verknüpft und löst das Besondere und Allgemeine je nach Ermessen, um seinem Verlangen nach sicherem, verständ¬ lichem Ausdrucke seines Gefühles, seiner Anschauung, seines Willens zu genügen. Nur da findet er jedoch wiederum seine Schranke, wo er in der Erregtheit seines Gefühles, in der Lebendigkeit der Freude oder in der Heftigkeit des Schmerzes, -- also da, wo das Besondere, Willkürliche vor der Allgemein¬ heit und Unwillkürlichkeit des ihn beherrschenden Gefühles an sich zurücktritt, wo er aus dem Egoismus seiner bedingten, persönlichen Empfindung sich in der Gemeinsamkeit der großen, allumfassenden Empfindung, somit der unbedingten Wahr¬ heit des Gefühles und der Empfindung überhaupt wieder¬ findet, -- wenn er also da, wo er der Nothwendigkeit, sei es des Schmerzes oder der Freude, seinen individuellen Eigenwillen unterzuordnen, demnach nicht zu gebieten, sondern zu gehorchen hat, -- nach dem einzig entsprechen¬ den unmittelbaren Ausdrucke seines unendlich gesteigerten Gefühles verlangt. Hier muß er wieder nach dem allge¬ meinen Ausdrucke greifen, und gerade in der Stufenreihe, in der er zu seinem besonderen Standpunkte gelangte, hat er zurückzuschreiten, bei dem Gefühlsmenschen den sinnli¬ chen Ton des Gefühles, bei dem Leibesmenschen die sinn¬ liche Gebärde des Leibes zu entlehnen; denn wo es den unmittelbarsten und doch sichersten Ausdruck des Höchsten, Wahrsten, dem Menschen überhaupt Ausdrückbaren gilt,
verknüpft und löſt das Beſondere und Allgemeine je nach Ermeſſen, um ſeinem Verlangen nach ſicherem, verſtänd¬ lichem Ausdrucke ſeines Gefühles, ſeiner Anſchauung, ſeines Willens zu genügen. Nur da findet er jedoch wiederum ſeine Schranke, wo er in der Erregtheit ſeines Gefühles, in der Lebendigkeit der Freude oder in der Heftigkeit des Schmerzes, — alſo da, wo das Beſondere, Willkürliche vor der Allgemein¬ heit und Unwillkürlichkeit des ihn beherrſchenden Gefühles an ſich zurücktritt, wo er aus dem Egoismus ſeiner bedingten, perſönlichen Empfindung ſich in der Gemeinſamkeit der großen, allumfaſſenden Empfindung, ſomit der unbedingten Wahr¬ heit des Gefühles und der Empfindung überhaupt wieder¬ findet, — wenn er alſo da, wo er der Nothwendigkeit, ſei es des Schmerzes oder der Freude, ſeinen individuellen Eigenwillen unterzuordnen, demnach nicht zu gebieten, ſondern zu gehorchen hat, — nach dem einzig entſprechen¬ den unmittelbaren Ausdrucke ſeines unendlich geſteigerten Gefühles verlangt. Hier muß er wieder nach dem allge¬ meinen Ausdrucke greifen, und gerade in der Stufenreihe, in der er zu ſeinem beſonderen Standpunkte gelangte, hat er zurückzuſchreiten, bei dem Gefühlsmenſchen den ſinnli¬ chen Ton des Gefühles, bei dem Leibesmenſchen die ſinn¬ liche Gebärde des Leibes zu entlehnen; denn wo es den unmittelbarſten und doch ſicherſten Ausdruck des Höchſten, Wahrſten, dem Menſchen überhaupt Ausdrückbaren gilt,
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verknüpft und löſt das Beſondere und Allgemeine je nach
Ermeſſen, um ſeinem Verlangen nach ſicherem, verſtänd¬
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Willens zu genügen. Nur da findet er jedoch wiederum ſeine
Schranke, wo er in der Erregtheit ſeines Gefühles, in der
Lebendigkeit der Freude oder in der Heftigkeit des Schmerzes,
— alſo da, wo das Beſondere, Willkürliche vor der Allgemein¬
heit und Unwillkürlichkeit des ihn beherrſchenden Gefühles an
ſich zurücktritt, wo er aus dem Egoismus ſeiner bedingten,
perſönlichen Empfindung ſich in der Gemeinſamkeit der großen,
allumfaſſenden Empfindung, ſomit der unbedingten Wahr¬
heit des Gefühles und der Empfindung überhaupt wieder¬
findet, — wenn er alſo da, wo er der Nothwendigkeit, ſei
es des Schmerzes oder der Freude, ſeinen individuellen
Eigenwillen unterzuordnen, demnach nicht zu gebieten,
ſondern zu gehorchen hat, — nach dem einzig entſprechen¬
den unmittelbaren Ausdrucke ſeines unendlich geſteigerten
Gefühles verlangt. Hier muß er wieder nach dem allge¬
meinen Ausdrucke greifen, und gerade in der Stufenreihe,
in der er zu ſeinem beſonderen Standpunkte gelangte, hat
er zurückzuſchreiten, bei dem Gefühlsmenſchen den ſinnli¬
chen Ton des Gefühles, bei dem Leibesmenſchen die ſinn¬
liche Gebärde des Leibes zu entlehnen; denn wo es den
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Wahrſten, dem Menſchen überhaupt Ausdrückbaren gilt,
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Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_zukunft_1850/57>, abgerufen am 16.02.2025.
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