mannigfacher Gegenstände zu unterdrücken und zu beherr¬ schen; die reichste Combination aller ihm erkennbaren Ge¬ genstände führt ihm aber endlich den Menschen als Gattung und in seinem Zusammenhange mit der ganzen Natur vor, und vor diesem großen allgewaltigen Gegenstande bricht sich sein Hochmuth. Er kann nur noch das Allgemeinsame, Wahre, Unbedingte wollen; sein eigenes Aufgehen nicht in der Liebe zu diesem oder jenem Gegenstande, sondern in der Liebe überhaupt: somit wird der Egoist Kom¬ munist, der Eine Alle, der Mensch Gott, die Kunstart Kunst.
2. Die drei reinmenschlichen Kunstarten in ihrem ursprünglichen Verein.
Jene drei künstlerischen Hauptfähigkeiten des ganzen Menschen haben sich zum dreieinigen Ausdrucke menschlicher Kunst unmittelbar und von selbst ausgebildet, und zwar im ursprünglichen, urentstandenen Kunstwerke der Lyrik, so¬ wie in dessen späterer bewußtvoller, höchster Vollendung, dem Drama.
Tanzkunst, Tonkunst und Dichtkunst heißen die drei urgebornen Schwestern, die wir sogleich da ihren Reigen schlingen sehen, wo die Bedingungen für die Er¬ scheinung der Kunst überhaupt entstanden waren. Sie sind ihrem Wesen nach untrennbar ohne Auflösung des Reigens
mannigfacher Gegenſtände zu unterdrücken und zu beherr¬ ſchen; die reichſte Combination aller ihm erkennbaren Ge¬ genſtände führt ihm aber endlich den Menſchen als Gattung und in ſeinem Zuſammenhange mit der ganzen Natur vor, und vor dieſem großen allgewaltigen Gegenſtande bricht ſich ſein Hochmuth. Er kann nur noch das Allgemeinſame, Wahre, Unbedingte wollen; ſein eigenes Aufgehen nicht in der Liebe zu dieſem oder jenem Gegenſtande, ſondern in der Liebe überhaupt: ſomit wird der Egoiſt Kom¬ muniſt, der Eine Alle, der Menſch Gott, die Kunſtart Kunſt.
2. Die drei reinmenſchlichen Kunſtarten in ihrem urſprünglichen Verein.
Jene drei künſtleriſchen Hauptfähigkeiten des ganzen Menſchen haben ſich zum dreieinigen Ausdrucke menſchlicher Kunſt unmittelbar und von ſelbſt ausgebildet, und zwar im urſprünglichen, urentſtandenen Kunſtwerke der Lyrik, ſo¬ wie in deſſen ſpäterer bewußtvoller, höchſter Vollendung, dem Drama.
Tanzkunſt, Tonkunſt und Dichtkunſt heißen die drei urgebornen Schweſtern, die wir ſogleich da ihren Reigen ſchlingen ſehen, wo die Bedingungen für die Er¬ ſcheinung der Kunſt überhaupt entſtanden waren. Sie ſind ihrem Weſen nach untrennbar ohne Auflöſung des Reigens
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mannigfacher Gegenſtände zu unterdrücken und zu beherr¬
ſchen; die reichſte Combination aller ihm erkennbaren Ge¬
genſtände führt ihm aber endlich den Menſchen als
Gattung und in ſeinem Zuſammenhange mit der
ganzen Natur vor, und vor dieſem großen allgewaltigen
Gegenſtande bricht ſich ſein Hochmuth. Er kann nur noch das
Allgemeinſame, Wahre, Unbedingte wollen; ſein eigenes
Aufgehen nicht in der Liebe zu dieſem oder jenem Gegenſtande,
ſondern in der Liebe überhaupt: ſomit wird der Egoiſt Kom¬
muniſt, der Eine Alle, der Menſch Gott, die Kunſtart Kunſt.
2.
Die drei reinmenſchlichen Kunſtarten in ihrem urſprünglichen
Verein.
Jene drei künſtleriſchen Hauptfähigkeiten des ganzen
Menſchen haben ſich zum dreieinigen Ausdrucke menſchlicher
Kunſt unmittelbar und von ſelbſt ausgebildet, und zwar im
urſprünglichen, urentſtandenen Kunſtwerke der Lyrik, ſo¬
wie in deſſen ſpäterer bewußtvoller, höchſter Vollendung,
dem Drama.
Tanzkunſt, Tonkunſt und Dichtkunſt heißen die
drei urgebornen Schweſtern, die wir ſogleich da ihren
Reigen ſchlingen ſehen, wo die Bedingungen für die Er¬
ſcheinung der Kunſt überhaupt entſtanden waren. Sie ſind
ihrem Weſen nach untrennbar ohne Auflöſung des Reigens
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Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_zukunft_1850/59>, abgerufen am 16.02.2025.
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