Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850.digkeit bewegte, konnte daher nur nach willkürlichen Ge¬ Der Contrapunkt, in seinen mannigfaltigen Gebur¬ Der lebendige Athem der ewig schönen, gefühls¬ digkeit bewegte, konnte daher nur nach willkürlichen Ge¬ Der Contrapunkt, in ſeinen mannigfaltigen Gebur¬ Der lebendige Athem der ewig ſchönen, gefühls¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0096" n="80"/> digkeit bewegte, konnte daher nur nach willkürlichen Ge¬<lb/> ſetzen und Erfindungen belebt werden; und dieſe Geſetze<lb/> und Erfindungen ſind die des <hi rendition="#g">Contrapunktes</hi>.</p><lb/> <p>Der Contrapunkt, in ſeinen mannigfaltigen Gebur¬<lb/> ten und Ausgeburten, iſt das künſtliche Mitſichſelbſtſpielen<lb/> der Kunſt, die Mathematik des Gefühles, der mechaniſche<lb/> Rhythmus der egoiſtiſchen Harmonie. In ſeiner Erfin¬<lb/> dung gefiel ſich die abſtrakte Tonkunſt dermaßen, daß ſie<lb/> ſich einzig und allein als abſolute, für ſich beſtehende Kunſt<lb/> ausgab; — als Kunſt, die durchaus keinen menſchlichen<lb/> Bedürfniſſe, ſondern rein <hi rendition="#g">ſich</hi>, ihrem abſoluten göttlichen<lb/> Weſen ihr Daſein danke. Der Willkürliche dünkt ſich<lb/> ganz natürlich auch der abſolut Alleinberechtigte. Ihrer<lb/> eigenen Willkür allein hatte aber allerdings auch die<lb/> Muſik nur ihr ſelbſtſtändiges Gebahren zu danken, denn<lb/> einem <hi rendition="#g">Seelenbedürfniſſe</hi> zu entſprechen waren jene<lb/> tonmechaniſchen, contrapunktiſchen Kunſtwerkſtücke durch¬<lb/> aus unfähig. In ihrem Stolze war daher die Muſik zu<lb/> ihrem geraden Gegentheile geworden: aus einer <hi rendition="#g">Herzens¬</hi><lb/> angelegenheit zur <hi rendition="#g">Verſtandes</hi>ſache, aus dem Ausdrucke<lb/> unbegränzter chriſtlicher Gemüthsſehnſucht zum Rechnen¬<lb/> buche modernjüdiſcher Börſenſpeculation.</p><lb/> <p>Der lebendige Athem der ewig ſchönen, gefühls¬<lb/> adligen Menſchenſtimme, wie ſie aus der Bruſt des Vol¬<lb/> kes unerſtorben, immer jung und friſch herausdrang, bließ<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [80/0096]
digkeit bewegte, konnte daher nur nach willkürlichen Ge¬
ſetzen und Erfindungen belebt werden; und dieſe Geſetze
und Erfindungen ſind die des Contrapunktes.
Der Contrapunkt, in ſeinen mannigfaltigen Gebur¬
ten und Ausgeburten, iſt das künſtliche Mitſichſelbſtſpielen
der Kunſt, die Mathematik des Gefühles, der mechaniſche
Rhythmus der egoiſtiſchen Harmonie. In ſeiner Erfin¬
dung gefiel ſich die abſtrakte Tonkunſt dermaßen, daß ſie
ſich einzig und allein als abſolute, für ſich beſtehende Kunſt
ausgab; — als Kunſt, die durchaus keinen menſchlichen
Bedürfniſſe, ſondern rein ſich, ihrem abſoluten göttlichen
Weſen ihr Daſein danke. Der Willkürliche dünkt ſich
ganz natürlich auch der abſolut Alleinberechtigte. Ihrer
eigenen Willkür allein hatte aber allerdings auch die
Muſik nur ihr ſelbſtſtändiges Gebahren zu danken, denn
einem Seelenbedürfniſſe zu entſprechen waren jene
tonmechaniſchen, contrapunktiſchen Kunſtwerkſtücke durch¬
aus unfähig. In ihrem Stolze war daher die Muſik zu
ihrem geraden Gegentheile geworden: aus einer Herzens¬
angelegenheit zur Verſtandesſache, aus dem Ausdrucke
unbegränzter chriſtlicher Gemüthsſehnſucht zum Rechnen¬
buche modernjüdiſcher Börſenſpeculation.
Der lebendige Athem der ewig ſchönen, gefühls¬
adligen Menſchenſtimme, wie ſie aus der Bruſt des Vol¬
kes unerſtorben, immer jung und friſch herausdrang, bließ
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