Heftig stritten, und sich der Führer des Heers Agamemnon Herzlich freute beim Zwiste der tapfersten Helden Achaias. Denn dies Zeichen war ihm von Föbos Apollon geweißagt, In der heiligen Pütho, da er die steinerne Schwelle V. 80.80 Forschend betrat; denn damals entsprang die Quelle der Trübsal Für die Achaier und Troer, durch Zeus des Unendlichen Rathschluß.
Dieses sang der berühmte Dämodekos. Aber Odüßeus Faßte mit nervichten Händen den großen purpurnen Mantel, Zog ihn über das Haupt, und verhüllte sein herliches Antliz; 85 Daß die Faiaken nicht die thränenden Wimper erblickten. Als den Trauergesang der göttliche Sänger geendigt, Trocknet' er schnell die Thränen, und nahm vom Haupte den Mantel, Faßte den doppelten Becher, und goß den Göttern des Weines. Aber da jener von neuem begann, und die edlen Faiaken 90 Ihn zum Gesang' ermahnten, vergnügt durch die reizenden Lieder; Hüllt' Odüßeus wieder sein Haupt in den Mantel, und traurte. Allen übrigen Gästen verbarg er die stürzende Thräne; Nur Alkinoos sah aufmerksam die Trauer des Fremdlings, Welcher neben ihm saß, und hörte die tiefen Seufzer. 95 Und der König begann zu den ruderliebenden Männern:
Merket auf, der Faiaken erhabene Fürsten und Pfleger. Schon hat unsere Herzen das gleichvertheilete Gastmahl Und die Harfe gelabt, des festlichen Mahles Gespielin; Laßt uns denn jezt aufstehen, und alle Kämpfe beginnen: 100 Daß der Fremdling davon bei seinen Freunden erzähle, Wann er zu Hause kommt, wie wir vor allen geübt sind,
V. 80. Pütho hieß nachmals Delfi.
Achter Geſang.
Heftig ſtritten, und ſich der Fuͤhrer des Heers Agamemnon Herzlich freute beim Zwiſte der tapferſten Helden Achaias. Denn dies Zeichen war ihm von Foͤbos Apollon geweißagt, In der heiligen Puͤtho, da er die ſteinerne Schwelle V. 80.80 Forſchend betrat; denn damals entſprang die Quelle der Truͤbſal Fuͤr die Achaier und Troer, durch Zeus des Unendlichen Rathſchluß.
Dieſes ſang der beruͤhmte Daͤmodekos. Aber Oduͤßeus Faßte mit nervichten Haͤnden den großen purpurnen Mantel, Zog ihn uͤber das Haupt, und verhuͤllte ſein herliches Antliz; 85 Daß die Faiaken nicht die thraͤnenden Wimper erblickten. Als den Trauergeſang der goͤttliche Saͤnger geendigt, Trocknet' er ſchnell die Thraͤnen, und nahm vom Haupte den Mantel, Faßte den doppelten Becher, und goß den Goͤttern des Weines. Aber da jener von neuem begann, und die edlen Faiaken 90 Ihn zum Geſang' ermahnten, vergnuͤgt durch die reizenden Lieder; Huͤllt' Oduͤßeus wieder ſein Haupt in den Mantel, und traurte. Allen uͤbrigen Gaͤſten verbarg er die ſtuͤrzende Thraͤne; Nur Alkinoos ſah aufmerkſam die Trauer des Fremdlings, Welcher neben ihm ſaß, und hoͤrte die tiefen Seufzer. 95 Und der Koͤnig begann zu den ruderliebenden Maͤnnern:
Merket auf, der Faiaken erhabene Fuͤrſten und Pfleger. Schon hat unſere Herzen das gleichvertheilete Gaſtmahl Und die Harfe gelabt, des feſtlichen Mahles Geſpielin; Laßt uns denn jezt aufſtehen, und alle Kaͤmpfe beginnen: 100 Daß der Fremdling davon bei ſeinen Freunden erzaͤhle, Wann er zu Hauſe kommt, wie wir vor allen geuͤbt ſind,
V. 80. Puͤtho hieß nachmals Delfi.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0149"n="143"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Achter Geſang.</hi></fw><lb/>
Heftig ſtritten, und ſich der Fuͤhrer des Heers Agamemnon<lb/>
Herzlich freute beim Zwiſte der tapferſten Helden Achaias.<lb/>
Denn dies Zeichen war ihm von Foͤbos Apollon geweißagt,<lb/>
