Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.Vierzehnter Gesang. Eben so viel, auch der Schweine so viel, und der streifenden Ziegen.Mietlinge hüten sie theils, und theils leibeigene Hirten. Hier in Ithaka gehn elf Heerden streifender Ziegen Auf entlegener Weide, von wackern Männern gehütet. Jeder von diesen sendet zum täglichen Schmause den Freiern 105 Immer die treflichste Ziege der fettgemästeten Heerde. Unter meiner Gewalt und Aufsicht weiden die Schweine, Und ich sende zum Schmause das auserlesenste Mastschwein. Also sprach er; und schnell aß jener des Fleisches, begierig Lieber, wer kaufte dich denn mit seinem Vermögen? Wie heißt er, 115 Ihm antwortete drauf der männerbeherschende Sauhirt: Vierzehnter Geſang. Eben ſo viel, auch der Schweine ſo viel, und der ſtreifenden Ziegen.Mietlinge huͤten ſie theils, und theils leibeigene Hirten. Hier in Ithaka gehn elf Heerden ſtreifender Ziegen Auf entlegener Weide, von wackern Maͤnnern gehuͤtet. Jeder von dieſen ſendet zum taͤglichen Schmauſe den Freiern 105 Immer die treflichſte Ziege der fettgemaͤſteten Heerde. Unter meiner Gewalt und Aufſicht weiden die Schweine, Und ich ſende zum Schmauſe das auserleſenſte Maſtſchwein. Alſo ſprach er; und ſchnell aß jener des Fleiſches, begierig Lieber, wer kaufte dich denn mit ſeinem Vermoͤgen? Wie heißt er, 115 Ihm antwortete drauf der maͤnnerbeherſchende Sauhirt: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0273" n="267"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Vierzehnter Geſang.</hi></fw><lb/> Eben ſo viel, auch der Schweine ſo viel, und der ſtreifenden Ziegen.<lb/> Mietlinge huͤten ſie theils, und theils leibeigene Hirten.<lb/> Hier in Ithaka gehn elf Heerden ſtreifender Ziegen<lb/> Auf entlegener Weide, von wackern Maͤnnern gehuͤtet.<lb/> Jeder von dieſen ſendet zum taͤglichen Schmauſe den Freiern <note place="right">105</note><lb/> Immer die treflichſte Ziege der fettgemaͤſteten Heerde.<lb/> Unter meiner Gewalt und Aufſicht weiden die Schweine,<lb/> Und ich ſende zum Schmauſe das auserleſenſte Maſtſchwein.</p><lb/> <p>Alſo ſprach er; und ſchnell aß jener des Fleiſches, begierig<lb/> Trank er des Weins, und ſchwieg; er dachte der Freier Verderben. <note place="right">110</note><lb/> Als er jezo geſpeiſt, und ſeine Seele gelabet,<lb/> Fuͤllete jener den Becher, woraus er zu trinken gewohnt war,<lb/> Reichte den Wein ihm dar; und er nahm ihn mit herzlicher Freude,<lb/> Redete jenen an, und ſprach die gefluͤgelten Worte:</p><lb/> <p>Lieber, wer kaufte dich denn mit ſeinem Vermoͤgen? Wie heißt er, <note place="right">115</note><lb/> Jener ſo maͤchtige Mann und beguͤterte, wie du erzaͤhleſt,<lb/> Und der ſein Leben verlor, Agamemnons Ehre zu raͤchen?<lb/> Nenne mir ihn; vielleicht iſt er von meiner Bekanntſchaft.<lb/> Zeus und die Goͤtter des Himmels, die wißen es, ob ich von ihm nicht<lb/> Botſchaft verkuͤndigen kann! Ich ſah viel Maͤnner auf Reiſen! <note place="right">120</note></p><lb/> <p>Ihm antwortete drauf der maͤnnerbeherſchende Sauhirt:<lb/> Alter, kein irrender Mann, der Botſchaft von jenem verkuͤndigt,<lb/> Moͤchte ſo leicht bei der Frau und dem Sohne Glauben gewinnen.<lb/> Solche Wanderer ſuchen gewoͤhnlich milde Bewirtung<lb/> Durch die ſchmeichelnde Luͤg', und reden ſelten die Wahrheit. <note place="right">125</note><lb/> Jeder Fremdling, wen auch das Schickſal nach Ithaka fuͤhret,<lb/> Geht zu meiner Koͤnigin hin, und ſchwazet Erdichtung.<lb/> Freundlich empfaͤngt und bewirtet ſie ihn, und forſchet nach allem,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [267/0273]
Vierzehnter Geſang.
Eben ſo viel, auch der Schweine ſo viel, und der ſtreifenden Ziegen.
Mietlinge huͤten ſie theils, und theils leibeigene Hirten.
Hier in Ithaka gehn elf Heerden ſtreifender Ziegen
Auf entlegener Weide, von wackern Maͤnnern gehuͤtet.
Jeder von dieſen ſendet zum taͤglichen Schmauſe den Freiern
Immer die treflichſte Ziege der fettgemaͤſteten Heerde.
Unter meiner Gewalt und Aufſicht weiden die Schweine,
Und ich ſende zum Schmauſe das auserleſenſte Maſtſchwein.
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Alſo ſprach er; und ſchnell aß jener des Fleiſches, begierig
Trank er des Weins, und ſchwieg; er dachte der Freier Verderben.
Als er jezo geſpeiſt, und ſeine Seele gelabet,
Fuͤllete jener den Becher, woraus er zu trinken gewohnt war,
Reichte den Wein ihm dar; und er nahm ihn mit herzlicher Freude,
Redete jenen an, und ſprach die gefluͤgelten Worte:
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Lieber, wer kaufte dich denn mit ſeinem Vermoͤgen? Wie heißt er,
Jener ſo maͤchtige Mann und beguͤterte, wie du erzaͤhleſt,
Und der ſein Leben verlor, Agamemnons Ehre zu raͤchen?
Nenne mir ihn; vielleicht iſt er von meiner Bekanntſchaft.
Zeus und die Goͤtter des Himmels, die wißen es, ob ich von ihm nicht
Botſchaft verkuͤndigen kann! Ich ſah viel Maͤnner auf Reiſen!
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Ihm antwortete drauf der maͤnnerbeherſchende Sauhirt:
Alter, kein irrender Mann, der Botſchaft von jenem verkuͤndigt,
Moͤchte ſo leicht bei der Frau und dem Sohne Glauben gewinnen.
Solche Wanderer ſuchen gewoͤhnlich milde Bewirtung
Durch die ſchmeichelnde Luͤg', und reden ſelten die Wahrheit.
Jeder Fremdling, wen auch das Schickſal nach Ithaka fuͤhret,
Geht zu meiner Koͤnigin hin, und ſchwazet Erdichtung.
Freundlich empfaͤngt und bewirtet ſie ihn, und forſchet nach allem,
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