Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

söhnt, und immer in zufriedenem Wohlbe¬
hagen erhalten werden. Joseph hatte ganz
diese Empfindung, wenn er seinen Vater be¬
trachtete; -- aber ihn hatte der Himmel
nun einmal so eingerichtet, daß er immer
nach etwas noch Höherem trachtete; es
genügte ihm nicht die bloße Gesundheit
der Seele, und daß sie ihre ordentlichen Ge¬
schäfte auf Erden, als arbeiten und Gutes
thun, verrichtete; -- er wollte, daß sie auch
in üppigem Übermuthe dahertanzen, und
zum Himmel, als zu ihrem Ursprunge, hin¬
aufjauchzen sollte.

Das Gemüth seines Vaters war aber
auch noch aus andern Dingen zusammenge¬
setzt. Er war ein ämsiger und gewissenhafter
Arzt, der Zeit seines Lebens an nichts als
an der Kenntniß der seltsamen Dinge, die
im menschlichen Körper verborgen liegen,
und an der weitläuftigen Wissenschaft aller

ſöhnt, und immer in zufriedenem Wohlbe¬
hagen erhalten werden. Joſeph hatte ganz
dieſe Empfindung, wenn er ſeinen Vater be¬
trachtete; — aber ihn hatte der Himmel
nun einmal ſo eingerichtet, daß er immer
nach etwas noch Höherem trachtete; es
genügte ihm nicht die bloße Geſundheit
der Seele, und daß ſie ihre ordentlichen Ge¬
ſchäfte auf Erden, als arbeiten und Gutes
thun, verrichtete; — er wollte, daß ſie auch
in üppigem Übermuthe dahertanzen, und
zum Himmel, als zu ihrem Urſprunge, hin¬
aufjauchzen ſollte.

Das Gemüth ſeines Vaters war aber
auch noch aus andern Dingen zuſammenge¬
ſetzt. Er war ein ämſiger und gewiſſenhafter
Arzt, der Zeit ſeines Lebens an nichts als
an der Kenntniß der ſeltſamen Dinge, die
im menſchlichen Körper verborgen liegen,
und an der weitläuftigen Wiſſenſchaft aller

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0239" n="231"/>
&#x017F;öhnt, und immer in zufriedenem Wohlbe¬<lb/>
hagen erhalten werden. Jo&#x017F;eph hatte ganz<lb/>
die&#x017F;e Empfindung, wenn er &#x017F;einen Vater be¬<lb/>
trachtete; &#x2014; aber <hi rendition="#g">ihn</hi> hatte der Himmel<lb/>
nun einmal &#x017F;o eingerichtet, daß er immer<lb/>
nach etwas <hi rendition="#g">noch Höherem</hi> trachtete; es<lb/>
genügte ihm nicht die bloße <hi rendition="#g">Ge&#x017F;undheit</hi><lb/>
der Seele, und daß &#x017F;ie ihre ordentlichen Ge¬<lb/>
&#x017F;chäfte auf Erden, als arbeiten und Gutes<lb/>
thun, verrichtete; &#x2014; er wollte, daß &#x017F;ie auch<lb/>
in üppigem Übermuthe dahertanzen, und<lb/>
zum Himmel, als zu ihrem Ur&#x017F;prunge, hin¬<lb/>
aufjauchzen &#x017F;ollte.</p><lb/>
          <p>Das Gemüth &#x017F;eines Vaters war aber<lb/>
auch noch aus andern Dingen zu&#x017F;ammenge¬<lb/>
&#x017F;etzt. Er war ein äm&#x017F;iger und gewi&#x017F;&#x017F;enhafter<lb/>
Arzt, der Zeit &#x017F;eines Lebens an nichts als<lb/>
an der Kenntniß der &#x017F;elt&#x017F;amen Dinge, die<lb/>
im men&#x017F;chlichen Körper verborgen liegen,<lb/>
und an der weitläuftigen Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft aller<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0239] ſöhnt, und immer in zufriedenem Wohlbe¬ hagen erhalten werden. Joſeph hatte ganz dieſe Empfindung, wenn er ſeinen Vater be¬ trachtete; — aber ihn hatte der Himmel nun einmal ſo eingerichtet, daß er immer nach etwas noch Höherem trachtete; es genügte ihm nicht die bloße Geſundheit der Seele, und daß ſie ihre ordentlichen Ge¬ ſchäfte auf Erden, als arbeiten und Gutes thun, verrichtete; — er wollte, daß ſie auch in üppigem Übermuthe dahertanzen, und zum Himmel, als zu ihrem Urſprunge, hin¬ aufjauchzen ſollte. Das Gemüth ſeines Vaters war aber auch noch aus andern Dingen zuſammenge¬ ſetzt. Er war ein ämſiger und gewiſſenhafter Arzt, der Zeit ſeines Lebens an nichts als an der Kenntniß der ſeltſamen Dinge, die im menſchlichen Körper verborgen liegen, und an der weitläuftigen Wiſſenſchaft aller

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/239
Zitationshilfe: Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/239>, abgerufen am 11.05.2024.