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Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797.

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seiner Hände Werk, und empfängt das Opfer
der ganzen Natur.

Auf mancherley Weise hört Er die Stim¬
men der Menschen von den himmlischen
Dingen durcheinander reden, und weiß daß
alle, -- alle, wär' es auch wider ihr Wissen
und Willen, -- dennoch Ihn, den Unnenn¬
baren, meynen.

So hört Er auch die innere Empfindung
der Menschen in verschiedenen Zonen und in
verschiedenen Zeitaltern verschiedene Spra¬
chen reden, und hört, wie sie mit einander
streiten und sich nicht verstehen: aber dem
ewigen Geiste löst sich alles in Harmonie
auf; er weiß, daß ein jeder die Sprache re¬
det, die Er ihm angeschaffen hat, daß ein
jeder sein Inneres äußert wie er kann und
soll; -- wenn sie in ihrer Blindheit unter
einander streiten, so weiß und erkennet Er,
daß für sich ein jeglicher Recht hat; er sieht

G 2

ſeiner Hände Werk, und empfängt das Opfer
der ganzen Natur.

Auf mancherley Weiſe hört Er die Stim¬
men der Menſchen von den himmliſchen
Dingen durcheinander reden, und weiß daß
alle, — alle, wär' es auch wider ihr Wiſſen
und Willen, — dennoch Ihn, den Unnenn¬
baren, meynen.

So hört Er auch die innere Empfindung
der Menſchen in verſchiedenen Zonen und in
verſchiedenen Zeitaltern verſchiedene Spra¬
chen reden, und hört, wie ſie mit einander
ſtreiten und ſich nicht verſtehen: aber dem
ewigen Geiſte löſt ſich alles in Harmonie
auf; er weiß, daß ein jeder die Sprache re¬
det, die Er ihm angeſchaffen hat, daß ein
jeder ſein Inneres äußert wie er kann und
ſoll; — wenn ſie in ihrer Blindheit unter
einander ſtreiten, ſo weiß und erkennet Er,
daß für ſich ein jeglicher Recht hat; er ſieht

G 2
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[99/0107] ſeiner Hände Werk, und empfängt das Opfer der ganzen Natur. Auf mancherley Weiſe hört Er die Stim¬ men der Menſchen von den himmliſchen Dingen durcheinander reden, und weiß daß alle, — alle, wär' es auch wider ihr Wiſſen und Willen, — dennoch Ihn, den Unnenn¬ baren, meynen. So hört Er auch die innere Empfindung der Menſchen in verſchiedenen Zonen und in verſchiedenen Zeitaltern verſchiedene Spra¬ chen reden, und hört, wie ſie mit einander ſtreiten und ſich nicht verſtehen: aber dem ewigen Geiſte löſt ſich alles in Harmonie auf; er weiß, daß ein jeder die Sprache re¬ det, die Er ihm angeſchaffen hat, daß ein jeder ſein Inneres äußert wie er kann und ſoll; — wenn ſie in ihrer Blindheit unter einander ſtreiten, ſo weiß und erkennet Er, daß für ſich ein jeglicher Recht hat; er ſieht G 2

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Zitationshilfe: Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/107>, abgerufen am 09.05.2024.