Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850.der bildende Künstler die Hand, um in ihm selbst aufzu¬ In ihm, dem unmittelbaren Darsteller, vereinigen der bildende Künſtler die Hand, um in ihm ſelbſt aufzu¬ In ihm, dem unmittelbaren Darſteller, vereinigen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0212" n="196"/> der bildende Künſtler die Hand, um in ihm ſelbſt aufzu¬<lb/> gehen, ſelbſt Tänzer und Mimiker zu ſein. — Soweit es<lb/> irgend in ſeiner Fähigkeit liegt, wird dieſer den inneren<lb/> Menſchen, ſein Fühlen und Wollen, an das Auge mitzu¬<lb/> theilen haben. In vollſter Breite und Tiefe gehört ihm<lb/> der ſceniſche Raum zur plaſtiſchen Kundgebung ſeiner Ge¬<lb/> ſtalt und ſeiner Bewegung; als Einzelner oder im Verein<lb/> mit den Genoſſen der Darſtellung. Wo ſein Vermögen<lb/> aber endet, wo die Fülle ſeines Wollens und Fühlens zur<lb/> Entäußerung des inneren Menſchen durch die <hi rendition="#g">Sprache</hi><lb/> ihn hindrängt, da wird das Wort ſeine deutlich bewußte<lb/> Abſicht künden: er wird zum <hi rendition="#g">Dichter</hi>, und um Dichter zu<lb/> ſein, <hi rendition="#g">Tonkünſtler</hi>. Als Tänzer, Tonkünſtler und Dich¬<lb/> ter iſt er aber Eines und Daſſelbe, nichts Anderes als <hi rendition="#g">dar¬<lb/> ſtellender</hi>, <hi rendition="#g">künſtleriſcher Menſch</hi>, <hi rendition="#g">der ſich nach der<lb/> höchſten Fülle ſeiner Fähigkeiten an die höchſte<lb/> Empfängnißkraft mittheilt</hi>.</p><lb/> <p>In ihm, dem unmittelbaren Darſteller, vereinigen<lb/> ſich die drei Schweſterkünſte zu einer gemeinſamen Wirk¬<lb/> ſamkeit, bei welcher die höchſte Fähigkeit jeder einzelnen zu<lb/> ihrer höchſten Entfaltung kommt. Indem ſie gemeinſam<lb/> wirken, gewinnt jede von ihnen das Vermögen, gerade das<lb/> ſein und leiſten zu können, was ſie ihrem eigenthümlich¬<lb/> ſten Weſen nach zu ſein und zu leiſten verlangen. Dadurch,<lb/> daß jede da, wo ihr Vermögen endet, in die andere, von<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [196/0212]
der bildende Künſtler die Hand, um in ihm ſelbſt aufzu¬
gehen, ſelbſt Tänzer und Mimiker zu ſein. — Soweit es
irgend in ſeiner Fähigkeit liegt, wird dieſer den inneren
Menſchen, ſein Fühlen und Wollen, an das Auge mitzu¬
theilen haben. In vollſter Breite und Tiefe gehört ihm
der ſceniſche Raum zur plaſtiſchen Kundgebung ſeiner Ge¬
ſtalt und ſeiner Bewegung; als Einzelner oder im Verein
mit den Genoſſen der Darſtellung. Wo ſein Vermögen
aber endet, wo die Fülle ſeines Wollens und Fühlens zur
Entäußerung des inneren Menſchen durch die Sprache
ihn hindrängt, da wird das Wort ſeine deutlich bewußte
Abſicht künden: er wird zum Dichter, und um Dichter zu
ſein, Tonkünſtler. Als Tänzer, Tonkünſtler und Dich¬
ter iſt er aber Eines und Daſſelbe, nichts Anderes als dar¬
ſtellender, künſtleriſcher Menſch, der ſich nach der
höchſten Fülle ſeiner Fähigkeiten an die höchſte
Empfängnißkraft mittheilt.
In ihm, dem unmittelbaren Darſteller, vereinigen
ſich die drei Schweſterkünſte zu einer gemeinſamen Wirk¬
ſamkeit, bei welcher die höchſte Fähigkeit jeder einzelnen zu
ihrer höchſten Entfaltung kommt. Indem ſie gemeinſam
wirken, gewinnt jede von ihnen das Vermögen, gerade das
ſein und leiſten zu können, was ſie ihrem eigenthümlich¬
ſten Weſen nach zu ſein und zu leiſten verlangen. Dadurch,
daß jede da, wo ihr Vermögen endet, in die andere, von
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