Wackernagel, Wilhelm: Poetik, Rhetorik und Stilistik: Academische Vorlesungen. Hrsg. v. L. Sieber. Halle, 1873pwa_043.001 pwa_043.015 pwa_043.023 1 pwa_043.037 Amm. Marc. 15, 9. 2 pwa_043.038 Niebuhr, Röm. Gesch. 14, 268. 4, 28 (1844). Vorträge 1, 12. 86 fgg. 3 pwa_043.039 Theogon. 1 fgg. 4 pwa_043.040
Demodokos Od. 8, 44 f.: to gar Ra theos peri doken aoiden, terpein, oppe pwa_043.041 thumos epotrunesin aeidein. pwa_043.001 pwa_043.015 pwa_043.023 1 pwa_043.037 Amm. Marc. 15, 9. 2 pwa_043.038 Niebuhr, Röm. Gesch. 14, 268. 4, 28 (1844). Vorträge 1, 12. 86 fgg. 3 pwa_043.039 Theogon. 1 fgg. 4 pwa_043.040
Demodokos Od. 8, 44 f.: τῷ γάρ ῥα θεὸς πέρι δῶκεν ἀοιδήν, τέρπειν, ὅππῃ pwa_043.041 θυμὸς ἐποτρύνῃσιν ἀείδειν. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0061" n="43"/><lb n="pwa_043.001"/> erfunden hatte, liess ihn der Gott die neue Kunst an einem Epos Ramáyana <lb n="pwa_043.002"/> üben; Heldenlieder waren es, welche die Barden der Gallier <lb n="pwa_043.003"/> zum Saitenspiele sangen<note xml:id="pwa_043_1" place="foot" n="1"><lb n="pwa_043.037"/> Amm. Marc. 15, 9.</note>; die ersten Spuren der römischen Poesie <lb n="pwa_043.004"/> sind wiederum Heldenlieder<note xml:id="pwa_043_2" place="foot" n="2"><lb n="pwa_043.038"/> Niebuhr, Röm. Gesch. 1<hi rendition="#sup">4</hi>, 268. 4, 28 (1844). Vorträge 1, 12. 86 fgg.</note>; und schon vor Homer, in den Zeiten <lb n="pwa_043.005"/> der griechischen Litteraturgeschichte, die wir nur aus halb fabelhaften <lb n="pwa_043.006"/> Nachrichten kennen, hatte diess Volk seine epischen Gesänge, und <lb n="pwa_043.007"/> nur solche. Homer wenigstens fand keine andern vor: die <foreign xml:lang="grc">ἀοιδοί</foreign>, <lb n="pwa_043.008"/> die bei ihm auftreten, Phemios auf Ithaka, Demodokos bei den <lb n="pwa_043.009"/> Phäaken, singen nur epische Stoffe. Daher erklärt sich denn auch <lb n="pwa_043.010"/> die griechische Benennung erzählender Gedichte, <foreign xml:lang="grc">ἔπος</foreign>, oder besser <lb n="pwa_043.011"/> pluralisch <foreign xml:lang="grc">ἔπη</foreign> oder <foreign xml:lang="grc">ἐποποιΐα</foreign>, Wort, Rede, Wortschöpfung: denn es <lb n="pwa_043.012"/> gab ursprünglich nur diese künstlerische Gestaltung des Wortes. Die <lb n="pwa_043.013"/> andern und jüngeren Gattungen der Poesie tragen specieller bezeichnende <lb n="pwa_043.014"/> Namen.</p> <p><lb n="pwa_043.015"/> Dass die Dichtkunst in ihren Anfängen episch gewesen sei, darauf <lb n="pwa_043.016"/> zielt auch die griechische Mythologie überall, wo sie die Kunst und <lb n="pwa_043.017"/> jene ihre Anfänge berührt. Der homerische Hymnus, der Hermes als <lb n="pwa_043.018"/> den ersten Sänger und Dichter darstellt, stellt ihn zugleich als Epiker <lb n="pwa_043.019"/> dar: er sang die Liebe des Zeus und der Maja, seiner Eltern, und <lb n="pwa_043.020"/> seine eigne Geburt, sang die Entstehung der Erde und der Götter, <lb n="pwa_043.021"/> den Rang und die Würde derselben, vor allen aber die Mnemosyne, <lb n="pwa_043.022"/> welche ihm die Gabe des Singens verliehn.</p> <p><lb n="pwa_043.023"/> Die Mnemosyne: diess führt uns auf ein andres, noch triftigeres <lb n="pwa_043.024"/> Zeugniss. Von ihr also rührt noch über den Hermes hinaus die Kunst <lb n="pwa_043.025"/> des Gesanges her: das heisst, sie rührt her vom Gedächtniss, von <lb n="pwa_043.026"/> der Erinnerung: solchen Ursprung kann man aber der Poesie nur beilegen, <lb n="pwa_043.027"/> insofern sie lediglich als epische verstanden wird. Diese Auffassung <lb n="pwa_043.028"/> liegt aber dem ganzen Mythus von den Musen zum Grunde. <lb n="pwa_043.029"/> Der Name selber scheint, etymologisch betrachtet, nichts andres zu <lb n="pwa_043.030"/> bedeuten als die Gedenkenden; und was die Musen bewalten, sind <lb n="pwa_043.031"/> ursprünglich nicht die schönen Künste überhaupt, oder gar auch die <lb n="pwa_043.032"/> Wissenschaften: so hat sie erst eine spätere Zeit betrachtet; sondern <lb n="pwa_043.033"/> einzig die Poesie und was dazu gehört, Musik und Tanz. So erscheinen <lb n="pwa_043.034"/> sie bei Homer und Hesiodus<note xml:id="pwa_043_3" place="foot" n="3"><lb n="pwa_043.039"/> Theogon. 