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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.

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Fünfter Gesang.
Also entging er ihr jezt. Allein da die Woge zurückkam, 430
Raffte sie ihn mit Gewalt, und schleudert' ihn fern in das Weltmeer.
Also wird der Poliep dem festen Lager entrißen;
Kiesel hängen und Sand an seinen ästigen Gliedern:
Also blieb an dem Fels von den angeklammerten Händen
Abgeschunden die Haut; und die rollende Woge verschlang ihn. 435
Jezo wäre der Dulder auch wider sein Schicksal gestorben,
Hätt' ihn nicht Pallas Athänä mit schnellem Verstande gerüstet.
Aber er schwung sich empor aus dem Schwalle der schäumenden Brandung,
Schwamm herum, und sah nach dem Land', abhängiges Ufer
Irgendwo auszuspähn und sichere Busen des Meeres. 440
Jezo hatt' er nun endlich die Mündung des herlichen Stromes
Schwimmend erreicht. Hier fand er bequem zum Landen das Ufer,
Niedrig und felsenleer, und vor dem Winde gesichert.
Und er erkannte den strömenden Gott, und betet' im Herzen:

Höre mich, Herscher, wer du auch seist, du Sehnlicherflehter! 445
Rette mich aus dem Meer vor dem schrecklichen Grimme Poseidons!
Heilig sind ja, auch selbst unsterblichen Göttern, die Menschen,
Welche von Leiden gedrängt um Hülfe flehen! Ich winde
Mich vor deinem Strome, vor deinen Knieen, in Jammer!
Herscher, erbarme dich mein, der deiner Gnade vertrauet! 450

Also sprach er. Da hemmte der Gott die wallenden Fluten,
Und verbreitete Stille vor ihm, und rettet' ihn freundlich
An das seichte Gestade. Da ließ er die Kniee sinken
Und die nervichten Arme; ihn hatten die Wogen entkräftet:
Alles war ihm geschwollen, ihm floß das salzige Waßer 455
Häufig aus Nas' und Mund; der Stimme beraubt und des Athems,
Sank er in Ohnmacht hin, erstarrt von der schrecklichen Arbeit.

Fuͤnfter Geſang.
Alſo entging er ihr jezt. Allein da die Woge zuruͤckkam, 430
Raffte ſie ihn mit Gewalt, und ſchleudert' ihn fern in das Weltmeer.
Alſo wird der Poliep dem feſten Lager entrißen;
Kieſel haͤngen und Sand an ſeinen aͤſtigen Gliedern:
Alſo blieb an dem Fels von den angeklammerten Haͤnden
Abgeſchunden die Haut; und die rollende Woge verſchlang ihn. 435
Jezo waͤre der Dulder auch wider ſein Schickſal geſtorben,
Haͤtt' ihn nicht Pallas Athaͤnaͤ mit ſchnellem Verſtande geruͤſtet.
Aber er ſchwung ſich empor aus dem Schwalle der ſchaͤumenden Brandung,
Schwamm herum, und ſah nach dem Land', abhaͤngiges Ufer
Irgendwo auszuſpaͤhn und ſichere Buſen des Meeres. 440
Jezo hatt' er nun endlich die Muͤndung des herlichen Stromes
Schwimmend erreicht. Hier fand er bequem zum Landen das Ufer,
Niedrig und felſenleer, und vor dem Winde geſichert.
Und er erkannte den ſtroͤmenden Gott, und betet' im Herzen:

Hoͤre mich, Herſcher, wer du auch ſeiſt, du Sehnlicherflehter! 445
Rette mich aus dem Meer vor dem ſchrecklichen Grimme Poſeidons!
Heilig ſind ja, auch ſelbſt unſterblichen Goͤttern, die Menſchen,
Welche von Leiden gedraͤngt um Huͤlfe flehen! Ich winde
Mich vor deinem Strome, vor deinen Knieen, in Jammer!
Herſcher, erbarme dich mein, der deiner Gnade vertrauet! 450

Alſo ſprach er. Da hemmte der Gott die wallenden Fluten,
Und verbreitete Stille vor ihm, und rettet' ihn freundlich
An das ſeichte Geſtade. Da ließ er die Kniee ſinken
Und die nervichten Arme; ihn hatten die Wogen entkraͤftet:
Alles war ihm geſchwollen, ihm floß das ſalzige Waßer 455
Haͤufig aus Naſ' und Mund; der Stimme beraubt und des Athems,
Sank er in Ohnmacht hin, erſtarrt von der ſchrecklichen Arbeit.

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[111/0117] Fuͤnfter Geſang. Alſo entging er ihr jezt. Allein da die Woge zuruͤckkam, Raffte ſie ihn mit Gewalt, und ſchleudert' ihn fern in das Weltmeer. Alſo wird der Poliep dem feſten Lager entrißen; Kieſel haͤngen und Sand an ſeinen aͤſtigen Gliedern: Alſo blieb an dem Fels von den angeklammerten Haͤnden Abgeſchunden die Haut; und die rollende Woge verſchlang ihn. Jezo waͤre der Dulder auch wider ſein Schickſal geſtorben, Haͤtt' ihn nicht Pallas Athaͤnaͤ mit ſchnellem Verſtande geruͤſtet. Aber er ſchwung ſich empor aus dem Schwalle der ſchaͤumenden Brandung, Schwamm herum, und ſah nach dem Land', abhaͤngiges Ufer Irgendwo auszuſpaͤhn und ſichere Buſen des Meeres. Jezo hatt' er nun endlich die Muͤndung des herlichen Stromes Schwimmend erreicht. Hier fand er bequem zum Landen das Ufer, Niedrig und felſenleer, und vor dem Winde geſichert. Und er erkannte den ſtroͤmenden Gott, und betet' im Herzen: 430 435 440 Hoͤre mich, Herſcher, wer du auch ſeiſt, du Sehnlicherflehter! Rette mich aus dem Meer vor dem ſchrecklichen Grimme Poſeidons! Heilig ſind ja, auch ſelbſt unſterblichen Goͤttern, die Menſchen, Welche von Leiden gedraͤngt um Huͤlfe flehen! Ich winde Mich vor deinem Strome, vor deinen Knieen, in Jammer! Herſcher, erbarme dich mein, der deiner Gnade vertrauet! 445 450 Alſo ſprach er. Da hemmte der Gott die wallenden Fluten, Und verbreitete Stille vor ihm, und rettet' ihn freundlich An das ſeichte Geſtade. Da ließ er die Kniee ſinken Und die nervichten Arme; ihn hatten die Wogen entkraͤftet: Alles war ihm geſchwollen, ihm floß das ſalzige Waßer Haͤufig aus Naſ' und Mund; der Stimme beraubt und des Athems, Sank er in Ohnmacht hin, erſtarrt von der ſchrecklichen Arbeit. 455

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Zitationshilfe: Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/117>, abgerufen am 21.11.2024.