Voß, Johann Heinrich: Luise. Ein ländliches Gedicht in 3 Idyllen. Königsberg, 1795.LUISE Leise bebt' ihr die Lipp', und wandtesich; aber ihr Antliz 150 Lächelte, hold verschämt, wie ein Früh- lingsmorgen erröthend. Und sie entschlüpfte dem Arm, und brach ein unscheinbares Blümchen Seitwärts, stand in Gedanken, und schaut' es an, wie bewundernd. Plözlich erscholl im Gebüsche die ru- fende Stimme des Knaben: Kommt doch, und pflückt Erdbeern! Hier stehen sie, röther wie Scharlach! 155 Jubeln wollen wir alle vor Lust, wenn wir unseren Vorrath Auch in die Kumm' ausschütten! Da wird der Vater sich wundern! Felderdbeern, die pflanzte der liebe Gott; und um vieles LUISE Leiſe bebt’ ihr die Lipp’, und wandteſich; aber ihr Antliz 150 Lächelte, hold verſchämt, wie ein Früh- lingsmorgen erröthend. Und ſie entſchlüpfte dem Arm, und brach ein unſcheinbares Blümchen Seitwärts, ſtand in Gedanken, und ſchaut’ es an, wie bewundernd. Plözlich erſcholl im Gebüſche die ru- fende Stimme des Knaben: Kommt doch, und pflückt Erdbeern! Hier ſtehen ſie, röther wie Scharlach! 155 Jubeln wollen wir alle vor Luſt, wenn wir unſeren Vorrath Auch in die Kumm’ ausſchütten! Da wird der Vater ſich wundern! Felderdbeern, die pflanzte der liebe Gott; und um vieles <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0034" n="24"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">LUISE</hi></fw><lb/> Leiſe bebt’ ihr die Lipp’, und wandte<lb/> ſich; aber ihr Antliz <lb n="150"/> Lächelte, hold verſchämt, wie ein Früh-<lb/> lingsmorgen erröthend.<lb/> Und ſie entſchlüpfte dem Arm, und brach<lb/> ein unſcheinbares Blümchen<lb/> Seitwärts, ſtand in Gedanken, und ſchaut’<lb/> es an, wie bewundernd.<lb/> Plözlich erſcholl im Gebüſche die ru-<lb/> fende Stimme des Knaben:<lb/> Kommt doch, und pflückt Erdbeern! Hier<lb/> ſtehen ſie, röther wie Scharlach! <lb n="155"/> Jubeln wollen wir alle vor Luſt, wenn<lb/> wir unſeren Vorrath<lb/> Auch in die Kumm’ ausſchütten! Da wird<lb/> der Vater ſich wundern!<lb/> Felderdbeern, die pflanzte der liebe Gott;<lb/> und um vieles<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [24/0034]
LUISE
Leiſe bebt’ ihr die Lipp’, und wandte
ſich; aber ihr Antliz 150
Lächelte, hold verſchämt, wie ein Früh-
lingsmorgen erröthend.
Und ſie entſchlüpfte dem Arm, und brach
ein unſcheinbares Blümchen
Seitwärts, ſtand in Gedanken, und ſchaut’
es an, wie bewundernd.
Plözlich erſcholl im Gebüſche die ru-
fende Stimme des Knaben:
Kommt doch, und pflückt Erdbeern! Hier
ſtehen ſie, röther wie Scharlach! 155
Jubeln wollen wir alle vor Luſt, wenn
wir unſeren Vorrath
Auch in die Kumm’ ausſchütten! Da wird
der Vater ſich wundern!
Felderdbeern, die pflanzte der liebe Gott;
und um vieles
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