1 fgg.</note>. Sie singen aber sowohl selbst den <lb n="pwa_043.035"/> Ursprung und die Thaten der Götter, als auch die Kunst des <foreign xml:lang="grc">ἀοιδός</foreign> <lb n="pwa_043.036"/> eine von ihnen verliehene Gabe ist<note xml:id="pwa_043_4" place="foot" n="4"><lb n="pwa_043.040"/> Demodokos Od. 8, 44 f.: <foreign xml:lang="grc">τῷ γάρ ῥα θεὸς πέρι δῶκεν ἀοιδήν, τέρπειν, ὅππῃ</foreign> <lb n="pwa_043.041"/> <foreign xml:lang="grc">θυμὸς ἐποτρύνῃσιν ἀείδειν</foreign>.</note>. Epischen Gesang also hegen </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [43/0061]
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erfunden hatte, liess ihn der Gott die neue Kunst an einem Epos Ramáyana pwa_043.002
üben; Heldenlieder waren es, welche die Barden der Gallier pwa_043.003
zum Saitenspiele sangen 1; die ersten Spuren der römischen Poesie pwa_043.004
sind wiederum Heldenlieder 2; und schon vor Homer, in den Zeiten pwa_043.005
der griechischen Litteraturgeschichte, die wir nur aus halb fabelhaften pwa_043.006
Nachrichten kennen, hatte diess Volk seine epischen Gesänge, und pwa_043.007
nur solche. Homer wenigstens fand keine andern vor: die ἀοιδοί, pwa_043.008
die bei ihm auftreten, Phemios auf Ithaka, Demodokos bei den pwa_043.009
Phäaken, singen nur epische Stoffe. Daher erklärt sich denn auch pwa_043.010
die griechische Benennung erzählender Gedichte, ἔπος, oder besser pwa_043.011
pluralisch ἔπη oder ἐποποιΐα, Wort, Rede, Wortschöpfung: denn es pwa_043.012
gab ursprünglich nur diese künstlerische Gestaltung des Wortes. Die pwa_043.013
andern und jüngeren Gattungen der Poesie tragen specieller bezeichnende pwa_043.014
Namen.
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Dass die Dichtkunst in ihren Anfängen episch gewesen sei, darauf pwa_043.016
zielt auch die griechische Mythologie überall, wo sie die Kunst und pwa_043.017
jene ihre Anfänge berührt. Der homerische Hymnus, der Hermes als pwa_043.018
den ersten Sänger und Dichter darstellt, stellt ihn zugleich als Epiker pwa_043.019
dar: er sang die Liebe des Zeus und der Maja, seiner Eltern, und pwa_043.020
seine eigne Geburt, sang die Entstehung der Erde und der Götter, pwa_043.021
den Rang und die Würde derselben, vor allen aber die Mnemosyne, pwa_043.022
welche ihm die Gabe des Singens verliehn.
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Die Mnemosyne: diess führt uns auf ein andres, noch triftigeres pwa_043.024
Zeugniss. Von ihr also rührt noch über den Hermes hinaus die Kunst pwa_043.025
des Gesanges her: das heisst, sie rührt her vom Gedächtniss, von pwa_043.026
der Erinnerung: solchen Ursprung kann man aber der Poesie nur beilegen, pwa_043.027
insofern sie lediglich als epische verstanden wird. Diese Auffassung pwa_043.028
liegt aber dem ganzen Mythus von den Musen zum Grunde. pwa_043.029
Der Name selber scheint, etymologisch betrachtet, nichts andres zu pwa_043.030
bedeuten als die Gedenkenden; und was die Musen bewalten, sind pwa_043.031
ursprünglich nicht die schönen Künste überhaupt, oder gar auch die pwa_043.032
Wissenschaften: so hat sie erst eine spätere Zeit betrachtet; sondern pwa_043.033
einzig die Poesie und was dazu gehört, Musik und Tanz. So erscheinen pwa_043.034
sie bei Homer und Hesiodus 3. Sie singen aber sowohl selbst den pwa_043.035
Ursprung und die Thaten der Götter, als auch die Kunst des ἀοιδός pwa_043.036
eine von ihnen verliehene Gabe ist 4. Epischen Gesang also hegen
1 pwa_043.037
Amm. Marc. 15, 9.
2 pwa_043.038
Niebuhr, Röm. Gesch. 14, 268. 4, 28 (1844). Vorträge 1, 12. 86 fgg.
3 pwa_043.039
Theogon. 1 fgg.
4 pwa_043.040
Demodokos Od. 8, 44 f.: τῷ γάρ ῥα θεὸς πέρι δῶκεν ἀοιδήν, τέρπειν, ὅππῃ pwa_043.041
θυμὸς ἐποτρύνῃσιν ἀείδειν.
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