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Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797.

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Versammlung der Zuhörer zu blicken, in ei¬
nen Winkel, und hörte mit eben der An¬
dacht zu, als wenn er in der Kirche wäre, --
eben so still und unbeweglich, und mit so
vor sich auf den Boden sehenden Augen.
Der geringste Ton entschlüpfte ihm nicht,
und er war von der angespannten Aufmerk¬
samkeit am Ende ganz schlaff und ermüdet.
Seine ewig bewegliche Seele war ganz ein
Spiel der Töne; -- es war als wenn sie
losgebunden vom Körper wäre und freyer
umherzitterte, oder auch als wäre sein Kör¬
per mit zur Seele geworden, -- so frey
und leicht ward sein ganzes Wesen von den
schönen Harmonieen umschlungen, und die
feinsten Falten und Biegungen der Töne
drückten sich in seiner weichen Seele ab. --
Bey fröhlichen und entzückenden vollstimmi¬
gen Symphonieen, die er vorzüglich liebte,
kam es ihm gar oftmals vor, als säh' er ein

Verſammlung der Zuhörer zu blicken, in ei¬
nen Winkel, und hörte mit eben der An¬
dacht zu, als wenn er in der Kirche wäre, —
eben ſo ſtill und unbeweglich, und mit ſo
vor ſich auf den Boden ſehenden Augen.
Der geringſte Ton entſchlüpfte ihm nicht,
und er war von der angeſpannten Aufmerk¬
ſamkeit am Ende ganz ſchlaff und ermüdet.
Seine ewig bewegliche Seele war ganz ein
Spiel der Töne; — es war als wenn ſie
losgebunden vom Körper wäre und freyer
umherzitterte, oder auch als wäre ſein Kör¬
per mit zur Seele geworden, — ſo frey
und leicht ward ſein ganzes Weſen von den
ſchönen Harmonieen umſchlungen, und die
feinſten Falten und Biegungen der Töne
drückten ſich in ſeiner weichen Seele ab. —
Bey fröhlichen und entzückenden vollſtimmi¬
gen Symphonieen, die er vorzüglich liebte,
kam es ihm gar oftmals vor, als ſäh' er ein

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[239/0247] Verſammlung der Zuhörer zu blicken, in ei¬ nen Winkel, und hörte mit eben der An¬ dacht zu, als wenn er in der Kirche wäre, — eben ſo ſtill und unbeweglich, und mit ſo vor ſich auf den Boden ſehenden Augen. Der geringſte Ton entſchlüpfte ihm nicht, und er war von der angeſpannten Aufmerk¬ ſamkeit am Ende ganz ſchlaff und ermüdet. Seine ewig bewegliche Seele war ganz ein Spiel der Töne; — es war als wenn ſie losgebunden vom Körper wäre und freyer umherzitterte, oder auch als wäre ſein Kör¬ per mit zur Seele geworden, — ſo frey und leicht ward ſein ganzes Weſen von den ſchönen Harmonieen umſchlungen, und die feinſten Falten und Biegungen der Töne drückten ſich in ſeiner weichen Seele ab. — Bey fröhlichen und entzückenden vollſtimmi¬ gen Symphonieen, die er vorzüglich liebte, kam es ihm gar oftmals vor, als ſäh' er ein

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Zitationshilfe: Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/247>, abgerufen am 21.11.2024.