Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850.schen der Zukunft immer nur nach dem Maße messen kann, ſchen der Zukunft immer nur nach dem Maße meſſen kann, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0240" n="224"/> ſchen der Zukunft immer nur nach dem Maße meſſen kann,<lb/> das es, als Maß der gegenwärtigen Menſchen, zum allge¬<lb/> mein menſchlichen Maß überhaupt macht. Wenn wir<lb/> ſchließlich mit Nothwendigkeit <hi rendition="#g">das Volk</hi> als den Künſt¬<lb/> ler der Zukunft erkannt haben, ſo ſehen wir, dieſer Ent¬<lb/> deckung gegenüber, den intelligenten Künſtleregoismus der<lb/> Gegenwart in verachtungsvolles Staunen ausbrechen. Er<lb/> vergißt vollſtändig, daß in den Zeiten des geſchlechtlich-na¬<lb/> tionalen Communismus, die der Erhebung des abſoluten<lb/> Egoismus jedes Einzelnen zur Religion vorangingen, und<lb/> die unſere Hiſtoriker als die der ungeſchichtlichen Mythe<lb/> und Fabel bezeichnen, das Volk in Wahrheit bereits der<lb/> einzige Dichter und Künſtler war, daß er allen Stoff und<lb/> alle Form, wenn ſie irgend geſundes Leben haben ſollen,<lb/> einzig dieſem dichtenden und kunſterfindendem Volke ent¬<lb/> nehmen kann, und erblickt das Volk dagegen einzig nur in<lb/> der Geſtalt, in welcher er es aus der Gegenwart vor ſein<lb/> kulturbebrilltes Auge ſtellt. Er glaubt von ſeinem erhabenen<lb/> Standpunkte aus einzig ſeinen Gegenſatz, die rohe gemeine<lb/> Maſſe, unter dem Volke begreifen zu müſſen; ihm ſteigen<lb/> im Hinblick auf das Volk nur Bier- und Schnapsdünſte<lb/> in die Naſe, er greift nach dem parfümirten Taſchentuche,<lb/> und fragt mit civiliſirter Entrüſtung: was? Der <hi rendition="#g">Pöbel</hi><lb/> ſoll uns künftig im Kunſtmachen ablöſen? Der Pöbel,<lb/> der uns nicht einmal verſteht, wenn wir Kunſt ſchaffen? Aus der<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [224/0240]
ſchen der Zukunft immer nur nach dem Maße meſſen kann,
das es, als Maß der gegenwärtigen Menſchen, zum allge¬
mein menſchlichen Maß überhaupt macht. Wenn wir
ſchließlich mit Nothwendigkeit das Volk als den Künſt¬
ler der Zukunft erkannt haben, ſo ſehen wir, dieſer Ent¬
deckung gegenüber, den intelligenten Künſtleregoismus der
Gegenwart in verachtungsvolles Staunen ausbrechen. Er
vergißt vollſtändig, daß in den Zeiten des geſchlechtlich-na¬
tionalen Communismus, die der Erhebung des abſoluten
Egoismus jedes Einzelnen zur Religion vorangingen, und
die unſere Hiſtoriker als die der ungeſchichtlichen Mythe
und Fabel bezeichnen, das Volk in Wahrheit bereits der
einzige Dichter und Künſtler war, daß er allen Stoff und
alle Form, wenn ſie irgend geſundes Leben haben ſollen,
einzig dieſem dichtenden und kunſterfindendem Volke ent¬
nehmen kann, und erblickt das Volk dagegen einzig nur in
der Geſtalt, in welcher er es aus der Gegenwart vor ſein
kulturbebrilltes Auge ſtellt. Er glaubt von ſeinem erhabenen
Standpunkte aus einzig ſeinen Gegenſatz, die rohe gemeine
Maſſe, unter dem Volke begreifen zu müſſen; ihm ſteigen
im Hinblick auf das Volk nur Bier- und Schnapsdünſte
in die Naſe, er greift nach dem parfümirten Taſchentuche,
und fragt mit civiliſirter Entrüſtung: was? Der Pöbel
ſoll uns künftig im Kunſtmachen ablöſen? Der Pöbel,
der uns nicht einmal verſteht, wenn wir Kunſt ſchaffen? Aus der
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