Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

doch sehen Eure Köpfe, wenn man sie zum
erstenmal betrachtet, beynahe leichter aus,
als andre; denn sie haben ein gar zu natür¬
liches Ansehen, und es ist, als wenn man
darin die Personen, die es seyn sollen, gleich
erkennte, und als wenn man sie schon leben¬
dig gesehen hätte. Auch finde ich bey Euch
nicht eben solche schwere und außerordent¬
liche Verkürzungen der Glieder, womit wohl
andre Meister heutiges Tages die Vollkom¬
menheit ihrer Kunst zu zeigen, und uns arme
Schüler zu quälen pflegen."

"Darum, so viel ich auch immer nachge¬
grübelt habe, weiß ich mir doch durchaus
das Besondere nicht zu erklären, was Eure
Bilder an sich haben, und kann gar nicht
ergründen, worin es eigentlich liegt, daß
man Euch nicht recht nachahmen, und Euch
nie ganz und gar erreichen kann. O leistet
mir hierin Euren Beystand, -- ich bitte Euch

doch ſehen Eure Köpfe, wenn man ſie zum
erſtenmal betrachtet, beynahe leichter aus,
als andre; denn ſie haben ein gar zu natür¬
liches Anſehen, und es iſt, als wenn man
darin die Perſonen, die es ſeyn ſollen, gleich
erkennte, und als wenn man ſie ſchon leben¬
dig geſehen hätte. Auch finde ich bey Euch
nicht eben ſolche ſchwere und außerordent¬
liche Verkürzungen der Glieder, womit wohl
andre Meiſter heutiges Tages die Vollkom¬
menheit ihrer Kunſt zu zeigen, und uns arme
Schüler zu quälen pflegen.«

»Darum, ſo viel ich auch immer nachge¬
grübelt habe, weiß ich mir doch durchaus
das Beſondere nicht zu erklären, was Eure
Bilder an ſich haben, und kann gar nicht
ergründen, worin es eigentlich liegt, daß
man Euch nicht recht nachahmen, und Euch
nie ganz und gar erreichen kann. O leiſtet
mir hierin Euren Beyſtand, — ich bitte Euch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div>
              <p><pb facs="#f0054" n="46"/>
doch &#x017F;ehen Eure Köpfe, wenn man &#x017F;ie zum<lb/>
er&#x017F;tenmal betrachtet, beynahe leichter aus,<lb/>
als andre; denn &#x017F;ie haben ein gar zu natür¬<lb/>
liches An&#x017F;ehen, und es i&#x017F;t, als wenn man<lb/>
darin die Per&#x017F;onen, die es &#x017F;eyn &#x017F;ollen, gleich<lb/>
erkennte, und als wenn man &#x017F;ie &#x017F;chon leben¬<lb/>
dig ge&#x017F;ehen hätte. Auch finde ich bey Euch<lb/>
nicht eben &#x017F;olche &#x017F;chwere und außerordent¬<lb/>
liche Verkürzungen der Glieder, womit wohl<lb/>
andre Mei&#x017F;ter heutiges Tages die Vollkom¬<lb/>
menheit ihrer Kun&#x017F;t zu zeigen, und uns arme<lb/>
Schüler zu quälen pflegen.«</p><lb/>
              <p>»Darum, &#x017F;o viel ich auch immer nachge¬<lb/>
grübelt habe, weiß ich mir doch durchaus<lb/>
das Be&#x017F;ondere nicht zu erklären, was Eure<lb/>
Bilder an &#x017F;ich haben, und kann gar nicht<lb/>
ergründen, worin es eigentlich liegt, daß<lb/>
man Euch nicht recht nachahmen, und Euch<lb/>
nie ganz und gar erreichen kann. O lei&#x017F;tet<lb/>
mir hierin Euren Bey&#x017F;tand, &#x2014; ich bitte Euch<lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0054] doch ſehen Eure Köpfe, wenn man ſie zum erſtenmal betrachtet, beynahe leichter aus, als andre; denn ſie haben ein gar zu natür¬ liches Anſehen, und es iſt, als wenn man darin die Perſonen, die es ſeyn ſollen, gleich erkennte, und als wenn man ſie ſchon leben¬ dig geſehen hätte. Auch finde ich bey Euch nicht eben ſolche ſchwere und außerordent¬ liche Verkürzungen der Glieder, womit wohl andre Meiſter heutiges Tages die Vollkom¬ menheit ihrer Kunſt zu zeigen, und uns arme Schüler zu quälen pflegen.« »Darum, ſo viel ich auch immer nachge¬ grübelt habe, weiß ich mir doch durchaus das Beſondere nicht zu erklären, was Eure Bilder an ſich haben, und kann gar nicht ergründen, worin es eigentlich liegt, daß man Euch nicht recht nachahmen, und Euch nie ganz und gar erreichen kann. O leiſtet mir hierin Euren Beyſtand, — ich bitte Euch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/54
Zitationshilfe: Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/54>, abgerufen am 11.05.2024.