da muß eben auch der ganze, vollkommene Mensch beisam¬ men sein, und dies ist der mit dem Leibes- und Herzens¬ menschen in innigster, durchdringendster Liebe vereinigte Verstandesmensch, -- keiner aber für sich allein. --
Der Fortschritt des äußeren Leibesmenschen, durch den Gefühlsmenschen zum Verstandesmenschen, ist der einer immer vermehrten Vermittelung des Verstandesmenschen, wie sein Ausdrucksorgan -- die Sprache, der allervermitteltste und abhängigste, denn alle unter ihm liegenden Qualitäten müssen normal entwickelt sein, ehe die Bedingungen seiner normalen Qualität vorhanden sind. Die bedingteste Fähig¬ keit ist zugleich aber die gesteigertste, und die, auf die Er¬ kenntniß seiner höheren, unüberbotenen Qualität begrün¬ dete Freude an sich, verführt den Verstandesmenschen zu dem hochmüthigen Wähnen, die Qualitäten, die ihm Grundlage sind, als Dienerinnen seiner Willkür verwenden zu dürfen. Diesen Hochmuth besiegt aber die Allgewalt der sinnlichen Empfindung und des Herzensgefühles, sobald sie als allen Menschen gemeinsame, als Empfindungen und Gefühle der Gattung, dem Verstandesmenschen sich kund¬ geben. Die einzelne Empfindung, das einzelne Gefühl, wie sie in ihm als Individuum durch diese eine, besondere und persönliche Berührung mit diesem einen, besonderen und persönlichen Gegenstande, sich zeigen, vermag er zu Gunsten einer von ihm begriffenen, reicheren Combination
da muß eben auch der ganze, vollkommene Menſch beiſam¬ men ſein, und dies iſt der mit dem Leibes- und Herzens¬ menſchen in innigſter, durchdringendſter Liebe vereinigte Verſtandesmenſch, — keiner aber für ſich allein. —
Der Fortſchritt des äußeren Leibesmenſchen, durch den Gefühlsmenſchen zum Verſtandesmenſchen, iſt der einer immer vermehrten Vermittelung des Verſtandesmenſchen, wie ſein Ausdrucksorgan — die Sprache, der allervermitteltſte und abhängigſte, denn alle unter ihm liegenden Qualitäten müſſen normal entwickelt ſein, ehe die Bedingungen ſeiner normalen Qualität vorhanden ſind. Die bedingteſte Fähig¬ keit iſt zugleich aber die geſteigertſte, und die, auf die Er¬ kenntniß ſeiner höheren, unüberbotenen Qualität begrün¬ dete Freude an ſich, verführt den Verſtandesmenſchen zu dem hochmüthigen Wähnen, die Qualitäten, die ihm Grundlage ſind, als Dienerinnen ſeiner Willkür verwenden zu dürfen. Dieſen Hochmuth beſiegt aber die Allgewalt der ſinnlichen Empfindung und des Herzensgefühles, ſobald ſie als allen Menſchen gemeinſame, als Empfindungen und Gefühle der Gattung, dem Verſtandesmenſchen ſich kund¬ geben. Die einzelne Empfindung, das einzelne Gefühl, wie ſie in ihm als Individuum durch dieſe eine, beſondere und perſönliche Berührung mit dieſem einen, beſonderen und perſönlichen Gegenſtande, ſich zeigen, vermag er zu Gunſten einer von ihm begriffenen, reicheren Combination
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0058"n="42"/>
da muß eben auch der ganze, vollkommene Menſch beiſam¬<lb/>
men ſein, und dies iſt der mit dem Leibes- und Herzens¬<lb/>
menſchen in innigſter, durchdringendſter Liebe vereinigte<lb/>
Verſtandesmenſch, — keiner aber für ſich allein. —</p><lb/><p>Der Fortſchritt des äußeren Leibesmenſchen, durch<lb/>
den Gefühlsmenſchen zum Verſtandesmenſchen, iſt der einer<lb/>
immer vermehrten Vermittelung des Verſtandesmenſchen, wie<lb/>ſein Ausdrucksorgan — die Sprache, der allervermitteltſte<lb/>
und abhängigſte, denn alle unter ihm liegenden Qualitäten<lb/>
müſſen normal entwickelt ſein, ehe die Bedingungen ſeiner<lb/>
normalen Qualität vorhanden ſind. Die bedingteſte Fähig¬<lb/>
keit iſt zugleich aber die geſteigertſte, und die, auf die Er¬<lb/>
kenntniß ſeiner höheren, unüberbotenen Qualität begrün¬<lb/>
dete Freude an ſich, verführt den Verſtandesmenſchen zu<lb/>
dem hochmüthigen Wähnen, die Qualitäten, die ihm<lb/>
Grundlage ſind, als Dienerinnen ſeiner Willkür verwenden<lb/>
zu dürfen. Dieſen Hochmuth beſiegt aber die Allgewalt der<lb/>ſinnlichen Empfindung und des Herzensgefühles, ſobald ſie<lb/>
als allen Menſchen gemeinſame, als Empfindungen und<lb/>
Gefühle der Gattung, dem Verſtandesmenſchen ſich kund¬<lb/>
geben. Die einzelne Empfindung, das einzelne Gefühl,<lb/>
wie ſie in ihm als Individuum durch dieſe eine, beſondere<lb/>
und perſönliche Berührung mit dieſem einen, beſonderen<lb/>
und perſönlichen Gegenſtande, ſich zeigen, vermag er zu<lb/>
Gunſten einer von ihm begriffenen, reicheren Combination<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[42/0058]
da muß eben auch der ganze, vollkommene Menſch beiſam¬
men ſein, und dies iſt der mit dem Leibes- und Herzens¬
menſchen in innigſter, durchdringendſter Liebe vereinigte
Verſtandesmenſch, — keiner aber für ſich allein. —
Der Fortſchritt des äußeren Leibesmenſchen, durch
den Gefühlsmenſchen zum Verſtandesmenſchen, iſt der einer
immer vermehrten Vermittelung des Verſtandesmenſchen, wie
ſein Ausdrucksorgan — die Sprache, der allervermitteltſte
und abhängigſte, denn alle unter ihm liegenden Qualitäten
müſſen normal entwickelt ſein, ehe die Bedingungen ſeiner
normalen Qualität vorhanden ſind. Die bedingteſte Fähig¬
keit iſt zugleich aber die geſteigertſte, und die, auf die Er¬
kenntniß ſeiner höheren, unüberbotenen Qualität begrün¬
dete Freude an ſich, verführt den Verſtandesmenſchen zu
dem hochmüthigen Wähnen, die Qualitäten, die ihm
Grundlage ſind, als Dienerinnen ſeiner Willkür verwenden
zu dürfen. Dieſen Hochmuth beſiegt aber die Allgewalt der
ſinnlichen Empfindung und des Herzensgefühles, ſobald ſie
als allen Menſchen gemeinſame, als Empfindungen und
Gefühle der Gattung, dem Verſtandesmenſchen ſich kund¬
geben. Die einzelne Empfindung, das einzelne Gefühl,
wie ſie in ihm als Individuum durch dieſe eine, beſondere
und perſönliche Berührung mit dieſem einen, beſonderen
und perſönlichen Gegenſtande, ſich zeigen, vermag er zu
Gunſten einer von ihm begriffenen, reicheren Combination
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_zukunft_1850/58>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.