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Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776.

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Lebtag hab ich nicht mit so viel Unglück spielen
sehn, allen Augenblick war er gesechzigt, oder ge-
neunzigt, da war vor Gott Gnade! -- seine Thä-
lerchen flogen, sapperment! daß es nur eine Lust
war. -- Jndem kommt der Lieutenant Wallroth
von Salis, stellt sich hinter den andern gegen mir
über, sieht so ein drey, vier Spiel mit an, wird
einmal roth, einmal blaß im Gesicht; ich dacht,
er wär moitie mit meinem Mann, und der Ver-
lust ärgerte ihn: -- auf einmal, Gott weiß, wie
er das Ding so gleich weg hatte! auf einmal that
er eine so furiose Attaque auf den Geldhaufen, der
vor ihm lag, schob alles groß und klein dem von
Anhalt zu, und sagte: "Härr, dies Geld ischt
"oier! 's goht hie nit bieder zu; ihr syd der Dup
"vom Spiel: drymol hinterenonder hot sich der
"Härr do die Ass in Talon gemischt: ha'ns selbst
"mit angsehn" -- Noch hat er nicht ausgeredt,
hören sie nur! hören sie nur, so gab ihm der von Lion-
nois eine so derbe Maulschelle, daß der ganze Saal
davon erscholl. Sie wollten zugleich nach den Degen
greifen, aber daran wurden sie vom Osterried und sei-
nen Markörs verhindert. -- Wir standen alle
wie vom Donner gerührt da. -- Der Chevalier
de fortune
skisirte sich endlich, ohne daß wirs ge-
wahr wurden, und ein Weilchen drauf gieng der
ehrliche Schwitzer auch fort. -- Glückliche retour!
dacht ich so bey mir selbst, da wird gewiß einer auf
den Arsch gesetzt. -- Aber pardieu, nein! Wall-
roth gieng zum Kommendanten, zeigte den ganzen
Ver-
D 4


Lebtag hab ich nicht mit ſo viel Ungluͤck ſpielen
ſehn, allen Augenblick war er geſechzigt, oder ge-
neunzigt, da war vor Gott Gnade! — ſeine Thaͤ-
lerchen flogen, ſapperment! daß es nur eine Luſt
war. — Jndem kommt der Lieutenant Wallroth
von Salis, ſtellt ſich hinter den andern gegen mir
uͤber, ſieht ſo ein drey, vier Spiel mit an, wird
einmal roth, einmal blaß im Geſicht; ich dacht,
er waͤr moitié mit meinem Mann, und der Ver-
luſt aͤrgerte ihn: — auf einmal, Gott weiß, wie
er das Ding ſo gleich weg hatte! auf einmal that
er eine ſo furioſe Attaque auf den Geldhaufen, der
vor ihm lag, ſchob alles groß und klein dem von
Anhalt zu, und ſagte: „Haͤrr, dies Geld iſcht
„oier! ’s goht hie nit bieder zu; ihr ſyd der Dup
„vom Spiel: drymol hinterenonder hot ſich der
„Haͤrr do die Aſſ in Talon gemiſcht: ha’ns ſelbſt
„mit angſehn„ — Noch hat er nicht ausgeredt,
hoͤren ſie nur! hoͤren ſie nur, ſo gab ihm der von Lion-
nois eine ſo derbe Maulſchelle, daß der ganze Saal
davon erſcholl. Sie wollten zugleich nach den Degen
greifen, aber daran wurden ſie vom Oſterried und ſei-
nen Markoͤrs verhindert. — Wir ſtanden alle
wie vom Donner geruͤhrt da. — Der Chevalier
de fortune
ſkiſirte ſich endlich, ohne daß wirs ge-
wahr wurden, und ein Weilchen drauf gieng der
ehrliche Schwitzer auch fort. — Gluͤckliche retour!
dacht ich ſo bey mir ſelbſt, da wird gewiß einer auf
den Arſch geſetzt. — Aber pardieu, nein! Wall-
roth gieng zum Kommendanten, zeigte den ganzen
Ver-
D 4
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[55/0057] Lebtag hab ich nicht mit ſo viel Ungluͤck ſpielen ſehn, allen Augenblick war er geſechzigt, oder ge- neunzigt, da war vor Gott Gnade! — ſeine Thaͤ- lerchen flogen, ſapperment! daß es nur eine Luſt war. — Jndem kommt der Lieutenant Wallroth von Salis, ſtellt ſich hinter den andern gegen mir uͤber, ſieht ſo ein drey, vier Spiel mit an, wird einmal roth, einmal blaß im Geſicht; ich dacht, er waͤr moitié mit meinem Mann, und der Ver- luſt aͤrgerte ihn: — auf einmal, Gott weiß, wie er das Ding ſo gleich weg hatte! auf einmal that er eine ſo furioſe Attaque auf den Geldhaufen, der vor ihm lag, ſchob alles groß und klein dem von Anhalt zu, und ſagte: „Haͤrr, dies Geld iſcht „oier! ’s goht hie nit bieder zu; ihr ſyd der Dup „vom Spiel: drymol hinterenonder hot ſich der „Haͤrr do die Aſſ in Talon gemiſcht: ha’ns ſelbſt „mit angſehn„ — Noch hat er nicht ausgeredt, hoͤren ſie nur! hoͤren ſie nur, ſo gab ihm der von Lion- nois eine ſo derbe Maulſchelle, daß der ganze Saal davon erſcholl. Sie wollten zugleich nach den Degen greifen, aber daran wurden ſie vom Oſterried und ſei- nen Markoͤrs verhindert. — Wir ſtanden alle wie vom Donner geruͤhrt da. — Der Chevalier de fortune ſkiſirte ſich endlich, ohne daß wirs ge- wahr wurden, und ein Weilchen drauf gieng der ehrliche Schwitzer auch fort. — Gluͤckliche retour! dacht ich ſo bey mir ſelbſt, da wird gewiß einer auf den Arſch geſetzt. — Aber pardieu, nein! Wall- roth gieng zum Kommendanten, zeigte den ganzen Ver- D 4

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Zitationshilfe: Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_kindermoerderin_1776/57>, abgerufen am 23.11.2024.