roſiger Mund mit ätheriſchem<lb/> Odem die Wang’ ihm<lb/> Warm anhaucht’; und er wandte ſich ſanft<lb/> und küſste das Mägdlein.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [23/0033]
ERSTE IDYLLE
Hüpfte der Knab’, und verlieſs das grün-
liche Himmelspferdchen,
Das mit glänzenden Schwingen auf Far-
renkraut ſich geſezet.
Stehn blieb jezo Luiſ’, und ſprach mit
vertraulichem Fliſtern,
Nah’ an des Jünglinges Wange geneigt
ihr blühendes Antliz:
Sehn Sie, er folgt dem Geruche der Erd-
beern. Lieber, die Hand mir 145
Nicht ſo gedrückt! Er möchte den Herrn
Hofmeiſter belauſchen.
Aber dem Jünglinge wallte das Herz
vor banger Entzückung,
Als ihr roſiger Mund mit ätheriſchem
Odem die Wang’ ihm
Warm anhaucht’; und er wandte ſich ſanft
und küſste das Mägdlein.
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