Stolberg, über der Stadt am schiffbaren Busen der Ostsee, Wo du, mich einst zur Seite der Braut im Schatten des Frühlings Grüßend, des Liebenden Glück durch Freundschaft glücklicher machtest: Kränzt den Bord, der vor Alters die höheren Fluten zurückzwang, Hoch und verwachsen, ein Wald voll Kühlung und ahndender Schauer. Alda ruht' ich vom sinnenden Gang', am beschatteten Bergquell, Horchend der lockenden Wachtel im grünlichen Rauche der Aehren, Und dem Wogengeräusch, und dem fernhersäuselnden Südwind. Ueber mir wehten mit änderndem Grün die verschlungenen Buchen; Und es stralte verstohlen ein flüchtiger Schimmer der Sonne Jezt auf den finstern Quell, und jezt auf die blinkende Stechpalm, Jezo mir blendend aufs Lied des grauen ionischen Sängers. Aber mit Einmal, siehe! da leuchtet' es: Hain und Gefilde
An Friedrich Leopold Grafen zu Stolberg. 1780.
Stolberg, uͤber der Stadt am ſchiffbaren Buſen der Oſtſee, Wo du, mich einſt zur Seite der Braut im Schatten des Fruͤhlings Gruͤßend, des Liebenden Gluͤck durch Freundſchaft gluͤcklicher machteſt: Kraͤnzt den Bord, der vor Alters die hoͤheren Fluten zuruͤckzwang, Hoch und verwachſen, ein Wald voll Kuͤhlung und ahndender Schauer. Alda ruht' ich vom ſinnenden Gang', am beſchatteten Bergquell, Horchend der lockenden Wachtel im gruͤnlichen Rauche der Aehren, Und dem Wogengeraͤuſch, und dem fernherſaͤuſelnden Suͤdwind. Ueber mir wehten mit aͤnderndem Gruͤn die verſchlungenen Buchen; Und es ſtralte verſtohlen ein fluͤchtiger Schimmer der Sonne Jezt auf den finſtern Quell, und jezt auf die blinkende Stechpalm, Jezo mir blendend aufs Lied des grauen ioniſchen Saͤngers. Aber mit Einmal, ſiehe! da leuchtet' es: Hain und Gefilde
<TEI><text><front><pbfacs="#f0009"n="[3]"/><divtype="dedication"><divn="1"><head><hirendition="#g">An<lb/>
Friedrich Leopold<lb/>
Grafen zu Stolberg</hi>.<lb/>
1780.</head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p><hirendition="#in">S</hi>tolberg, uͤber der Stadt am ſchiffbaren Buſen der Oſtſee,<lb/>
Wo du, mich einſt zur Seite der Braut im Schatten des Fruͤhlings<lb/>
Gruͤßend, des Liebenden Gluͤck durch Freundſchaft gluͤcklicher machteſt:<lb/>
Kraͤnzt den Bord, der vor Alters die hoͤheren Fluten zuruͤckzwang,<lb/>
Hoch und verwachſen, ein Wald voll Kuͤhlung und ahndender Schauer.<lb/>
Alda ruht' ich vom ſinnenden Gang', am beſchatteten Bergquell,<lb/>
Horchend der lockenden Wachtel im gruͤnlichen Rauche der Aehren,<lb/>
Und dem Wogengeraͤuſch, und dem fernherſaͤuſelnden Suͤdwind.<lb/>
Ueber mir wehten mit aͤnderndem Gruͤn die verſchlungenen Buchen;<lb/>
Und es ſtralte verſtohlen ein fluͤchtiger Schimmer der Sonne<lb/>
Jezt auf den finſtern Quell, und jezt auf die blinkende Stechpalm,<lb/>
Jezo mir blendend aufs Lied des grauen ioniſchen Saͤngers.<lb/>
Aber mit Einmal, ſiehe! da leuchtet' es: Hain und Gefilde<lb/></p></div></div></front></text></TEI>
[[3]/0009]
An
Friedrich Leopold
Grafen zu Stolberg.
1780.
Stolberg, uͤber der Stadt am ſchiffbaren Buſen der Oſtſee,
Wo du, mich einſt zur Seite der Braut im Schatten des Fruͤhlings
Gruͤßend, des Liebenden Gluͤck durch Freundſchaft gluͤcklicher machteſt:
Kraͤnzt den Bord, der vor Alters die hoͤheren Fluten zuruͤckzwang,
Hoch und verwachſen, ein Wald voll Kuͤhlung und ahndender Schauer.
Alda ruht' ich vom ſinnenden Gang', am beſchatteten Bergquell,
Horchend der lockenden Wachtel im gruͤnlichen Rauche der Aehren,
Und dem Wogengeraͤuſch, und dem fernherſaͤuſelnden Suͤdwind.
Ueber mir wehten mit aͤnderndem Gruͤn die verſchlungenen Buchen;
Und es ſtralte verſtohlen ein fluͤchtiger Schimmer der Sonne
Jezt auf den finſtern Quell, und jezt auf die blinkende Stechpalm,
Jezo mir blendend aufs Lied des grauen ioniſchen Saͤngers.
Aber mit Einmal, ſiehe! da leuchtet' es: Hain und Gefilde
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/9>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.