Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850.im Drama. Im Drama erweitert er sein besonderes im Drama. Im Drama erweitert er ſein beſonderes <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0218" n="202"/> im <hi rendition="#g">Drama</hi>. Im Drama erweitert er ſein beſonderes<lb/> Weſen durch Darſtellung einer individuellen Perſönlichkeit,<lb/> die er nicht ſelbſt iſt, zum allgemein menſchlichen Weſen.<lb/> Er muß vollſtändig aus ſich herausgehen, um eine ihm<lb/> fremde Perſönlichkeit nach ihrem eigenen Weſen ſo voll¬<lb/> ſtändig zu erfaſſen, als es nöthig iſt um ſie darſtellen zu<lb/> können; er gelangt hierzu nur, wenn er dieſes eine In¬<lb/> dividuum in ſeiner Berührung, Durchdringung und Er¬<lb/> gänzung mit anderen und durch andere Individualitäten,<lb/> alſo auch das Weſen dieſer anderen Individualitäten ſelbſt,<lb/> ſo genau erforſcht, ſo lebhaft wahrnimmt, daß es ihm<lb/> möglich iſt, dieſe Berührung, Durchdringung und Ergän¬<lb/> zung an ſeinem eigenen Weſen ſympathetiſch inne zu wer¬<lb/> den; und der vollkommene künſtleriſche Darſteller iſt daher<lb/> der zum <hi rendition="#g">Weſen der Gattung</hi> erweiterte einzelne Menſch<lb/> nach der höchſten Fülle ſeines eigenen beſonderen Weſens.<lb/> Der Raum, in dem ſich dieſer wundervolle Prozeß bewerk¬<lb/> ſtelligt, iſt aber die <hi rendition="#g">theatraliſche Bühne</hi>; das künſt¬<lb/> leriſche Geſammtwerk, welches er zu Tage fördert, das<lb/><hi rendition="#g">Drama</hi>. Um in dieſem <hi rendition="#g">einen</hi> höchſten Kunſtwerke ſein<lb/> beſonderes Weſen zur höchſten Blüthe ſeines Inhaltes zu<lb/> treiben, hat aber der einzelne Künſtler, wie die einzelne<lb/> Kunſtart, jede willkürliche egoiſtiſche Neigung zu unzeitiger,<lb/> dem Ganzen undienlicher, Ausbreitung in ſich zurückzu¬<lb/> drängen, um deſto kräftiger zur Erreichung der höchſten<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [202/0218]
im Drama. Im Drama erweitert er ſein beſonderes
Weſen durch Darſtellung einer individuellen Perſönlichkeit,
die er nicht ſelbſt iſt, zum allgemein menſchlichen Weſen.
Er muß vollſtändig aus ſich herausgehen, um eine ihm
fremde Perſönlichkeit nach ihrem eigenen Weſen ſo voll¬
ſtändig zu erfaſſen, als es nöthig iſt um ſie darſtellen zu
können; er gelangt hierzu nur, wenn er dieſes eine In¬
dividuum in ſeiner Berührung, Durchdringung und Er¬
gänzung mit anderen und durch andere Individualitäten,
alſo auch das Weſen dieſer anderen Individualitäten ſelbſt,
ſo genau erforſcht, ſo lebhaft wahrnimmt, daß es ihm
möglich iſt, dieſe Berührung, Durchdringung und Ergän¬
zung an ſeinem eigenen Weſen ſympathetiſch inne zu wer¬
den; und der vollkommene künſtleriſche Darſteller iſt daher
der zum Weſen der Gattung erweiterte einzelne Menſch
nach der höchſten Fülle ſeines eigenen beſonderen Weſens.
Der Raum, in dem ſich dieſer wundervolle Prozeß bewerk¬
ſtelligt, iſt aber die theatraliſche Bühne; das künſt¬
leriſche Geſammtwerk, welches er zu Tage fördert, das
Drama. Um in dieſem einen höchſten Kunſtwerke ſein
beſonderes Weſen zur höchſten Blüthe ſeines Inhaltes zu
treiben, hat aber der einzelne Künſtler, wie die einzelne
Kunſtart, jede willkürliche egoiſtiſche Neigung zu unzeitiger,
dem Ganzen undienlicher, Ausbreitung in ſich zurückzu¬
drängen, um deſto kräftiger zur Erreichung der höchſten
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