Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850.unmotivirte Triumph dünken, -- der -- nicht als noth¬ Wer fühlte sich von diesem Siege aber wohl unbe¬ Mit ehrfurchtsvoller Scheu mied er es, von Neuem unmotivirte Triumph dünken, — der — nicht als noth¬ Wer fühlte ſich von dieſem Siege aber wohl unbe¬ Mit ehrfurchtsvoller Scheu mied er es, von Neuem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0105" n="89"/> unmotivirte Triumph dünken, — der — nicht als noth¬<lb/> wendige Errungenſchaft, ſondern als willkürliches Gnaden¬<lb/> geſchenk — uns <hi rendition="#g">ſittlich</hi>, wie wir auf das Sehnen des<lb/> Herzens es verlangen, daher nicht zu erheben und zu be¬<lb/> friedigen vermag.</p><lb/> <p>Wer fühlte ſich von dieſem Siege aber wohl unbe¬<lb/> friedigter als Beethoven ſelbſt? Gelüſtete es ihn nach<lb/> einem zweiten dieſer Art? Wohl das gedankenloſe Heer<lb/> der Nachahmer, die aus glorioſem Dur-Jubel, nach aus¬<lb/> geſtandenen Moll-Beſchwerden ſich unaufhörliche Siegesfeſte<lb/> bereiteten, — nicht aber den Meiſter ſelbſt, der in ſeinen<lb/> Werken die <hi rendition="#g">Weltgeſchichte der Muſik</hi> zu ſchreiben be¬<lb/> rufen war.</p><lb/> <p>Mit ehrfurchtsvoller Scheu mied er es, von Neuem<lb/> ſich in das Meer jenes unſtillbaren ſchrankenloſen Sehnens<lb/> zu ſtürzen. Zu den heitren lebensfrohen Menſchen rich¬<lb/> tete er ſeinen Schritt, die er auf friſcher Aue, am Rande<lb/> des duftenden Waldes unter ſonnigem Himmel gelagert,<lb/> ſcherzend, koſend und tanzend gewahrte. Dort unter dem<lb/> Schatten der Bäumer, beim Rauſchen des Laubes, beim<lb/> traulichen Rieſeln des Baches, ſchloß er einen beſeligenden<lb/> Bund mit der Natur; da fühlte er ſich Menſch und ſein<lb/> Sehnen tief in dem Buſen zurückgedrängt vor der Allmacht<lb/> ſüß beglückender <hi rendition="#g">Erſcheinung</hi>. So dankbar war er gegen<lb/> dieſe Erſcheinung, daß er die einzelnen Theile des Ton¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [89/0105]
unmotivirte Triumph dünken, — der — nicht als noth¬
wendige Errungenſchaft, ſondern als willkürliches Gnaden¬
geſchenk — uns ſittlich, wie wir auf das Sehnen des
Herzens es verlangen, daher nicht zu erheben und zu be¬
friedigen vermag.
Wer fühlte ſich von dieſem Siege aber wohl unbe¬
friedigter als Beethoven ſelbſt? Gelüſtete es ihn nach
einem zweiten dieſer Art? Wohl das gedankenloſe Heer
der Nachahmer, die aus glorioſem Dur-Jubel, nach aus¬
geſtandenen Moll-Beſchwerden ſich unaufhörliche Siegesfeſte
bereiteten, — nicht aber den Meiſter ſelbſt, der in ſeinen
Werken die Weltgeſchichte der Muſik zu ſchreiben be¬
rufen war.
Mit ehrfurchtsvoller Scheu mied er es, von Neuem
ſich in das Meer jenes unſtillbaren ſchrankenloſen Sehnens
zu ſtürzen. Zu den heitren lebensfrohen Menſchen rich¬
tete er ſeinen Schritt, die er auf friſcher Aue, am Rande
des duftenden Waldes unter ſonnigem Himmel gelagert,
ſcherzend, koſend und tanzend gewahrte. Dort unter dem
Schatten der Bäumer, beim Rauſchen des Laubes, beim
traulichen Rieſeln des Baches, ſchloß er einen beſeligenden
Bund mit der Natur; da fühlte er ſich Menſch und ſein
Sehnen tief in dem Buſen zurückgedrängt vor der Allmacht
ſüß beglückender Erſcheinung. So dankbar war er gegen
dieſe Erſcheinung, daß er die einzelnen Theile des Ton¬
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