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Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797.

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sundes und reines Gemüth, wenn sich je¬
mand vor einer geistlichen Betrachtung, welche
an sich triftig und eindringend ist, die Oh¬
ren zuhält, weil der Redner seine Worte
nicht in zierlicher Ordnung stellet, oder weil
er eine üble, fremde Aussprache, oder ein
schlechtes Spiel mit Händen an sich hat.
Hindern mich aber dergleichen Gedanken,
diese äußere, und so zu sagen, bloß kör¬
perliche Schönheit der Kunst, wo ich sie
finde, nach Verdienst zu schätzen und zu be¬
wundern?

Auch wird dir das, mein geliebter Albrecht
Dürer, als ein grober Verstoß angerechnet,
daß du deine Menschenfiguren nur so be¬
quem neben einander hinstellst, ohne sie künst¬
lich durch einander zu verschränken, daß sie
ein methodisches Gruppo bilden. Ich liebe
dich in dieser deiner unbefangenen Einfalt,
und hefte mein Auge unwillkührlich zuerst

ſundes und reines Gemüth, wenn ſich je¬
mand vor einer geiſtlichen Betrachtung, welche
an ſich triftig und eindringend iſt, die Oh¬
ren zuhält, weil der Redner ſeine Worte
nicht in zierlicher Ordnung ſtellet, oder weil
er eine üble, fremde Ausſprache, oder ein
ſchlechtes Spiel mit Händen an ſich hat.
Hindern mich aber dergleichen Gedanken,
dieſe äußere, und ſo zu ſagen, bloß kör¬
perliche Schönheit der Kunſt, wo ich ſie
finde, nach Verdienſt zu ſchätzen und zu be¬
wundern?

Auch wird dir das, mein geliebter Albrecht
Dürer, als ein grober Verſtoß angerechnet,
daß du deine Menſchenfiguren nur ſo be¬
quem neben einander hinſtellſt, ohne ſie künſt¬
lich durch einander zu verſchränken, daß ſie
ein methodiſches Gruppo bilden. Ich liebe
dich in dieſer deiner unbefangenen Einfalt,
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[118/0126] ſundes und reines Gemüth, wenn ſich je¬ mand vor einer geiſtlichen Betrachtung, welche an ſich triftig und eindringend iſt, die Oh¬ ren zuhält, weil der Redner ſeine Worte nicht in zierlicher Ordnung ſtellet, oder weil er eine üble, fremde Ausſprache, oder ein ſchlechtes Spiel mit Händen an ſich hat. Hindern mich aber dergleichen Gedanken, dieſe äußere, und ſo zu ſagen, bloß kör¬ perliche Schönheit der Kunſt, wo ich ſie finde, nach Verdienſt zu ſchätzen und zu be¬ wundern? Auch wird dir das, mein geliebter Albrecht Dürer, als ein grober Verſtoß angerechnet, daß du deine Menſchenfiguren nur ſo be¬ quem neben einander hinſtellſt, ohne ſie künſt¬ lich durch einander zu verſchränken, daß ſie ein methodiſches Gruppo bilden. Ich liebe dich in dieſer deiner unbefangenen Einfalt, und hefte mein Auge unwillkührlich zuerſt

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Zitationshilfe: Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/126>, abgerufen am 21.11.2024.