Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

romanhafte und unnatürliche Erdichtung hal¬
ten, allein es ist reine Wahrheit, wenn ich
erzähle, daß er oftmals in seiner Einsam¬
keit, aus inbrünstigem Triebe seines Her¬
zens, auf die Kniee fiel, und Gott bat, er
möchte ihn doch also führen, daß er einst
ein recht herrlicher Künstler vor dem Him¬
mel und vor der Erde werden möchte. In
dieser Zeit, da sein Blut, von den immer
auf denselben Fleck gehefteten Vorstellungen
bedrängt, oft in heftiger Wallung war,
schrieb er mehrere kleine Gedichte nieder, die
seinen Zustand, oder das Lob der Tonkunst
schilderten, und die er mit großer Freude,
auf seine kindisch-gefühlvolle Weise in Mu¬
sik setzte, ohne die Regeln zu kennen. Eine
Probe von diesen Liedern ist folgendes Ge¬
bet, welches er an diejenige unter den Hei¬
ligen richtete, die als Beschützerinn der Ton¬
kunst verehrt wird:

romanhafte und unnatürliche Erdichtung hal¬
ten, allein es iſt reine Wahrheit, wenn ich
erzähle, daß er oftmals in ſeiner Einſam¬
keit, aus inbrünſtigem Triebe ſeines Her¬
zens, auf die Kniee fiel, und Gott bat, er
möchte ihn doch alſo führen, daß er einſt
ein recht herrlicher Künſtler vor dem Him¬
mel und vor der Erde werden möchte. In
dieſer Zeit, da ſein Blut, von den immer
auf denſelben Fleck gehefteten Vorſtellungen
bedrängt, oft in heftiger Wallung war,
ſchrieb er mehrere kleine Gedichte nieder, die
ſeinen Zuſtand, oder das Lob der Tonkunſt
ſchilderten, und die er mit großer Freude,
auf ſeine kindiſch-gefühlvolle Weiſe in Mu¬
ſik ſetzte, ohne die Regeln zu kennen. Eine
Probe von dieſen Liedern iſt folgendes Ge¬
bet, welches er an diejenige unter den Hei¬
ligen richtete, die als Beſchützerinn der Ton¬
kunſt verehrt wird:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0256" n="248"/>
romanhafte und <choice><sic>unnatüeliche</sic><corr>unnatürliche</corr></choice> Erdichtung hal¬<lb/>
ten, allein es i&#x017F;t reine Wahrheit, wenn ich<lb/>
erzähle, daß er oftmals in &#x017F;einer Ein&#x017F;am¬<lb/>
keit, aus inbrün&#x017F;tigem Triebe &#x017F;eines Her¬<lb/>
zens, auf die Kniee fiel, und Gott bat, er<lb/>
möchte ihn doch al&#x017F;o führen, daß er ein&#x017F;t<lb/>
ein recht herrlicher Kün&#x017F;tler vor dem Him¬<lb/>
mel und vor der Erde werden möchte. In<lb/>
die&#x017F;er Zeit, da &#x017F;ein Blut, von den immer<lb/>
auf den&#x017F;elben Fleck gehefteten Vor&#x017F;tellungen<lb/>
bedrängt, oft in heftiger Wallung war,<lb/>
&#x017F;chrieb er mehrere kleine Gedichte nieder, die<lb/>
&#x017F;einen Zu&#x017F;tand, oder das Lob der Tonkun&#x017F;t<lb/>
&#x017F;childerten, und die er mit großer Freude,<lb/>
auf &#x017F;eine kindi&#x017F;ch-gefühlvolle Wei&#x017F;e in Mu¬<lb/>
&#x017F;ik &#x017F;etzte, ohne die Regeln zu kennen. Eine<lb/>
Probe von die&#x017F;en Liedern i&#x017F;t folgendes Ge¬<lb/>
bet, welches er an diejenige unter den Hei¬<lb/>
ligen richtete, die als Be&#x017F;chützerinn der Ton¬<lb/>
kun&#x017F;t verehrt wird:</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[248/0256] romanhafte und unnatürliche Erdichtung hal¬ ten, allein es iſt reine Wahrheit, wenn ich erzähle, daß er oftmals in ſeiner Einſam¬ keit, aus inbrünſtigem Triebe ſeines Her¬ zens, auf die Kniee fiel, und Gott bat, er möchte ihn doch alſo führen, daß er einſt ein recht herrlicher Künſtler vor dem Him¬ mel und vor der Erde werden möchte. In dieſer Zeit, da ſein Blut, von den immer auf denſelben Fleck gehefteten Vorſtellungen bedrängt, oft in heftiger Wallung war, ſchrieb er mehrere kleine Gedichte nieder, die ſeinen Zuſtand, oder das Lob der Tonkunſt ſchilderten, und die er mit großer Freude, auf ſeine kindiſch-gefühlvolle Weiſe in Mu¬ ſik ſetzte, ohne die Regeln zu kennen. Eine Probe von dieſen Liedern iſt folgendes Ge¬ bet, welches er an diejenige unter den Hei¬ ligen richtete, die als Beſchützerinn der Ton¬ kunſt verehrt wird:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/256
Zitationshilfe: Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/256>, abgerufen am 13.05.2024.