In der heiligen Puͤtho, da er die ſteinerne Schwelle <noteplace="foot"n="V. 80.">Puͤtho hieß nachmals Delfi.</note><noteplace="right">80</note><lb/>
Forſchend betrat; denn damals entſprang die Quelle der Truͤbſal<lb/>
Fuͤr die Achaier und Troer, durch Zeus des Unendlichen Rathſchluß.</p><lb/><p>Dieſes ſang der beruͤhmte Daͤmodekos. Aber Oduͤßeus<lb/>
Faßte mit nervichten Haͤnden den großen purpurnen Mantel,<lb/>
Zog ihn uͤber das Haupt, und verhuͤllte ſein herliches Antliz; <noteplace="right">85</note><lb/>
Daß die Faiaken nicht die thraͤnenden Wimper erblickten.<lb/>
Als den Trauergeſang der goͤttliche Saͤnger geendigt,<lb/>
Trocknet' er ſchnell die Thraͤnen, und nahm vom Haupte den Mantel,<lb/>
Faßte den doppelten Becher, und goß den Goͤttern des Weines.<lb/>
Aber da jener von neuem begann, und die edlen Faiaken <noteplace="right">90</note><lb/>
Ihn zum Geſang' ermahnten, vergnuͤgt durch die reizenden Lieder;<lb/>
Huͤllt' Oduͤßeus wieder ſein Haupt in den Mantel, und traurte.<lb/>
Allen uͤbrigen Gaͤſten verbarg er die ſtuͤrzende Thraͤne;<lb/>
Nur Alkinoos ſah aufmerkſam die Trauer des Fremdlings,<lb/>
Welcher neben ihm ſaß, und hoͤrte die tiefen Seufzer. <noteplace="right">95</note><lb/>
Und der Koͤnig begann zu den ruderliebenden Maͤnnern:</p><lb/><p>Merket auf, der Faiaken erhabene Fuͤrſten und Pfleger.<lb/>
Schon hat unſere Herzen das gleichvertheilete Gaſtmahl<lb/>
Und die Harfe gelabt, des feſtlichen Mahles Geſpielin;<lb/>
Laßt uns denn jezt aufſtehen, und alle Kaͤmpfe beginnen: <noteplace="right">100</note><lb/>
Daß der Fremdling davon bei ſeinen Freunden erzaͤhle,<lb/>
Wann er zu Hauſe kommt, wie wir vor allen geuͤbt ſind,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[143/0149]
Achter Geſang.
Heftig ſtritten, und ſich der Fuͤhrer des Heers Agamemnon
Herzlich freute beim Zwiſte der tapferſten Helden Achaias.
Denn dies Zeichen war ihm von Foͤbos Apollon geweißagt,
In der heiligen Puͤtho, da er die ſteinerne Schwelle V. 80.
Forſchend betrat; denn damals entſprang die Quelle der Truͤbſal
Fuͤr die Achaier und Troer, durch Zeus des Unendlichen Rathſchluß.
80
Dieſes ſang der beruͤhmte Daͤmodekos. Aber Oduͤßeus
Faßte mit nervichten Haͤnden den großen purpurnen Mantel,
Zog ihn uͤber das Haupt, und verhuͤllte ſein herliches Antliz;
Daß die Faiaken nicht die thraͤnenden Wimper erblickten.
Als den Trauergeſang der goͤttliche Saͤnger geendigt,
Trocknet' er ſchnell die Thraͤnen, und nahm vom Haupte den Mantel,
Faßte den doppelten Becher, und goß den Goͤttern des Weines.
Aber da jener von neuem begann, und die edlen Faiaken
Ihn zum Geſang' ermahnten, vergnuͤgt durch die reizenden Lieder;
Huͤllt' Oduͤßeus wieder ſein Haupt in den Mantel, und traurte.
Allen uͤbrigen Gaͤſten verbarg er die ſtuͤrzende Thraͤne;
Nur Alkinoos ſah aufmerkſam die Trauer des Fremdlings,
Welcher neben ihm ſaß, und hoͤrte die tiefen Seufzer.
Und der Koͤnig begann zu den ruderliebenden Maͤnnern:
85
90
95
Merket auf, der Faiaken erhabene Fuͤrſten und Pfleger.
Schon hat unſere Herzen das gleichvertheilete Gaſtmahl
Und die Harfe gelabt, des feſtlichen Mahles Geſpielin;
Laßt uns denn jezt aufſtehen, und alle Kaͤmpfe beginnen:
Daß der Fremdling davon bei ſeinen Freunden erzaͤhle,
Wann er zu Hauſe kommt, wie wir vor allen geuͤbt ſind,
100
V. 80. Puͤtho hieß nachmals Delfi.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/149>, abgerufen am 03.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.