Schnell die Botschaft verkünden, um eilig wiederzukehren. 350
Also sprach er; und siehe Amfinomes wandte sein Antliz Gegen den tiefen Hafen, und sahe das Schiff in der Mündung, Sahe die Segel gesenkt, und die Ruder in eilenden Händen; Und mit herzlicher Lache begann er zu seinen Gesellen:
Keiner ferneren Botschaft bedarf es; sie sind schon zu Hause! 355 Ihnen verkündete dieses ein Himmlischer; oder sie selber Sahn das segelnde Schiff, und vermochten es nicht zu erreichen!
Sprachs; da erhuben sie sich, und gingen zum Ufer des Meeres, Zogen dann eilend das schwärzliche Schiff ans hohe Gestade; Ihre Geräthe trugen die stolzen Diener zu Hause. 360 Aber sie selber eilten zum Markt; und keinen der andern Ließen sie unter sich sizen, der Jünglinge oder der Greise. Und Eupeithäs Sohn Antinoos sprach zur Versammlung:
Wunder! wie haben die Götter doch den vom Verderben errettet! Tages stellten wir Späher umher auf die luftigen Höhen, 365 Immer andre nach andern; und wann die Sonne sich senkte, Ruhten wir nimmer die Nacht auf dem Lande, sondern im Meere Kreuzten wir mit dem Schiff, und harrten der heiligen Frühe, Auf Tälemachos laurend, damit wir ihn fingen und heimlich Tödteten. Aber ihn führte der Himmlischen einer zu Hause! 370 Nun so wollen wir hier auf den Tod des Tälemachos sinnen! Laßt ihn ja nicht entfliehn! Denn ich fürchte, so lange der Jüngling Lebt, wir werden nimmer zu unserem Zwecke gelangen. Denn er selber kennt schon alle Künste der Klugheit, Und die Völker sind uns nicht mehr so gänzlich gewogen. 375 Aber wohlan, bevor er zur allgemeinen Versammlung Rufe das Volk der Achaier; denn säumen wird er gewiß nicht,
Sechzehnter Geſang.
Schnell die Botſchaft verkuͤnden, um eilig wiederzukehren. 350
Alſo ſprach er; und ſiehe Amfinomes wandte ſein Antliz Gegen den tiefen Hafen, und ſahe das Schiff in der Muͤndung, Sahe die Segel geſenkt, und die Ruder in eilenden Haͤnden; Und mit herzlicher Lache begann er zu ſeinen Geſellen:
Keiner ferneren Botſchaft bedarf es; ſie ſind ſchon zu Hauſe! 355 Ihnen verkuͤndete dieſes ein Himmliſcher; oder ſie ſelber Sahn das ſegelnde Schiff, und vermochten es nicht zu erreichen!
Sprachs; da erhuben ſie ſich, und gingen zum Ufer des Meeres, Zogen dann eilend das ſchwaͤrzliche Schiff ans hohe Geſtade; Ihre Geraͤthe trugen die ſtolzen Diener zu Hauſe. 360 Aber ſie ſelber eilten zum Markt; und keinen der andern Ließen ſie unter ſich ſizen, der Juͤnglinge oder der Greiſe. Und Eupeithaͤs Sohn Antinoos ſprach zur Verſammlung:
Wunder! wie haben die Goͤtter doch den vom Verderben errettet! Tages ſtellten wir Spaͤher umher auf die luftigen Hoͤhen, 365 Immer andre nach andern; und wann die Sonne ſich ſenkte, Ruhten wir nimmer die Nacht auf dem Lande, ſondern im Meere Kreuzten wir mit dem Schiff, und harrten der heiligen Fruͤhe, Auf Taͤlemachos laurend, damit wir ihn fingen und heimlich Toͤdteten. Aber ihn fuͤhrte der Himmliſchen einer zu Hauſe! 370 Nun ſo wollen wir hier auf den Tod des Taͤlemachos ſinnen! Laßt ihn ja nicht entfliehn! Denn ich fuͤrchte, ſo lange der Juͤngling Lebt, wir werden nimmer zu unſerem Zwecke gelangen. Denn er ſelber kennt ſchon alle Kuͤnſte der Klugheit, Und die Voͤlker ſind uns nicht mehr ſo gaͤnzlich gewogen. 375 Aber wohlan, bevor er zur allgemeinen Verſammlung Rufe das Volk der Achaier; denn ſaͤumen wird er gewiß nicht,
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Sechzehnter Geſang.
Schnell die Botſchaft verkuͤnden, um eilig wiederzukehren.
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Alſo ſprach er; und ſiehe Amfinomes wandte ſein Antliz
Gegen den tiefen Hafen, und ſahe das Schiff in der Muͤndung,
Sahe die Segel geſenkt, und die Ruder in eilenden Haͤnden;
Und mit herzlicher Lache begann er zu ſeinen Geſellen:
Keiner ferneren Botſchaft bedarf es; ſie ſind ſchon zu Hauſe!
Ihnen verkuͤndete dieſes ein Himmliſcher; oder ſie ſelber
Sahn das ſegelnde Schiff, und vermochten es nicht zu erreichen!
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Sprachs; da erhuben ſie ſich, und gingen zum Ufer des Meeres,
Zogen dann eilend das ſchwaͤrzliche Schiff ans hohe Geſtade;
Ihre Geraͤthe trugen die ſtolzen Diener zu Hauſe.
Aber ſie ſelber eilten zum Markt; und keinen der andern
Ließen ſie unter ſich ſizen, der Juͤnglinge oder der Greiſe.
Und Eupeithaͤs Sohn Antinoos ſprach zur Verſammlung:
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Wunder! wie haben die Goͤtter doch den vom Verderben errettet!
Tages ſtellten wir Spaͤher umher auf die luftigen Hoͤhen,
Immer andre nach andern; und wann die Sonne ſich ſenkte,
Ruhten wir nimmer die Nacht auf dem Lande, ſondern im Meere
Kreuzten wir mit dem Schiff, und harrten der heiligen Fruͤhe,
Auf Taͤlemachos laurend, damit wir ihn fingen und heimlich
Toͤdteten. Aber ihn fuͤhrte der Himmliſchen einer zu Hauſe!
Nun ſo wollen wir hier auf den Tod des Taͤlemachos ſinnen!
Laßt ihn ja nicht entfliehn! Denn ich fuͤrchte, ſo lange der Juͤngling
Lebt, wir werden nimmer zu unſerem Zwecke gelangen.
Denn er ſelber kennt ſchon alle Kuͤnſte der Klugheit,
Und die Voͤlker ſind uns nicht mehr ſo gaͤnzlich gewogen.
Aber wohlan, bevor er zur allgemeinen Verſammlung
Rufe das Volk der Achaier; denn ſaͤumen wird er gewiß nicht,
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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/323>, abgerufen am 24.11.2024.
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