unnachahmlichen Raphael, gesetzt zu haben. Er schlug sich vor seinen grauen Kopf, und weinte bittere, schmerzende Thränen, daß er sein Leben mit eitelm, ergeizigen Schweiße verbracht, und sich dabey nur immer, thörich¬ ter gemacht habe, und nun endlich, dem Tode nahe, mit geöffneten Augen auf sein ganzes Leben als auf ein elendes, unvollen¬ detes Stümperwerk zurücksehen müsse. Er hob mit dem erhobenen Antlitz der heiligen Cäcilia auch seine Blicke empor, zeigte dem Himmel sein wundes, reuiges Herz, und be¬ tete gedemüthigt um Vergebung.
Er fühlte sich so schwach, daß seine Schü¬ ler ihn ins Bett bringen mußten. Beym Herausgehen aus dem Zimmer fielen ihm ei¬ nige seiner Gemählde, und besonders seine sterbende Cäcilia, welche noch dort hing, in die Augen; und er verging fast vor Schmerz.
Von der Zeit an war sein Gemüth in
unnachahmlichen Raphael, geſetzt zu haben. Er ſchlug ſich vor ſeinen grauen Kopf, und weinte bittere, ſchmerzende Thränen, daß er ſein Leben mit eitelm, ergeizigen Schweiße verbracht, und ſich dabey nur immer, thörich¬ ter gemacht habe, und nun endlich, dem Tode nahe, mit geöffneten Augen auf ſein ganzes Leben als auf ein elendes, unvollen¬ detes Stümperwerk zurückſehen müſſe. Er hob mit dem erhobenen Antlitz der heiligen Cäcilia auch ſeine Blicke empor, zeigte dem Himmel ſein wundes, reuiges Herz, und be¬ tete gedemüthigt um Vergebung.
Er fühlte ſich ſo ſchwach, daß ſeine Schü¬ ler ihn ins Bett bringen mußten. Beym Herausgehen aus dem Zimmer fielen ihm ei¬ nige ſeiner Gemählde, und beſonders ſeine ſterbende Cäcilia, welche noch dort hing, in die Augen; und er verging faſt vor Schmerz.
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unnachahmlichen Raphael, geſetzt zu haben.
Er ſchlug ſich vor ſeinen grauen Kopf, und
weinte bittere, ſchmerzende Thränen, daß er
ſein Leben mit eitelm, ergeizigen Schweiße
verbracht, und ſich dabey nur immer, thörich¬
ter gemacht habe, und nun endlich, dem
Tode nahe, mit geöffneten Augen auf ſein
ganzes Leben als auf ein elendes, unvollen¬
detes Stümperwerk zurückſehen müſſe. Er
hob mit dem erhobenen Antlitz der heiligen
Cäcilia auch ſeine Blicke empor, zeigte dem
Himmel ſein wundes, reuiges Herz, und be¬
tete gedemüthigt um Vergebung.
Er fühlte ſich ſo ſchwach, daß ſeine Schü¬
ler ihn ins Bett bringen mußten. Beym
Herausgehen aus dem Zimmer fielen ihm ei¬
nige ſeiner Gemählde, und beſonders ſeine
ſterbende Cäcilia, welche noch dort hing, in
die Augen; und er verging faſt vor Schmerz.
Von der Zeit an war ſein Gemüth in
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Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/46>, abgerufen am 21.11.2024.
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