Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite


v. Hasenpoth. Der beste und der tollste Kopf
im ganzen Regiment; wie sie wollen.
Major Gewöhnen sie sich dergleichen abge-
schmackte Wörter ab, meine Herren! noch wird
sies wenig Müh kosten, -- ist aber ein falscher
Handgriff einmal erst eingewurzelt, so hat man des
Henkers Arbeit ihn wieder aus den Knochen zu
bringen. -- Apropos! heut hab ich einen Haupt-
spaß erlebt; -- in der Auberge, wo ich speise: ich
nähm, hohl mich der Teufel! nicht viel Geld, daß
ich ihn nicht selbst mit angesehn hätte; -- vielleicht
wissen sie schon drum, meine Herren? -- (v. Grö-
ningseck und v. Hasenpoth sehn einander an, und schüt-
teln die Köpfe.)
-- Nicht? das wundert mich; so
was lauft doch sonst wie ein Lauffeuer von Mund
zu Mund: -- Desto besser! so erfahren sie doch
die lautre reine Wahrheit, denn ich hab den gan-
zen Spuck selbst mit angesehn, und soll mich der
Teufel lebendig zerreißen, eh ich ein Wort dazu
setz oder davon thu. -- -- Gestern Nachmittags,
wie ich auf dem Spiegel mein Gläschen Liqueur
trank, um die Verdauung zu befördern, sah ich am
Fenster das in den Hof geht, zween Officier, den
einen von Lionnois, den andern von Anhalt eine
Parthie Piket miteinander spielen: -- es gieng
haarscharf! daß kann ich ihnen versichern; zu
drey Livres die Parthie und alle honneurs be-
zahlt; ich setzte mich, da es mein Leibspiel ist, hin-
ter den letztern, der schon grimmig im Verlust war,
und sah dem Ding ein Weilchen so zu; -- mein
Leb-


v. Haſenpoth. Der beſte und der tollſte Kopf
im ganzen Regiment; wie ſie wollen.
Major Gewoͤhnen ſie ſich dergleichen abge-
ſchmackte Woͤrter ab, meine Herren! noch wird
ſies wenig Muͤh koſten, — iſt aber ein falſcher
Handgriff einmal erſt eingewurzelt, ſo hat man des
Henkers Arbeit ihn wieder aus den Knochen zu
bringen. — Apropos! heut hab ich einen Haupt-
ſpaß erlebt; — in der Auberge, wo ich ſpeiſe: ich
naͤhm, hohl mich der Teufel! nicht viel Geld, daß
ich ihn nicht ſelbſt mit angeſehn haͤtte; — vielleicht
wiſſen ſie ſchon drum, meine Herren? — (v. Groͤ-
ningseck und v. Haſenpoth ſehn einander an, und ſchuͤt-
teln die Koͤpfe.)
— Nicht? das wundert mich; ſo
was lauft doch ſonſt wie ein Lauffeuer von Mund
zu Mund: — Deſto beſſer! ſo erfahren ſie doch
die lautre reine Wahrheit, denn ich hab den gan-
zen Spuck ſelbſt mit angeſehn, und ſoll mich der
Teufel lebendig zerreißen, eh ich ein Wort dazu
ſetz oder davon thu. — — Geſtern Nachmittags,
wie ich auf dem Spiegel mein Glaͤschen Liqueur
trank, um die Verdauung zu befoͤrdern, ſah ich am
Fenſter das in den Hof geht, zween Officier, den
einen von Lionnois, den andern von Anhalt eine
Parthie Piket miteinander ſpielen: — es gieng
haarſcharf! daß kann ich ihnen verſichern; zu
drey Livres die Parthie und alle honneurs be-
zahlt; ich ſetzte mich, da es mein Leibſpiel iſt, hin-
ter den letztern, der ſchon grimmig im Verluſt war,
und ſah dem Ding ein Weilchen ſo zu; — mein
Leb-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0056" n="54"/>
        <fw place="top" type="header">
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </fw>
        <sp who="#HAS">
          <speaker> <hi rendition="#fr">v. Ha&#x017F;enpoth.</hi> </speaker>
          <p>Der be&#x017F;te und der toll&#x017F;te Kopf<lb/>
im ganzen Regiment; wie &#x017F;ie wollen.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#LIN">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Major</hi> </speaker>
          <p>Gewo&#x0364;hnen &#x017F;ie &#x017F;ich dergleichen abge-<lb/>
&#x017F;chmackte Wo&#x0364;rter ab, meine Herren! noch wird<lb/>
&#x017F;ies wenig Mu&#x0364;h ko&#x017F;ten, &#x2014; i&#x017F;t aber ein fal&#x017F;cher<lb/>
