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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.

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Odüßee. Elfter Gesang.
Selbst hier sandt' er mich her, den Hund zu holen; denn dieses
Schien dem Tirannen für mich die entsezlichste aller Gefahren.
Aber ich brachte den Hund empor aus Aidäs Wohnung; 625
Hermäs geleitete mich und Zeus blauäugichte Tochter.

Also sprach er, und ging zurück in Aidäs Wohnung.
Aber ich blieb, und harrete dort, ob etwa noch jemand
Von den gestorbenen Helden des Alterthumes sich nahte.
Und noch manchen vielleicht, den ich wünschte, hätt' ich gesehen: 630
Thäseus und seinen Freund Peirithoos, Söhne der Götter;
Aber es sammelten sich unzählige Schaaren von Geistern
Mit graunvollem Getös', und bleiches Entsezen ergriff mich.
Fürchtend, es sende mir jezo die strenge Persofoneia
Tief aus der Nacht die Schreckengestalt des gorgonischen Unholds, V. 635. 635
Floh ich eilend von dannen zum Schiffe, befahl den Gefährten,
Hurtig zu steigen ins Schiff, und die Seile vom Ufer zu lösen;
Und sie stiegen hinein, und sezten sich hin auf die Bänke.
Also durchschifften wir die Flut des Ozeanstromes,
Erst vom Ruder getrieben, und drauf vom günstigen Winde. 640



V. 635. Gorgo; ein Weib, deßen Anblick versteinerte.

Oduͤßee. Elfter Geſang.
Selbſt hier ſandt' er mich her, den Hund zu holen; denn dieſes
Schien dem Tirannen fuͤr mich die entſezlichſte aller Gefahren.
Aber ich brachte den Hund empor aus Aïdaͤs Wohnung; 625
Hermaͤs geleitete mich und Zeus blauaͤugichte Tochter.

Alſo ſprach er, und ging zuruͤck in Aïdaͤs Wohnung.
Aber ich blieb, und harrete dort, ob etwa noch jemand
Von den geſtorbenen Helden des Alterthumes ſich nahte.
Und noch manchen vielleicht, den ich wuͤnſchte, haͤtt' ich geſehen: 630
Thaͤſeus und ſeinen Freund Peirithoos, Soͤhne der Goͤtter;
Aber es ſammelten ſich unzaͤhlige Schaaren von Geiſtern
Mit graunvollem Getoͤſ', und bleiches Entſezen ergriff mich.
Fuͤrchtend, es ſende mir jezo die ſtrenge Perſofoneia
Tief aus der Nacht die Schreckengeſtalt des gorgoniſchen Unholds, V. 635. 635
Floh ich eilend von dannen zum Schiffe, befahl den Gefaͤhrten,
Hurtig zu ſteigen ins Schiff, und die Seile vom Ufer zu loͤſen;
Und ſie ſtiegen hinein, und ſezten ſich hin auf die Baͤnke.
Alſo durchſchifften wir die Flut des Ozeanſtromes,
Erſt vom Ruder getrieben, und drauf vom guͤnſtigen Winde. 640



V. 635. Gorgo; ein Weib, deßen Anblick verſteinerte.
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[228/0234] Oduͤßee. Elfter Geſang. Selbſt hier ſandt' er mich her, den Hund zu holen; denn dieſes Schien dem Tirannen fuͤr mich die entſezlichſte aller Gefahren. Aber ich brachte den Hund empor aus Aïdaͤs Wohnung; Hermaͤs geleitete mich und Zeus blauaͤugichte Tochter. 625 Alſo ſprach er, und ging zuruͤck in Aïdaͤs Wohnung. Aber ich blieb, und harrete dort, ob etwa noch jemand Von den geſtorbenen Helden des Alterthumes ſich nahte. Und noch manchen vielleicht, den ich wuͤnſchte, haͤtt' ich geſehen: Thaͤſeus und ſeinen Freund Peirithoos, Soͤhne der Goͤtter; Aber es ſammelten ſich unzaͤhlige Schaaren von Geiſtern Mit graunvollem Getoͤſ', und bleiches Entſezen ergriff mich. Fuͤrchtend, es ſende mir jezo die ſtrenge Perſofoneia Tief aus der Nacht die Schreckengeſtalt des gorgoniſchen Unholds, V. 635. Floh ich eilend von dannen zum Schiffe, befahl den Gefaͤhrten, Hurtig zu ſteigen ins Schiff, und die Seile vom Ufer zu loͤſen; Und ſie ſtiegen hinein, und ſezten ſich hin auf die Baͤnke. Alſo durchſchifften wir die Flut des Ozeanſtromes, Erſt vom Ruder getrieben, und drauf vom guͤnſtigen Winde. 630 635 640 V. 635. Gorgo; ein Weib, deßen Anblick verſteinerte.

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Zitationshilfe: Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/234>, abgerufen am 23.11.2024.