verständlich zu machen sucht, ist entschiedener, drängender; es verweilt nicht im Behagen an seinem sinnlichen Aus¬ drucke, denn es hat das ihm gegenständliche Gefühl in seiner Unterschiedenheit von einem allgemeinen Gefühle darzustellen, daher zu schildern, zu beschreiben, was der Ton als Ausdruck des allgemeinen Gefühles un¬ mittelbar gab. Der Sprechende hat deshalb von ver¬ wandten, aber ebenfalls unterschiedenen Gegenständen Bilder zu entnehmen und sie zusammenzustellen. Zu diesem vermittelten, complicirten Verfahren hat er sich an und für sich auszubreiten; unter dem Hauptdrange nach Verstän¬ digung beschleunigt er aber dieses Verfahren durch mög¬ lichst kürzestes Verweilen beim Tone, durch völliges Außer¬ achtlassen seiner allgemeinen Ausdrucksfähigkeit. Durch diese nothwendige Entsagung, durch dieses Aufgeben des Wohlgefallens am sinnlichen Elemente des eigenen Aus¬ druckes -- mindestens des Grades von Wohlgefallen, wie der Leibesmensch und Gefühlsmensch ihn an ihrer Aus¬ drucksweise zu finden vermögen, -- wird der Verstandes¬ mensch aber auch fähig vermöge seines Organes, der Sprache, den sichren Ausdruck zu geben, an welchem jene stufenweise ihre Schranken fanden. Sein Vermögen ist unbegränzt: er sammelt und scheidet das Allgemeine, trennt und verbindet nach Bedürfniß und Gutdünken die Bilder, die alle Sinne ihm von der Außenwelt zuführen;
verſtändlich zu machen ſucht, iſt entſchiedener, drängender; es verweilt nicht im Behagen an ſeinem ſinnlichen Aus¬ drucke, denn es hat das ihm gegenſtändliche Gefühl in ſeiner Unterſchiedenheit von einem allgemeinen Gefühle darzuſtellen, daher zu ſchildern, zu beſchreiben, was der Ton als Ausdruck des allgemeinen Gefühles un¬ mittelbar gab. Der Sprechende hat deshalb von ver¬ wandten, aber ebenfalls unterſchiedenen Gegenſtänden Bilder zu entnehmen und ſie zuſammenzuſtellen. Zu dieſem vermittelten, complicirten Verfahren hat er ſich an und für ſich auszubreiten; unter dem Hauptdrange nach Verſtän¬ digung beſchleunigt er aber dieſes Verfahren durch mög¬ lichſt kürzeſtes Verweilen beim Tone, durch völliges Außer¬ achtlaſſen ſeiner allgemeinen Ausdrucksfähigkeit. Durch dieſe nothwendige Entſagung, durch dieſes Aufgeben des Wohlgefallens am ſinnlichen Elemente des eigenen Aus¬ druckes — mindeſtens des Grades von Wohlgefallen, wie der Leibesmenſch und Gefühlsmenſch ihn an ihrer Aus¬ drucksweiſe zu finden vermögen, — wird der Verſtandes¬ menſch aber auch fähig vermöge ſeines Organes, der Sprache, den ſichren Ausdruck zu geben, an welchem jene ſtufenweiſe ihre Schranken fanden. Sein Vermögen iſt unbegränzt: er ſammelt und ſcheidet das Allgemeine, trennt und verbindet nach Bedürfniß und Gutdünken die Bilder, die alle Sinne ihm von der Außenwelt zuführen;
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0056"n="40"/>
verſtändlich zu machen ſucht, iſt entſchiedener, drängender;<lb/>
es verweilt nicht im Behagen an ſeinem ſinnlichen Aus¬<lb/>
drucke, denn es hat das ihm gegenſtändliche Gefühl in<lb/>ſeiner Unterſchiedenheit von einem allgemeinen Gefühle<lb/>
darzuſtellen, daher zu ſchildern, zu beſchreiben, was<lb/>
der Ton als Ausdruck des allgemeinen Gefühles un¬<lb/>
mittelbar gab. Der Sprechende hat deshalb von ver¬<lb/>
wandten, aber ebenfalls unterſchiedenen Gegenſtänden<lb/>
Bilder zu entnehmen und ſie zuſammenzuſtellen. Zu dieſem<lb/>
vermittelten, complicirten Verfahren hat er ſich an und für<lb/>ſich auszubreiten; unter dem Hauptdrange nach Verſtän¬<lb/>
digung beſchleunigt er aber dieſes Verfahren durch mög¬<lb/>
lichſt kürzeſtes Verweilen beim Tone, durch völliges Außer¬<lb/>
achtlaſſen ſeiner allgemeinen Ausdrucksfähigkeit. Durch<lb/>
dieſe nothwendige Entſagung, durch dieſes Aufgeben des<lb/>
Wohlgefallens am ſinnlichen Elemente des eigenen Aus¬<lb/>
druckes — mindeſtens des Grades von Wohlgefallen, wie<lb/>
der Leibesmenſch und Gefühlsmenſch ihn an ihrer Aus¬<lb/>
drucksweiſe zu finden vermögen, — wird der Verſtandes¬<lb/>
menſch aber auch fähig vermöge ſeines Organes, der<lb/>
Sprache, den ſichren Ausdruck zu geben, an welchem <hirendition="#g">jene</hi><lb/>ſtufenweiſe ihre Schranken fanden. Sein Vermögen iſt<lb/>
unbegränzt: er ſammelt und ſcheidet das Allgemeine,<lb/>
trennt und verbindet nach Bedürfniß und Gutdünken die<lb/>
Bilder, die alle Sinne ihm von der Außenwelt zuführen;<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[40/0056]
verſtändlich zu machen ſucht, iſt entſchiedener, drängender;
es verweilt nicht im Behagen an ſeinem ſinnlichen Aus¬
drucke, denn es hat das ihm gegenſtändliche Gefühl in
ſeiner Unterſchiedenheit von einem allgemeinen Gefühle
darzuſtellen, daher zu ſchildern, zu beſchreiben, was
der Ton als Ausdruck des allgemeinen Gefühles un¬
mittelbar gab. Der Sprechende hat deshalb von ver¬
wandten, aber ebenfalls unterſchiedenen Gegenſtänden
Bilder zu entnehmen und ſie zuſammenzuſtellen. Zu dieſem
vermittelten, complicirten Verfahren hat er ſich an und für
ſich auszubreiten; unter dem Hauptdrange nach Verſtän¬
digung beſchleunigt er aber dieſes Verfahren durch mög¬
lichſt kürzeſtes Verweilen beim Tone, durch völliges Außer¬
achtlaſſen ſeiner allgemeinen Ausdrucksfähigkeit. Durch
dieſe nothwendige Entſagung, durch dieſes Aufgeben des
Wohlgefallens am ſinnlichen Elemente des eigenen Aus¬
druckes — mindeſtens des Grades von Wohlgefallen, wie
der Leibesmenſch und Gefühlsmenſch ihn an ihrer Aus¬
drucksweiſe zu finden vermögen, — wird der Verſtandes¬
menſch aber auch fähig vermöge ſeines Organes, der
Sprache, den ſichren Ausdruck zu geben, an welchem jene
ſtufenweiſe ihre Schranken fanden. Sein Vermögen iſt
unbegränzt: er ſammelt und ſcheidet das Allgemeine,
trennt und verbindet nach Bedürfniß und Gutdünken die
Bilder, die alle Sinne ihm von der Außenwelt zuführen;
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_zukunft_1850/56>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.