Handgriff einmal er&#x017F;t eingewurzelt, &#x017F;o hat man des<lb/>
Henkers Arbeit ihn wieder aus den Knochen zu<lb/>
bringen. &#x2014; Apropos! heut hab ich einen Haupt-<lb/>
&#x017F;paß erlebt; &#x2014; in der Auberge, wo ich &#x017F;pei&#x017F;e: ich<lb/>
na&#x0364;hm, hohl mich der Teufel! nicht viel Geld, daß<lb/>
ich ihn nicht &#x017F;elb&#x017F;t mit ange&#x017F;ehn ha&#x0364;tte; &#x2014; vielleicht<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie &#x017F;chon drum, meine Herren? &#x2014; <stage>(v. Gro&#x0364;-<lb/>
ningseck und v. Ha&#x017F;enpoth &#x017F;ehn einander an, und &#x017F;chu&#x0364;t-<lb/>
teln die Ko&#x0364;pfe.)</stage> &#x2014; Nicht? das wundert mich; &#x017F;o<lb/>
was lauft doch &#x017F;on&#x017F;t wie ein Lauffeuer von Mund<lb/>
zu Mund: &#x2014; De&#x017F;to be&#x017F;&#x017F;er! &#x017F;o erfahren &#x017F;ie doch<lb/>
die lautre reine Wahrheit, denn ich hab den gan-<lb/>
zen Spuck &#x017F;elb&#x017F;t mit ange&#x017F;ehn, und &#x017F;oll mich der<lb/>
Teufel lebendig zerreißen, eh ich ein Wort dazu<lb/>
&#x017F;etz oder davon thu. &#x2014; &#x2014; Ge&#x017F;tern Nachmittags,<lb/>
wie ich auf dem Spiegel mein Gla&#x0364;schen Liqueur<lb/>
trank, um die Verdauung zu befo&#x0364;rdern, &#x017F;ah ich am<lb/>
Fen&#x017F;ter das in den Hof geht, zween Officier, den<lb/>
einen von Lionnois, den andern von Anhalt eine<lb/>
Parthie Piket miteinander &#x017F;pielen: &#x2014; es gieng<lb/>
haar&#x017F;charf! daß kann ich ihnen ver&#x017F;ichern; zu<lb/>
drey Livres die Parthie und alle <hi rendition="#aq">honneurs</hi> be-<lb/>
zahlt; ich &#x017F;etzte mich, da es mein Leib&#x017F;piel i&#x017F;t, hin-<lb/>
ter den letztern, der &#x017F;chon grimmig im Verlu&#x017F;t war,<lb/>
und &#x017F;ah dem Ding ein Weilchen &#x017F;o zu; &#x2014; mein<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Leb-</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[54/0056] v. Haſenpoth. Der beſte und der tollſte Kopf im ganzen Regiment; wie ſie wollen. Major Gewoͤhnen ſie ſich dergleichen abge- ſchmackte Woͤrter ab, meine Herren! noch wird ſies wenig Muͤh koſten, — iſt aber ein falſcher Handgriff einmal erſt eingewurzelt, ſo hat man des Henkers Arbeit ihn wieder aus den Knochen zu bringen. — Apropos! heut hab ich einen Haupt- ſpaß erlebt; — in der Auberge, wo ich ſpeiſe: ich naͤhm, hohl mich der Teufel! nicht viel Geld, daß ich ihn nicht ſelbſt mit angeſehn haͤtte; — vielleicht wiſſen ſie ſchon drum, meine Herren? — (v. Groͤ- ningseck und v. Haſenpoth ſehn einander an, und ſchuͤt- teln die Koͤpfe.) — Nicht? das wundert mich; ſo was lauft doch ſonſt wie ein Lauffeuer von Mund zu Mund: — Deſto beſſer! ſo erfahren ſie doch die lautre reine Wahrheit, denn ich hab den gan- zen Spuck ſelbſt mit angeſehn, und ſoll mich der Teufel lebendig zerreißen, eh ich ein Wort dazu ſetz oder davon thu. — — Geſtern Nachmittags, wie ich auf dem Spiegel mein Glaͤschen Liqueur trank, um die Verdauung zu befoͤrdern, ſah ich am Fenſter das in den Hof geht, zween Officier, den einen von Lionnois, den andern von Anhalt eine Parthie Piket miteinander ſpielen: — es gieng haarſcharf! daß kann ich ihnen verſichern; zu drey Livres die Parthie und alle honneurs be- zahlt; ich ſetzte mich, da es mein Leibſpiel iſt, hin- ter den letztern, der ſchon grimmig im Verluſt war, und ſah dem Ding ein Weilchen ſo zu; — mein Leb-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_kindermoerderin_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_kindermoerderin_1776/56
Zitationshilfe: Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_kindermoerderin_1776/56>, abgerufen am 27.11.2024.