Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

nach meinem Tode, einmal hinkommt, ein
oder der andre Mensch lebt, in den der
Himmel eine solche Sympathie zu meiner
Seele gelegt hat, daß er aus meinen Melo¬
dieen grade das herausfühlt, was ich beym
Niederschreiben empfand, und was ich so
gern hineinlegen wollte. Eine schöne Idee,
womit man sich eine Zeitlang wohl ange¬
nehm täuschen kann!" --

"Allein das allerabscheulichste sind noch
alle die andern Verhältnisse, worin der Künst¬
ler eingestrickt wird. Von allen dem ekel¬
haften Neid und hämischen Wesen, von al¬
len den widrig-kleinlichen Sitten und Be¬
gegnungen, von aller der Subordination der
Kunst unter den Willen des Hofes; -- es
widersteht mir ein Wort davon zu reden, --
es ist alles so unwürdig und die menschliche
Seele so erniedrigend, daß ich nicht eine

nach meinem Tode, einmal hinkommt, ein
oder der andre Menſch lebt, in den der
Himmel eine ſolche Sympathie zu meiner
Seele gelegt hat, daß er aus meinen Melo¬
dieen grade das herausfühlt, was ich beym
Niederſchreiben empfand, und was ich ſo
gern hineinlegen wollte. Eine ſchöne Idee,
womit man ſich eine Zeitlang wohl ange¬
nehm täuſchen kann!« —

»Allein das allerabſcheulichſte ſind noch
alle die andern Verhältniſſe, worin der Künſt¬
ler eingeſtrickt wird. Von allen dem ekel¬
haften Neid und hämiſchen Weſen, von al¬
len den widrig-kleinlichen Sitten und Be¬
gegnungen, von aller der Subordination der
Kunſt unter den Willen des Hofes; — es
widerſteht mir ein Wort davon zu reden, —
es iſt alles ſo unwürdig und die menſchliche
Seele ſo erniedrigend, daß ich nicht eine

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0269" n="261"/>
nach meinem Tode, einmal hinkommt, ein<lb/>
oder der andre Men&#x017F;ch lebt, in den der<lb/>
Himmel eine &#x017F;olche Sympathie zu meiner<lb/>
Seele gelegt hat, daß er aus meinen Melo¬<lb/>
dieen grade das herausfühlt, was ich beym<lb/>
Nieder&#x017F;chreiben empfand, und was ich &#x017F;o<lb/>
gern hineinlegen wollte. Eine &#x017F;chöne Idee,<lb/>
womit man &#x017F;ich eine Zeitlang wohl ange¬<lb/>
nehm täu&#x017F;chen kann!« &#x2014;</p><lb/>
          <p>»Allein das allerab&#x017F;cheulich&#x017F;te &#x017F;ind noch<lb/>
alle die andern Verhältni&#x017F;&#x017F;e, worin der Kün&#x017F;<lb/>
ler einge&#x017F;trickt wird. Von allen dem ekel¬<lb/>
haften Neid und hämi&#x017F;chen We&#x017F;en, von al¬<lb/>
len den widrig-kleinlichen Sitten und Be¬<lb/>
gegnungen, von aller der Subordination der<lb/>
Kun&#x017F;t unter den Willen des Hofes; &#x2014; es<lb/>
wider&#x017F;teht mir <hi rendition="#g">ein</hi> Wort davon zu reden, &#x2014;<lb/>
es i&#x017F;t alles &#x017F;o unwürdig und die men&#x017F;chliche<lb/>
Seele &#x017F;o erniedrigend, daß ich nicht <hi rendition="#g">eine</hi><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[261/0269] nach meinem Tode, einmal hinkommt, ein oder der andre Menſch lebt, in den der Himmel eine ſolche Sympathie zu meiner Seele gelegt hat, daß er aus meinen Melo¬ dieen grade das herausfühlt, was ich beym Niederſchreiben empfand, und was ich ſo gern hineinlegen wollte. Eine ſchöne Idee, womit man ſich eine Zeitlang wohl ange¬ nehm täuſchen kann!« — »Allein das allerabſcheulichſte ſind noch alle die andern Verhältniſſe, worin der Künſt¬ ler eingeſtrickt wird. Von allen dem ekel¬ haften Neid und hämiſchen Weſen, von al¬ len den widrig-kleinlichen Sitten und Be¬ gegnungen, von aller der Subordination der Kunſt unter den Willen des Hofes; — es widerſteht mir ein Wort davon zu reden, — es iſt alles ſo unwürdig und die menſchliche Seele ſo erniedrigend, daß ich nicht eine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/269
Zitationshilfe: Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/269>, abgerufen am 13.05.2024.