Wackernagel, Wilhelm: Poetik, Rhetorik und Stilistik: Academische Vorlesungen. Hrsg. v. L. Sieber. Halle, 1873pwa_097.001 pwa_097.004 pwa_097.009 pwa_097.032 1 pwa_097.039 Ein bemerkenswerthes Beispiel giebt die Vorrede zu LB. 2, S. 8. 9. 2 pwa_097.040
Vgl. Altschwedische Balladen, Märchen und Schwänke sammt einigen dänischen pwa_097.041 Volksliedern. Uebersetzt von Gottl. Mohnike (1836) 74. 93. 151. pwa_097.001 pwa_097.004 pwa_097.009 pwa_097.032 1 pwa_097.039 Ein bemerkenswerthes Beispiel giebt die Vorrede zu LB. 2, S. 8. 9. 2 pwa_097.040
Vgl. Altschwedische Balladen, Märchen und Schwänke sammt einigen dänischen pwa_097.041 Volksliedern. Uebersetzt von Gottl. Mohnike (1836) 74. 93. 151. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0115" n="97"/><lb n="pwa_097.001"/> sechzehnten, ein andres im neunzehnten Jahrhundert, ein andres in <lb n="pwa_097.002"/> der Schweiz, ein andres in Schlesien, und doch allemal im Grunde <lb n="pwa_097.003"/> dasselbe.<note xml:id="pwa_097_1" place="foot" n="1"><lb n="pwa_097.039"/> Ein bemerkenswerthes Beispiel giebt die Vorrede zu LB. 2, S. 8. 9.</note></p> <p><lb n="pwa_097.004"/> Eben solche lyrisch-epische Volkspoesie gegenüber der Epik und <lb n="pwa_097.005"/> Lyrik der Gelehrten und Gebildeten finden wir auch bei allen übrigen <lb n="pwa_097.006"/> civilisierten Völkern. Es wird zweckdienlich sein in dieser Beziehung <lb n="pwa_097.007"/> hier die Schweden und Dänen, dort die Engländer und Schotten, dort <lb n="pwa_097.008"/> endlich die Spanier vorübergehend ins Auge zu fassen.</p> <p><lb n="pwa_097.009"/> Bei den Schweden und Dänen zeigt sich in dem grossen Vorrath <lb n="pwa_097.010"/> von schönen und bedeutsamen Volksliedern, welche sie besitzen, das <lb n="pwa_097.011"/> lyrische Element meistens auf eigenthümliche Weise von dem epischen <lb n="pwa_097.012"/> abgesondert. Die grössere Masse des Liedes ist da durchaus episch; <lb n="pwa_097.013"/> von Strophe zu Strophe schreitet in dem rechten Verlauf der einzelnen <lb n="pwa_097.014"/> Thatsachen die Handlung vorwärts, oft noch mit derselben energischen <lb n="pwa_097.015"/> Hast, wie sie dem ältesten Epos eigen war, und gewöhnlich so, dass <lb n="pwa_097.016"/> sie von Reden und Zwiegesprächen der Handelnden characteristisch <lb n="pwa_097.017"/> begleitet wird, was gleichfalls schon als besondre Eigenthümlichkeit <lb n="pwa_097.018"/> der altepischen Poesie grade des Nordens ist bezeichnet worden (S. 63). <lb n="pwa_097.019"/> Das Lyrische aber liegt mehr ausserhalb des Gedichtes, indem es in den <lb n="pwa_097.020"/> Refrain verwiesen, also eingeschränkt ist auf eine oder zwei Zeilen, <lb n="pwa_097.021"/> die hinter allen Strophen, sei das Lied auch noch so lang, regelmässig <lb n="pwa_097.022"/> und gleichmässig wiederkehren. Erst hier wird, meistens in <lb n="pwa_097.023"/> abgebrochenen, halb räthselhaften Worten, die Beziehung ausgedrückt, <lb n="pwa_097.024"/> in welcher die erzählten Thatsachen zu dem Gemüthe des Erzählenden <lb n="pwa_097.025"/> stehn; hier erst erhält man zu dem Object der äusserlichen Wirklichkeit <lb n="pwa_097.026"/> auch den inneren Zustand des dichtenden und singenden Subjectes. <lb n="pwa_097.027"/> So z. B., wenn durch schwedische Lieder, die eine leidvolle <lb n="pwa_097.028"/> Liebesgeschichte erzählen, sich als Refrain die Worte hindurchziehn: <lb n="pwa_097.029"/> „Mich dünkt, es ist schwer zu leben“ oder: „Doch ich weiss, der <lb n="pwa_097.030"/> Kummer ist schwer“ oder: „Doch Keiner kann den Kummer vertreiben“<note xml:id="pwa_097_2" place="foot" n="2"><lb n="pwa_097.040"/> Vgl. Altschwedische Balladen, Märchen und Schwänke sammt einigen dänischen <lb n="pwa_097.041"/> Volksliedern. Uebersetzt von Gottl. Mohnike (1836) 74. 93. 151.</note>.</p> <lb n="pwa_097.031"/> <p><lb n="pwa_097.032"/> Die Volkslieder der Engländer und der Schotten im Niederlande <lb n="pwa_097.033"/> pflegen das Lyrische nicht so bloss äusserlich neben das Epische hinzustellen, <lb n="pwa_097.034"/> sondern es enger und inniger mit demselben zu verschmelzen, <lb n="pwa_097.035"/> jedoch so, dass bei weitem der stärkere Accent auf dem Epischen <lb n="pwa_097.036"/> ruht. Die Erzählung geht in raschen und grossen Schritten <lb n="pwa_097.037"/> bis zum Abschluss vorwärts; immer nur Ein Ereigniss mit seinen <lb n="pwa_097.038"/> Motiven und in seinem thatsächlichen Verlauf. Das Lyrische aber </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [97/0115]
