Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

den Meisterstücken der Kunst umgehen, um
sie würdiglich zum Heil seiner Seele zu
nutzen. Es ist frevelhaft zu nennen, wenn
jemand in einer irdischen Stunde, von dem
schallenden Gelächter seiner Freunde hinweg¬
taumelt, um in einer nahen Kirche, aus Ge¬
wohnheit, einige Minuten mit Gott zu re¬
den. Ein ähnlicher Frevel ist es, in einer
solchen Stunde die Schwelle des Hauses zu
betreten, wo die bewundernswürdigsten Schö¬
pfungen, die von Menschenhänden her¬
vorgebracht werden konnten, als eine stille
Kundschaft von der Würde dieses Geschlech¬
tes, für die Ewigkeit aufbewahret werden.
Harret, wie beym Gebet, auf die seligen
Stunden, da die Gunst des Himmels euer
Inneres mit höherer Offenbarung erleuchtet;
nur dann wird eure Seele sich mit den Wer¬
ken der Künstler zu Einem Ganzen vereini¬
gen. Ihre Zaubergestalten sind stumm und

ver¬

den Meiſterſtücken der Kunſt umgehen, um
ſie würdiglich zum Heil ſeiner Seele zu
nutzen. Es iſt frevelhaft zu nennen, wenn
jemand in einer irdiſchen Stunde, von dem
ſchallenden Gelächter ſeiner Freunde hinweg¬
taumelt, um in einer nahen Kirche, aus Ge¬
wohnheit, einige Minuten mit Gott zu re¬
den. Ein ähnlicher Frevel iſt es, in einer
ſolchen Stunde die Schwelle des Hauſes zu
betreten, wo die bewundernswürdigſten Schö¬
pfungen, die von Menſchenhänden her¬
vorgebracht werden konnten, als eine ſtille
Kundſchaft von der Würde dieſes Geſchlech¬
tes, für die Ewigkeit aufbewahret werden.
Harret, wie beym Gebet, auf die ſeligen
Stunden, da die Gunſt des Himmels euer
Inneres mit höherer Offenbarung erleuchtet;
nur dann wird eure Seele ſich mit den Wer¬
ken der Künſtler zu Einem Ganzen vereini¬
gen. Ihre Zaubergeſtalten ſind ſtumm und

ver¬
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0168" n="160"/>
den Mei&#x017F;ter&#x017F;tücken der Kun&#x017F;t umgehen, um<lb/>
&#x017F;ie würdiglich zum Heil &#x017F;einer Seele zu<lb/>
nutzen. Es i&#x017F;t frevelhaft zu nennen, wenn<lb/>
jemand in einer irdi&#x017F;chen Stunde, von dem<lb/>
&#x017F;challenden Gelächter &#x017F;einer Freunde hinweg¬<lb/>
taumelt, um in einer nahen Kirche, aus Ge¬<lb/>
wohnheit, einige Minuten mit Gott zu re¬<lb/>
den. Ein ähnlicher Frevel i&#x017F;t es, in einer<lb/>
&#x017F;olchen Stunde die Schwelle des Hau&#x017F;es zu<lb/>
betreten, wo die bewundernswürdig&#x017F;ten Schö¬<lb/>
pfungen, die von <hi rendition="#g">Men&#x017F;chen</hi>händen her¬<lb/>
vorgebracht werden konnten, als eine &#x017F;tille<lb/>
Kund&#x017F;chaft von der Würde die&#x017F;es Ge&#x017F;chlech¬<lb/>
tes, für die Ewigkeit aufbewahret werden.<lb/>
Harret, wie beym Gebet, auf die &#x017F;eligen<lb/>
Stunden, da die Gun&#x017F;t des Himmels euer<lb/>
Inneres mit höherer Offenbarung erleuchtet;<lb/>
nur dann wird eure Seele &#x017F;ich mit den Wer¬<lb/>
ken der Kün&#x017F;tler zu Einem Ganzen vereini¬<lb/>
gen. Ihre Zauberge&#x017F;talten &#x017F;ind &#x017F;tumm und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ver¬<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[160/0168] den Meiſterſtücken der Kunſt umgehen, um ſie würdiglich zum Heil ſeiner Seele zu nutzen. Es iſt frevelhaft zu nennen, wenn jemand in einer irdiſchen Stunde, von dem ſchallenden Gelächter ſeiner Freunde hinweg¬ taumelt, um in einer nahen Kirche, aus Ge¬ wohnheit, einige Minuten mit Gott zu re¬ den. Ein ähnlicher Frevel iſt es, in einer ſolchen Stunde die Schwelle des Hauſes zu betreten, wo die bewundernswürdigſten Schö¬ pfungen, die von Menſchenhänden her¬ vorgebracht werden konnten, als eine ſtille Kundſchaft von der Würde dieſes Geſchlech¬ tes, für die Ewigkeit aufbewahret werden. Harret, wie beym Gebet, auf die ſeligen Stunden, da die Gunſt des Himmels euer Inneres mit höherer Offenbarung erleuchtet; nur dann wird eure Seele ſich mit den Wer¬ ken der Künſtler zu Einem Ganzen vereini¬ gen. Ihre Zaubergeſtalten ſind ſtumm und ver¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/168
Zitationshilfe: Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/168>, abgerufen am 11.05.2024.