Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850.Durch dieses aufrichtigste, gegenseitige Durchdringen, Durch dieſes aufrichtigſte, gegenſeitige Durchdringen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0073" n="57"/> <p>Durch dieſes aufrichtigſte, gegenſeitige Durchdringen,<lb/> Erzeugen und Ergänzen aus ſich ſelbſt und durch einander,<lb/> der einzelnen Künſte — wie es in Bezug auf Ton- und<lb/> Dichtkunſt hier vorläufig nur angedeutet wurde, — wird<lb/> das einige <hi rendition="#g">Kunſtwerk der Lyrik</hi> geboren: in ihm iſt<lb/> jede was ſie ihrer Natur nach ſein kann; was ſie nicht mehr<lb/> zu ſein vermag entlehnt ſie nicht egoiſtiſch von der andren,<lb/> ſondern die andre iſt es ſelbſt für ſie. Im <hi rendition="#g">Drama</hi> der<lb/> vollendetſten Geſtaltung der Lyrik, entfaltet jede der einzel¬<lb/> nen Künſte aber ihre höchſte Fähigkeit, und namentlich<lb/> auch die Tanzkunſt. Im Drama iſt ſich der Menſch nach<lb/> ſeiner vollſten Würde künſtleriſcher Stoff und Gegenſtand<lb/> zugleich: hat die Tanzkunſt in ihm die ausdrucksvolle Ein¬<lb/> zel- oder Geſammtbewegung der von den Einzelnen oder<lb/> von den Geſammten kundzugebenden Empfindungen, un¬<lb/> mittelbar darzuſtellen, und iſt das aus ihr erzeugte Geſetz<lb/> des Rhythmus das verſtändigungleitende Maß alles in ihm<lb/> Dargeſtellten überhaupt, — ſo veredelt ſie ſich im Drama<lb/> zugleich zu ihrem geiſtigſten Ausdrucksvermögen, dem der<lb/><hi rendition="#g">Mimik</hi>. Als mimiſche Kunſt wird ſie zum unmittelbaren,<lb/> allergreifenden Ausdrucke des inneren Menſchen, und nicht<lb/> mehr der rohſinnliche Rhythmus des Schalles, ſondern der<lb/> geiſtig ſinnliche der Sprache ſtellt ſich ihr als, ſeinem ur¬<lb/> ſprünglichſten Weſen nach, dennoch ſelbſtgegebenes Geſetz dar.<lb/> Was die Sprache zu verſtändlichen ſtrebt, alle die Empfin¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [57/0073]
Durch dieſes aufrichtigſte, gegenſeitige Durchdringen,
Erzeugen und Ergänzen aus ſich ſelbſt und durch einander,
der einzelnen Künſte — wie es in Bezug auf Ton- und
Dichtkunſt hier vorläufig nur angedeutet wurde, — wird
das einige Kunſtwerk der Lyrik geboren: in ihm iſt
jede was ſie ihrer Natur nach ſein kann; was ſie nicht mehr
zu ſein vermag entlehnt ſie nicht egoiſtiſch von der andren,
ſondern die andre iſt es ſelbſt für ſie. Im Drama der
vollendetſten Geſtaltung der Lyrik, entfaltet jede der einzel¬
nen Künſte aber ihre höchſte Fähigkeit, und namentlich
auch die Tanzkunſt. Im Drama iſt ſich der Menſch nach
ſeiner vollſten Würde künſtleriſcher Stoff und Gegenſtand
zugleich: hat die Tanzkunſt in ihm die ausdrucksvolle Ein¬
zel- oder Geſammtbewegung der von den Einzelnen oder
von den Geſammten kundzugebenden Empfindungen, un¬
mittelbar darzuſtellen, und iſt das aus ihr erzeugte Geſetz
des Rhythmus das verſtändigungleitende Maß alles in ihm
Dargeſtellten überhaupt, — ſo veredelt ſie ſich im Drama
zugleich zu ihrem geiſtigſten Ausdrucksvermögen, dem der
Mimik. Als mimiſche Kunſt wird ſie zum unmittelbaren,
allergreifenden Ausdrucke des inneren Menſchen, und nicht
mehr der rohſinnliche Rhythmus des Schalles, ſondern der
geiſtig ſinnliche der Sprache ſtellt ſich ihr als, ſeinem ur¬
ſprünglichſten Weſen nach, dennoch ſelbſtgegebenes Geſetz dar.
Was die Sprache zu verſtändlichen ſtrebt, alle die Empfin¬
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