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sechzehnten, ein andres im neunzehnten Jahrhundert, ein andres in pwa_097.002
der Schweiz, ein andres in Schlesien, und doch allemal im Grunde pwa_097.003
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Eben solche lyrisch-epische Volkspoesie gegenüber der Epik und pwa_097.005
Lyrik der Gelehrten und Gebildeten finden wir auch bei allen übrigen pwa_097.006
civilisierten Völkern. Es wird zweckdienlich sein in dieser Beziehung pwa_097.007
hier die Schweden und Dänen, dort die Engländer und Schotten, dort pwa_097.008
endlich die Spanier vorübergehend ins Auge zu fassen.
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Bei den Schweden und Dänen zeigt sich in dem grossen Vorrath pwa_097.010
von schönen und bedeutsamen Volksliedern, welche sie besitzen, das pwa_097.011
lyrische Element meistens auf eigenthümliche Weise von dem epischen pwa_097.012
abgesondert. Die grössere Masse des Liedes ist da durchaus episch; pwa_097.013
von Strophe zu Strophe schreitet in dem rechten Verlauf der einzelnen pwa_097.014
Thatsachen die Handlung vorwärts, oft noch mit derselben energischen pwa_097.015
Hast, wie sie dem ältesten Epos eigen war, und gewöhnlich so, dass pwa_097.016
sie von Reden und Zwiegesprächen der Handelnden characteristisch pwa_097.017
begleitet wird, was gleichfalls schon als besondre Eigenthümlichkeit pwa_097.018
der altepischen Poesie grade des Nordens ist bezeichnet worden (S. 63). pwa_097.019
Das Lyrische aber liegt mehr ausserhalb des Gedichtes, indem es in den pwa_097.020
Refrain verwiesen, also eingeschränkt ist auf eine oder zwei Zeilen, pwa_097.021
die hinter allen Strophen, sei das Lied auch noch so lang, regelmässig pwa_097.022
und gleichmässig wiederkehren. Erst hier wird, meistens in pwa_097.023
abgebrochenen, halb räthselhaften Worten, die Beziehung ausgedrückt, pwa_097.024
in welcher die erzählten Thatsachen zu dem Gemüthe des Erzählenden pwa_097.025
stehn; hier erst erhält man zu dem Object der äusserlichen Wirklichkeit pwa_097.026
auch den inneren Zustand des dichtenden und singenden Subjectes. pwa_097.027
So z. B., wenn durch schwedische Lieder, die eine leidvolle pwa_097.028
Liebesgeschichte erzählen, sich als Refrain die Worte hindurchziehn: pwa_097.029
„Mich dünkt, es ist schwer zu leben“ oder: „Doch ich weiss, der pwa_097.030
Kummer ist schwer“ oder: „Doch Keiner kann den Kummer vertreiben“ 2.
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Die Volkslieder der Engländer und der Schotten im Niederlande pwa_097.033
pflegen das Lyrische nicht so bloss äusserlich neben das Epische hinzustellen, pwa_097.034
sondern es enger und inniger mit demselben zu verschmelzen, pwa_097.035
jedoch so, dass bei weitem der stärkere Accent auf dem Epischen pwa_097.036
ruht. Die Erzählung geht in raschen und grossen Schritten pwa_097.037
bis zum Abschluss vorwärts; immer nur Ein Ereigniss mit seinen pwa_097.038
Motiven und in seinem thatsächlichen Verlauf. Das Lyrische aber
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Ein bemerkenswerthes Beispiel giebt die Vorrede zu LB. 2, S. 8. 9.
2 pwa_097.040
Vgl. Altschwedische Balladen, Märchen und Schwänke sammt einigen dänischen pwa_097.041
Volksliedern. Uebersetzt von Gottl. Mohnike (1836) 74. 93. 151.
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