Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

zumal da ihm nun eine verständige Wirth¬
schafterinn mangelte.

Dieser Vater war ursprünglich ein weicher
und sehr gutherziger Mann, der nichts lie¬
ber thun mochte, als helfen, rathen und
Allmosen geben, so viel er nur vermögend
war; der nach einer guten That besser schlief
als gewöhnlich; der lange, mit herzlicher
Rührung und Dank gegen Gott, von den
guten Früchten seines Herzens zehren konn¬
te, und seinen Geist am liebsten mit rühren¬
den Empfindungen nährte. Man muß in
der That allemal von tiefer Wehmuth und
herzlicher Liebe ergriffen werden, wenn man
die beneidenswerthe Einfachheit dieser See¬
len betrachtet, welche in den gewöhnlichen
Äußerungen des guten Herzens einen so un¬
erschöpflichen Abgrund von Herrlichkeit fin¬
den, daß dies völlig ihr Himmel auf Erden
ist, wodurch sie mit der ganzen Welt ver¬

zumal da ihm nun eine verſtändige Wirth¬
ſchafterinn mangelte.

Dieſer Vater war urſprünglich ein weicher
und ſehr gutherziger Mann, der nichts lie¬
ber thun mochte, als helfen, rathen und
Allmoſen geben, ſo viel er nur vermögend
war; der nach einer guten That beſſer ſchlief
als gewöhnlich; der lange, mit herzlicher
Rührung und Dank gegen Gott, von den
guten Früchten ſeines Herzens zehren konn¬
te, und ſeinen Geiſt am liebſten mit rühren¬
den Empfindungen nährte. Man muß in
der That allemal von tiefer Wehmuth und
herzlicher Liebe ergriffen werden, wenn man
die beneidenswerthe Einfachheit dieſer See¬
len betrachtet, welche in den gewöhnlichen
Äußerungen des guten Herzens einen ſo un¬
erſchöpflichen Abgrund von Herrlichkeit fin¬
den, daß dies völlig ihr Himmel auf Erden
iſt, wodurch ſie mit der ganzen Welt ver¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0238" n="230"/>
zumal da ihm nun eine ver&#x017F;tändige Wirth¬<lb/>
&#x017F;chafterinn mangelte.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;er Vater war ur&#x017F;prünglich ein weicher<lb/>
und &#x017F;ehr gutherziger Mann, der nichts lie¬<lb/>
ber thun mochte, als helfen, rathen und<lb/>
Allmo&#x017F;en geben, &#x017F;o viel er nur vermögend<lb/>
war; der nach einer guten That be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;chlief<lb/>
als gewöhnlich; der lange, mit herzlicher<lb/>
Rührung und Dank gegen Gott, von den<lb/>
guten Früchten &#x017F;eines Herzens zehren konn¬<lb/>
te, und &#x017F;einen Gei&#x017F;t am lieb&#x017F;ten mit rühren¬<lb/>
den Empfindungen nährte. Man muß in<lb/>
der That allemal von tiefer Wehmuth und<lb/>
herzlicher Liebe ergriffen werden, wenn man<lb/>
die beneidenswerthe Einfachheit die&#x017F;er See¬<lb/>
len betrachtet, welche in den gewöhnlichen<lb/>
Äußerungen des guten Herzens einen &#x017F;o un¬<lb/>
er&#x017F;chöpflichen Abgrund von Herrlichkeit fin¬<lb/>
den, daß dies völlig ihr Himmel auf Erden<lb/>
i&#x017F;t, wodurch &#x017F;ie mit der ganzen Welt ver¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[230/0238] zumal da ihm nun eine verſtändige Wirth¬ ſchafterinn mangelte. Dieſer Vater war urſprünglich ein weicher und ſehr gutherziger Mann, der nichts lie¬ ber thun mochte, als helfen, rathen und Allmoſen geben, ſo viel er nur vermögend war; der nach einer guten That beſſer ſchlief als gewöhnlich; der lange, mit herzlicher Rührung und Dank gegen Gott, von den guten Früchten ſeines Herzens zehren konn¬ te, und ſeinen Geiſt am liebſten mit rühren¬ den Empfindungen nährte. Man muß in der That allemal von tiefer Wehmuth und herzlicher Liebe ergriffen werden, wenn man die beneidenswerthe Einfachheit dieſer See¬ len betrachtet, welche in den gewöhnlichen Äußerungen des guten Herzens einen ſo un¬ erſchöpflichen Abgrund von Herrlichkeit fin¬ den, daß dies völlig ihr Himmel auf Erden iſt, wodurch ſie mit der ganzen Welt ver¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/238
Zitationshilfe: Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/238>, abgerufen am 11.05.2024.